Im (Klima)Wandel der Zeit: Zecken und ihre Begleiter

Zecken benötigen für ihren Entwicklungszyklus entsprechende Wirtstiere sowie günstige klimatische Voraussetzungen. Die klimatischen Veränderungen beeinflussen sowohl Zecken, die bei uns heimisch sind, als auch neobiotische Arten. So breitet sich der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus), die häufigste Zeckenart in Österreich, in Europa immer weiter Richtung Norden aus und besiedelt immer höhere Regionen im Gebirge. Zu den neobiotischen Zecken gehört Hyalomma marginatum, eine Schildzeckenart, die aufgrund ihrer Größe oft als „Riesenzecke“ bezeichnet wird und mit Zugvögeln aus den Tropen nach Österreich gebracht werden kann. Beide Gruppen von Zecken sind potenzielle Vektoren von Bakterien und Viren.

Lyme-Borreliose

Von allen Zeckenarten sticht I. ricinus Menschen am häufigsten. Ungefähr 2,5 % der gestochenen Personen erkranken an der Lyme-Borreliose, die durch die Spirochäte Borrelia burgdorferi sensu lato ausgelöst wird. Das Infektionsrisiko steigt, wenn die Zecke lange Blut saugt – dies kann z. B. an der Größe der Zecke erkannt werden – und wenn sie Borrelien in sich trägt. Nur der erste Faktor ist vom Menschen beeinflussbar. Mit der schnellen Entfernung sinkt das Risiko, an der Lyme-Borreliose zu erkranken. Ob man dazu Werkzeuge wie eine Pinzette verwendet oder die Zecke mit den bloßen Fingern entfernt, ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Das Erythema migrans ist die häufigste Manifestation der Lyme-Borreliose. Das charakteristische Erythem entwickelt sich Tage bis Wochen nach dem Zeckenstich – meistens an der gleichen Körperstelle, seltener in einer anderen Region oder an mehreren Lokalisationen gleichzeitig (multiples Erythema migrans). Die Diagnose wird klinisch gestellt. Die Lyme-Neuroborreliose verursacht beim Erwachsenen eine schmerzhafte Meningoradikuloneuritis mit oder ohne Lähmungen (am häufigsten Facialisparese). Bei Kindern kann die Facialisparese isoliert auftreten oder eine subakute Meningitis entstehen. Früh erkannt spricht die Erkrankung gut auf die antibiotische Therapie an. Die Diagnose wird mit dem Nachweis der intrathekalen Antikörpersynthese und der Pleozytose gestellt. Auch weitere, weitaus seltenere Formen der Lyme-Borreliose wie die Acrodermatitis chronica atrophicans und die Lyme-Arthritis erfordern den Nachweis spezifischer Antikörper.

Weitere Infektionen nach Zeckenstich

In den vergangenen Jahren wurden einige neuartige Infektionen nach Zeckenstichen beschrieben. Es handelt sich um Mikroorganismen, die davor nur in Tieren und Zecken gefunden wurden, wie das intrazelluläre Bakterium Candidatus Neoehrlichia mikurensis, der Erreger der Neoehrlichiose, und Borrelia miyamotoi, der Erreger des Zecken-Rückfallfiebers. Dieses wird auch als „Borrelia miyamotoi-Erkrankung“ bezeichnet, als Abgrenzung zu den klassischen Rückfallfieberborreliosen, die mit Stichen von Lederzecken in Verbindung gebracht werden. Beide Erreger werden von I. ricinus übertragen. Infektionen des Menschen treten nur sporadisch auf und sind u. a. durch hohes Fieber gekennzeichnet. Bei immunsupprimierten Patient:in-nen verlaufen sie schwerer und können zu Komplikationen, wie zu thromboembolischen Ereignissen bei Candidatus N. mikurensis oder zu Enzephalitiden bei B. miyamotoi, führen. Ein verlässlicher Erregernachweis wird mittels PCR durchgeführt.

Ein weiterer Erreger, der differenzialdiagnostisch bei Fieber nach Zeckenstich eine Rolle spielt, ist Anaplasma phagocytophilum. Das Bakterium befällt die neutrophilen Granulozyten und löst die humane granulozytäre Anaplasmose aus. Typische labordiagnostische Veränderungen sind die Thrombopenie, die Leukopenie und erhöhte Leberfunktionsparameter. Eine frühe Behandlung ist wichtig, da die Infektion in seltenen Fällen zu Multiorganversagen führen kann. Die Diagnostik erfolgt mit dem Nachweis der intrazellulären Inklusionen in den neutrophilen Granulozyten (Morulae) im Blutausstich, PCR und Antikörpernachweis mittels Immunfluoreszenz. Allerdings ist zu beachten, dass der Anstieg der IgG-Antikörper zeitverzögert auftritt.

Rickettsien sind eine weitere große Gruppe von Mikroorganismen, die von Zecken übertragen werden. Aus mehreren Studien geht hervor, dass heimische I. ricinus bis zu 20–30 % Rickettsien tragen, jedoch scheinen diese Rickettsien-Spezies keine große humanpathogene Bedeutung zu haben. Das trifft v. a. auf die häufig vorkommende R. helvetica zu. Rickettsiosen treten eher bei Reiserückkehrern auf und sind v. a. auf Stiche von Buntzecken (Dermacentor spp.) zurückzuführen. Das Zeckenbissfieber, wie z. B. das in den USA vorkommende Rocky Mountain Spotted Fever, kann zu schweren Verlaufsformen mit einer Letalität von zwischen 5 % und 10 % führen. Als „SENLAT“ (Scalp Eschar and Neck Lymphadenopathy after Tick Bite) bezeichnet man eine lokalisierte Rickettsiose, die durch ein Hautulcus an der Stelle des Zeckenstichs (Eschar) und eine regionale Lymphadenopathie gekennzeichnet ist. Diese Form wird häufig in Südeuropa beobachtet.

Neue Zeckenarten

In den vergangenen Jahren haben Funde der „Riesenzecke“ H. marginatum in Österreich für Schlagzeilen gesorgt. Hyalomma kommt in Süd- und Südosteuropa vor und kann das Krim-Kongo-Hämorrhagische Fieber-Virus (CCHFV) übertragen. Das Besondere an dieser Erkrankung sind schwere hämorrhagische Verlaufsformen und die Tatsache, dass das Virus auch von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Auch nosokomiale Infektionen wurden beschrieben. Die in Österreich gefundenen Hyalomma-Zecken werden regelmäßig von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) auf das Vorkommen von CCHFV untersucht. Bisher wurde das Virus nicht nachgewiesen.