Heiße Themen aus Gastroenterologie und Hepatologie

News zum GI-Trakt

Eradikation des Helicobacter pylori: „Nicht mehr State-of-the-Art sind die beiden Ein-Wochen-Tripletherapien (Clarithromycin plus Metronidazol plus PPI bzw. Clarithromycin plus Amoxicillin plus PPI), da die Erfolgsraten auf 60% gesunken sind“, machte Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Gschwantler, 4. Medizinische Abteilung am Wilhelminenspital in Wien, aufmerksam. In diesem Zusammenhang erweist sich Österreich als europäischer Spitzenreiter hinsichtlich der Clarithromycin-Resistenz, was ein sehr großes Problem im Eradikationsmanagement bedeutet.

Heute sollen die sequenziellen Therapien First-Line zum Einsatz kommen. Startregime für fünf Tage ist Amoxicillin zweimal 1.000 mg plus PPI zweimal 1. Die folgenden fünf Tage kommt entweder die Levofloxacin-basierte sequenzielle Therapie mit Levofloxacin zweimal 250 mg plus Metronidazol zweimal 500 mg plus PPI zweimal 1 (90% Eradikationsrate; Tong JL et al., J Clin Pharm Ther 2009) oder die Clarithromycin-basierte Therapie mit Clarithromycin zweimal500 mg plus Metronidazol zweimal 500 mg plus PPI zweimal 1 (Eradikationsraten von 96%; Romano M et al., Gut 2010) zum Einsatz. „Durch die sequenzielle Gabe kann man die Clarithromycin-Resistenz zu einem hohen Prozentsatz austricksen“, erklärte Gschwantler. Nachteilig sind der komplexe Einnahmemodus und die Therapiedauer von zehn Tagen. Interessant ist daher der neue Ansatz der Levofloxacin-basierten Quadrupeltherapie ohne Wechsel und mit einer Dauer von fünf Tagen“, so Gschwantler. Mit der Kombination aus Amoxicillin zweimal 1.000 mg plus Levofloxacin zweimal 500 mg plus Tinidazol zweimal 500 mg plus Esomeprazol 40 mg (zweimal 1) konnten ähnlich gute Eradikationserfolge erzielt werden wie mit der Levofloxacin-basierten sequenziellen Therapie (Federico A et al., Gastroenterology 2012). Alternativ dazu kann die in den Maastricht-IV-Guidelines empfohlene und nun auch in Österreich durchführbare – allerdings chefarztpflichtige – Tetracyclin+Bismuth-basierte Quadrupeltherapie angewendet werden.

Colon irritabile (IBS): Ein Teil der Patienten mit IBS vom Diarrhö-Typ kann von einer glutenfreien Diät profitieren, auch dann wenn keine Zöliakie vorliegt (Vazquez-Roque MI et al., Gastroenterology 2013). „Unter glutenfreier Ernährung nahm die Frequenz der Diarrhö signifikant ab, wobei es zu keiner Veränderung der Stuhlhärte bzw. der Beschwerden beim Stuhlabsetzen kam. Am meisten profitieren Patienten mit einem Zöliakie-Genotyp HLA-DQ2- bzw. HLA-DQ8-positiv. Der Mechanismus dahinter ist, dass es zu einer signifikanten Abnahme der Mannitol-Laktulose-Ratio kommt und damit die Permeabilität des Darmes verbessert wird“, erklärte Gschwantler.

 

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Zöliakie und NIDDM: Es ist schon lange bekannt, dass die Zöliakie mit dem insulinabhängigen Diabetes mellitus (IDDM) verbunden ist. Nun liegen erste Studiendaten zur Assoziation mit dem nicht-insulinabhängigen Diabetes mellitus (NIDDM) vor: In der Zöliakiegruppe kommen NIDDM und metabolisches Syndrom signifikant seltener vor als in der Kontrollgruppe. Erstaunlich war, dass auch der mittlere BMI in der Zöliakiegruppe signifikant niedriger war (Kabbani TA et al., Gastroenterology 2013). „Zusammengefasst dürfte die Zöliakie über noch nicht geklärte Zusammenhänge vor Typ-2-Diabetes ‚schützen‘, möglicherweise spielt das Mikrobiom eine Rolle“, analysierte Gschwantler.

Highlights aus der Endoskopie

Achalasiebehandlung mit POEM: Die perorale endoskopische Myotomie (POEM) wurde erstmals 2010 vorgestellt. Bei dieser neuen endoskopischen Methode ist keine Ballondilatation mehr erforderlich. Im Gegensatz zur chirurgischen Myotomie, die eine Alternative darstellt, ist auch kein Bauchschnitt erforderlich. „Eine aktuelle Studie (Renteln D et al., Gastroenterology 2013) mit 70 Patienten konnte nach drei Monaten eine 97%ige Symptomremission erzielen, die mit 82% nach einem Jahr sehr gut gehalten wurde. Für Diskussionen sorgt das Auftreten eines symptomatischen gastroösophageale Reflux (GERD) der in 30–40% auftrat, bei anderen Methoden im Schnitt jedoch nur um die 20% zu erwarten ist“, schilderte Univ.-Prof. Dr. Barbara Tribl, Klinische Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, MedUni Wien.

Neuer Hemospray: Bald verfügbar ist der Hemospray, ein anorganisches Puder, das für nichtvariköse Blutungen im oberen GI-Trakt indiziert ist. Der Spray wird endoskopisch eingesetzt und bildet zum einen eine physikalische Barriere an der Blutungsstelle und wirkt zum anderen als Absorbens. In einer Studie mit Patienten mit akuten Blutungen der peptischen Ulzera traten nach 72 Stunden bei 17 von 19 Patienten keine rezidivierenden Blutungen auf. Es kam weder zu schweren Komplikationen noch zu Todesfällen (Sung JJ et al., Endoscopy 2011) „In der Praxis wird sich zeigen, ob diese guten Daten auch reproduzierbar sind“, meinte Tribl.

Pankreas und Galle im Update

Post-ERCP-Pankreatitis (PEP) und Prophylaxe: Der diesjährige ÖGGH-Tagungspräsident, Univ.-Prof. Dr. Florian Schreiber, Klinische Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, MedUni Graz, präsentierte aktuelle Daten zum Auftreten einer Pankreatitis nach endoskopisch retrograder Cholangio-Pankreatikographie (ERCP). Die PEP-Häufigkeit im Mittel beträgt 3,5%. Die Risikofaktoren sind u. a. wiederholte Sondierungsversuche, pankreatische Intubation und weibliches Geschlecht. Bisher gesicherte prophylaktische Maßnahmen sind rektal verabreichte NSAR sowie implantierbare 4F-flapless Stents. „Bislang kontrovers diskutiert wurde die prophylaktische führungsdrahtassistierte Sondierungstechnik, zu der es nun neue Daten einer Metaanalyse gibt (Tse F et al., Cochrane Database Syst Rev 2012). Sie zeigt eine Reduktion der PEP-Häufigkeit mit dieser Methode um 50%. Gleichzeitig war die erfolgreiche Kanülierung des Pankreasgangs deutlicher höher als in der Vergleichsgruppe. Damit sollte diese Methode heute als Standard gesehen und auch so eingesetzt werden“, appellierte Schreiber.

Fragliches „therapeutisches Splitting“: Die Methode des „therapeutischen Splittings“ mit primär endoskopischer Gangsanierung vor der Cholezystektomie bei Vorliegen einer synchronen Cholecystolithiasis/Choledocholithiasis war bisher weltweiter Standard, muss aber aufgrund neuer Studienergebnisse zumindest hinterfragt werden. Die intraoperative ERC mit synchroner endoskopischer Gangsanierung ist vorteilhafter, da sie die gleichzeitige Behandlung der beiden Krankheitsentitäten in einer Sitzung ermöglicht. Eine Metaanalyse mit 532 Patienten zeigt nun auch eine deutliche Reduktion der PEP von 7,3 auf 3,7% (Gurusamy K et al., Brit J Surg 2011). „Zusätzlich konnte, bedingt durch kürzere stationäre Aufenthalte, eine deutliche Kostenreduktion erzielt werden“, so Schreiber.

Hepatitis B und C im Fokus

Hepatitis B: „Neue Langzeitanwendungsdaten zur Therapie mit Entecavir und Tenofovir zeigen eine erfolgreiche Virussuppression im Sinne eines virologischen Ansprechens bei 90% der Patienten (Pol & Lambertico, J Viral Hepat 2012). „Das Auftreten einer Leberzirrhose kann von 28 auf 8% reduziert werden“, bezifferte Prim. Univ.-Prof. Dr. Ivo Graziadei, Abteilung für Innere Medizin, Landeskrankenhaus Hall in Tirol. Es zeigen sich auch positive Effekte auf die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms, in Form einer Risikoreduktion (Kim et al., Abstr. 42; EASL), jedoch müssen die Patienten unabhängig vom Ansprechen regelmäßig einer Screeninguntersuchung mittels Ultraschall unterzogen werden. Für beide Substanzen wurden zusätzlich gute Langzeitsicherheitsdaten punkto Nebenwirkungen, insbesondere Nierenfunktion (Fung et al, Abstr 744; EASL) als auch Einsatz bei älteren Patienten (Hezode et al., Abstr. 748; EASL) publiziert.

Hepatitis C: Für Genotyp-1-Patienten gibt es seit vergangenem Jahr eine neue Standard-Tripletherapie. Dabei werden pegyliertes Interferon (peg-IFN) und Ribavirin (RBV) mit einem der Protease-inhibitoren der ersten Generation, entweder Telaprevir oder Boceprevir, kombiniert. Mit diesen direkt antiviral wirksamen Substanzen (DAA) kann eine 70%ige Viruselemination erreicht werden. „Jedoch können Nebenwirkungen, die v.a. dermatologischer Natur sind, insbesondere bei Patienten mit fortgeschrittenen Lebererkrankungen ausgeprägt und potentiell letal sein“, klärte Graziadei auf. Deshalb wurde intensiv nach neuen Substanzen gesucht, wobei die folgenden „Second wave“-Proteaseinhibitoren hervorzuheben sind. „Simeprevir und Faldaprevir werden im Rahmen der Tripletherapie eingesetzt, sie sind nebenwirkungsärmer, und es müssen deutlich weniger Tabletten („pill burden“) täglich eingenommen werden“, so Graziadei.

Es besteht auch dringender Bedarf nach IFN-freien Therapieansätzen mit oralen DAA. Eine erste Substanz ist der NS5b-Polymerase-Inhibitor Sofosbuvir, der in Kombination mit RBV bei über 90% der Patienten mit Genotyp 2 zu einer anhaltenden Viruselimination führt (Lawitz E et al., NEJM 2013). In der AVIATOR-Studie konnten mit vier verschiedenen DAA sensationelle Ansprechraten von über 90% beim Genotyp 1a erzielt werden. Der NS5A-Inhibitor Daclatasvir (plus RBV plus Peg-IFN) wiederum überzeugt mit guten Ansprechraten von über 80% bei Genotyp 2 und 3. „Für Patienten, die auf eine Tripletherapie nicht ansprechen, könnte in Zukunft die Kombination Sofosbuvir plus Daclatasvir mit Ansprechraten um die 100% eine Option sein“, so Graziadei.

Quelle: „What’s hot in Gastroenterology 2013“, Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie, 15. Juni 2013, Graz