Unmittelbar nach Diagnose der Herzinsuffizienz (HI) basiert die wichtigste Therapieentscheidung auf der linksventrikulären Auswurffraktion (LVEF). Dementsprechend ist diese auch möglichst genau echokardiografisch zu bestimmen und in Prozent anzugeben. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF, LVEF ≤ 40 %) haben wir die beste Evidenz für die medikamentöse Therapie zur Verfügung.
Es gibt vier Therapiesäulen für die HFrEF, die jeder Patient erhalten sollte, um Herzinsuffizienzhospitalisierungen und vorzeitigen kardiovaskulären Tod zu verhindern: ACE-Hemmer (ACEi) oder Sacubitril/Valsartan (Sac/Val; ARNI), Beta-Blocker, Mineralokortikoidrezeptorantagonisten (MRA; Spironolacton oder Eplerenon) und ein SGLT-2-Inhibitor (Dapagliflozin oder Empagliflozin).
In den neuen ESC-Guidelines 2021 wird in Betracht gezogen, gleich mit ARNI zu beginnen, ohne sich vorher mit der Auftitration des ACEi abzumühen, die stärkere Empfehlung ist aber immer noch, mit ARNI den ACEi zu ersetzen.
Das Ziel ist es, die medikamentöse Therapie möglichst rasch zu optimieren. Aus dem jahrzehntelang strapazierten Slogan „Start low – go slow!“ wurde zunächst „Start low – go fast!“. Dies ist jedoch mit dem Einzug der SGLT-2-Inhibitoren (SGLT2i) auch nicht mehr zur Gänze passend, da beide für HI zugelassenen Vertreter (Dapagliflozin und Empagliflozin) von Anfang an in der einmal täglichen Zieldosis von 10 mg gegeben werden können und nach dem Start auch keine speziellen Nachkontrollen erfordern.
Der momentan favorisierte Leitspruch lautet deshalb „Four Drugs in four Weeks!“. Dies bedeutet auch eine Abkehr vom starren sequenziellen Therapiealgorithmus, in dem zunächst ACEi, Beta-Blocker (BB) und MRA gegeben wurden und schließlich der ACEi durch Sac+Val ersetzt wurde. Jede einzelne Substanzklasse musste laut uidelines zunächst auftitriert werden, bevor jeweils nach neuerlicher LVEF-Kontrolle mit der nächsten begonnen werden durfte. Bei diesem (mittlerweile überholten) Schema würden die Patienten jedoch erst nach ca. 6 Monaten ihren SGLT2i bekommen.
Der nunmehrige Zugang ist, alle 4 Therapiesäulen (ARNI, BB, MRA und SGLT2i) möglichst zeitgleich oder rasch hintereinander – ohne zusätzliche LVEF-Bestimmungen – zu verabreichen, und zwar zunächst nur in Startdosis. Das Konzept dahinter ist, dass die Zugabe einer zusätzlichen Substanz vermutlich mehr Effekt hat als die Auftitration einer bereits begonnenen Substanz. Allerdings ist durch die Erstattungsregeln für Sac+Val und SGLT2i eine gewisse Reihenfolge vorgegeben (erst nach Optimierung der sonstigen medikamentösen Therapie; nur, wenn vom Internisten mit Echokardiografie-Diplom, Kardiologen oder von der Fachambulanz erstverordnet).
Bei nichtakutem Beginn der HI ist die erste Anlaufstelle für Patienten üblicherweise der Hausarzt. Nachdem dort der Verdacht auf HI mittels Anamnese, klinisch-physikalischer Untersuchung, EKG und Bestimmung eines natriuretischen Peptids gestellt wurde, erfolgt die Zuweisung zur Echokardiografie üblicherweise bei einem niedergelassenen Internisten mit Echokardiografie-Diplom oder einem Kardiologen. Von diesem sollte unmittelbar nach Diagnosestellung die Therapie mit ACEi und Betablocker begonnen und gleich ein Termin mit dem Ziel der Verschreibung von Sacubitril + Valsartan und SGLT2i vereinbart werden. Inzwischen könnte in der hausärztlichen Primärversorgung ein MRA dazugegeben und die drei Substanzklassen unter Kontrolle von Blutdruck, Herzfrequenz, eGFR und Kaliumwerten (Tab.) auftitriert werden. Beim niedergelassenen Internisten kann dann die medikamentöse Therapie mit Sacubitril/Valsartan und SGLT2i vervollständigt werden, insbesondere, wenn die notwendigen Laborwerte bereits aktuell vorliegen.
Für Neubeginn und Auftitration der HI-Medikation sollten die in der Tabelle angegebenen Kriterien erfüllt sein. Sollten einzelne davon nicht erfüllt sein, kann z. B. bei einer eGFR < 30 ml/min/1,73 m2 die Auftitration von RAAS-Antagonisten stocken, eine Auftitration des Beta-Blockers ist jedoch möglich. Weiters ist die Gabe eines SGLT2i bei schlechteren Nierenwerten möglich und besonders aufgrund seiner nephroprotektiven Wirkung empfohlen.
Auch bei Nichterfüllen der Kriterien ist eine weitere gut durchdachte Therapie-optimierung möglich. Bei Blutdruckproblemen und niedriger eGFR sollte man nicht-adäquate Empfehlungen zur Flüssigkeitsrestriktion und Diuretikagabe hinterfragen, nichtindizierte Blutdrucksenker, wie z. B. Nitrate oder Kalziumantagonisten, absetzen und bei Hyperkaliämie neue Kaliumsenker in Erwägung ziehen (auch Kaliumgehalt von Kochsalzersatz oder Magnesiumpräparaten beachten!). Falls alle derartigen Maßnahmen nicht den erwünschten Erfolg bringen, sollte der Patient einer Spezialambulanz zugewiesen werden – einerseits, weil er mit derartigen Problemen ohnehin zur Hochrisikogruppe gehört, für die HI-Ambulanzen unter anderem zuständig sind, andererseits, um zusätzliche Therapieoptionen zu prüfen.
Immer häufiger wird in naher Zukunft Vericiguat, ein solubler Guanylatzyklase-Stimulator, bei Patienten, die trotz guter HI-Therapie kürzlich dekompensiert sind, zur Anwendung kommen. Aufgrund der fehlenden regelhaften Erstattung ist dies jedoch derzeit eher den spezialisierten Zentren vorbehalten.
Großen Stellenwert im niedergelassenen Bereich jedoch hat die i. v. Eisengabe. Die Guidelines empfehlen eine regelmäßige Überprüfung des Eisenstatus und gegebenenfalls – bei Ferritin < 100 μg/l oder wenn das Ferritin 100–299 μg/l beträgt und die Transferrinsättigung < 20 % ist – eine i. v. Eisensubstitution mit Eisencarboxymaltose.
Diese Veranstaltung entspricht 5 DFP-Punkten
der Österreichischen Ärztekammer.
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