Infekte im HNO-Bereich zählen – nicht nur in der kalten Jahreszeit – zu den häufigsten Gründen, warum Patienten Allgemeinmediziner oder auch HNO-Fachärzte aufsuchen.
In der warmen Jahreszeit sind es oft Entzündungen des Gehörganges (Otitis externa), die zu Ohrenschmerzen führen. Ursächlich ist meist verschmutztes Wasser, das nach dem Schwimmen im Gehörgang verbleibt und zu einer sehr schmerzhaften Entzündung führt. Diagnostisch wegweisend (im Unterschied zur Otitis media!) ist der Schmerz bei Druck auf den Tragus sowie das nicht entzündlich veränderte Trommelfell. Der Gehörgang kann jedoch bei starken Entzündungen so stark anschwellen, dass eine Inspektion des Trommelfells nicht oder nur teilweise gelingt. Die Therapie der Wahl sind primär lokale Maßnahmen: antibiotika- und kortisonhaltige Ohrentropfen bzw. bei starken Gehörgangsschwellungen auch wiederholte Streifeneinlagen. Die Streifen sind üblicherweise mit antibiotika-/kortisonhaltigen Salben benetzt und werden täglich gewechselt, bis der Gehörgang wieder ein sichtbares Lumen aufweist und Tropfen in den Gehörgang appliziert werden können. Bei Diabetikern bzw. immunsupprimierten Patienten muss immer an die Gefahr einer Knochenbeteiligung im Sinne einer Schädelbasisosteomyelitis (irreführenderweise auch „Otitis externa maligna“ genannt) gedacht werden. In solchen Fällen sind frühzeitige Abstriche und gezielte (meist pseudomonaswirksame) systemische Antibiotikagaben wichtig.
Bei der klassischen Otitis media acuta besteht kein Tragusdruckschmerz, allerdings ist das Trommelfell entzündlich verändert: anfangs nur eine sogenannte „Hammergriffinjektion“, später im Verlauf eine komplette Rötung und Trübung des Trommelfells. Erreger sind oft Viren, die über die Ohrtrompete ins Mittelohr gelangen. Anfänglich (Symptombesserung in max. 24 h) ist eine rein antientzündliche und analgetische Therapie ausreichend, sofern die Betroffenen nicht Kinder unter 2 Jahren sind bzw. kein Fieber über 39° C vorliegt. In diesen Fällen wird sogleich ein Antibiotikum, üblicherweise Amoxicillin, verordnet. Komplikationen der Otitis media wie etwa eine Mastoiditis (Blickdiagnose Abstehohr und retroaurikuläre Rötung) oder die Fazialisparese werden heute eher selten beobachtet. In diesen Fällen ist eine akute chirurgische Sanierung im Sinne einer Mastoidektomie indiziert.
Die häufigste Ursache von Halsweh ist die virale Pharyngitis, bei der im Gegensatz zur Tonsillitis eine generalisierte Rötung der Rachenschleimhaut sichtbar ist. Therapiert wird mit NSAR bzw. symptomatisch. Sind auf den Tonsillen weißliche Stippchen auf geröteter Schleimhaut sichtbar, handelt es sich um eine klassische Tonsillitis acuta, die üblicherweise mit Penicillin therapiert wird. Zusätzlich kommen NSAR zum Einsatz. Bei einer flächigen, zuckergussartigen und schmierigen Belegung beider Tonsillen muss speziell bei Jugendlichen an das Vorliegen einer EBV-Infektion (Mononukleose) gedacht werden. In diesem Fall ist eine Aminopenicillin-Gabe kontraindiziert (Bildung eines Exanthems). Die chirurgische Entfernung der Mandeln (Tonsillektomie) kommt heutzutage seltener zum Einsatz. Kriterium sind zumindest 6 antibiotikapflichtige Anginen innerhalb eines Jahres. Bei der Tonsillotomie werden die vergrößerten Mandeln lediglich verkleinert, um im Rachen mehr Platz zu schaffen. Indikation hierfür sind in erster Linie Atemprobleme wie Schnarchen und nächtliche Apnoen bzw. Schluckprobleme – betroffen sind meist Kinder.
Praktisch jede Rhinitis geht mit einer Beteiligung der Nasen-Nebenhöhlen einher, weshalb üblicherweise von einer „Rhinosinusitis“ gesprochen wird. Neben einer verlegten und rinnenden Nase klagen die Patienten üblicherweise über einen Geruchsverlust sowie Kopfschmerzen. Therapeutisch stehen an erster Stelle lokale Maßnahmen: abschwellende sowie kortisonhaltige Nasensprays und NSAR. Antibiotika werden nur bei einem protrahierten Verlauf bzw. Komplikationen (z. B. Orbitaphlegmone) verschrieben.
Eine chronische Rhinosinusitis (CRS) wird heute als eigenständiges Krankheitsbild gesehen und hat nichts mit einer „übergangenen“ akuten Rhinosinusitis zu tun. Therapeutisch kommen in diesem Fall kortisonhaltige Nasensprays zum Einsatz. Beim Versagen konservativer Maßnahmen werden anatomische Engstellen und erkrankte Schleimhaut (Polypen) chirurgisch saniert. Dieser Eingriff (FESS = „functional endoscopic sinus surgery“) ist minimalinvasiv, wird jedoch in Vollnarkose durchgeführt. Auf die bei den Patienten sehr unbeliebten Nasentamponaden kann heute oft verzichtet werden.
Durch das wachsende Verständnis der ablaufenden Entzündungsreaktionen bei der chronischen Sinusitis ist auch die chronische Rhinosinusitis ein (neues) Einsatzgebiet für monoklonale Antikörper gegen Typ-2-Entzündungsreaktionen. Dupilumab ist ein Anti-IL-4-R-Antikörper, der IL-4 und IL-13 blockiert, Omalizumab ist ein Antikörper, der freies IgE bindet. Beide sind bereits für die Therapie der chronischen Sinusitis mit Polypen zugelassen (kassenfrei, chefarztpflichtig). Erste klinische Studien hinsichtlich einer Verbesserung der Lebensqualität sind vielversprechend. Weitere Präparate, die großteils bereits für die Behandlung des Asthma bronchiale beziehungsweise der atopischen Dermatitis zugelassen sind, werden aktuell für den Einsatz in der Therapie der CRS in großen Studien evaluiert. Aktuell müssen diese Präparate mittels subkutaner Injektion alle zwei bis vier Wochen dauerhaft verabreicht werden. Sollten sich die ersten Daten bezüglich einer Effektivität dieser Substanzgruppe auch langfristig bewahrheiten, könnte sie die Therapie der chronischen Rhinosinusitis nachhaltig verändern.
Wissenswertes für die Praxis