Die Diagnose der Migräne erfolgt auf Basis der Anamnese. Bildgebende oder andere apparative sowie Laboruntersuchungen sind prinzipiell nicht erforderlich, können aber bei suspekter Anamnese, auffälligem klinischem Befund und Angst des Patienten vor einem Gehirntumor oder einer anderen Erkrankung indiziert sein.
Eine Migräneattacke kann Vorbotensymptome, Aura, Kopfschmerzphase und Rückbildungsphase umfassen. Bei bis zu 60% der Patienten treten in den Stunden oder Tagen vor einer Migräneattacke Vorboten wie innere Unruhe, erhöhte Reizbarkeit, Hyperaktivität oder Müdigkeit, Gähnen, Antriebslosigkeit und Konzentrationsstörungen auf. Nicht selten besteht eine Verspannung der Nackenmuskulatur. Andere Patienten klagen über Überempfindlichkeit gegenüber Licht und Lärm, Übelkeit, Schwindel oder Heißhunger.
Die Migräne ohne Aura ist die bei weitem häufigste Manifestationsform einer Migräne. Die Kopfschmerzen zeichnen sich durch meist (aber keineswegs immer) einseitige oder einseitig betonte Schmerzen aus. Das Schmerzmaximum liegt oft frontotemporal und orbital. Die Diagnosekriterien sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Bei einem Teil der Patienten ist die Migräneattacke mit dem Abklingen der Kopfschmerzen allerdings noch nicht beendet, da in einer meist stundenlang anhaltenden Abklingphase noch Erschöpfung, Abgeschlagenheit, Müdigkeit oder der Wunsch nach Rückzug bestehen.
Etwa 15–20% aller Patienten mit Migräne leiden an einer Migräne mit Aura, die dadurch gekennzeichnet ist, dass es – in zeitlichem Zusammenhang mit Kopfschmerzen – zu passageren fokalen zerebralen Funktionsstörungen kommt. Am häufigsten sind homonyme visuelle Aurasymptome. Oft werden zunächst ein Blendungsgefühl und farbige Blitze wahrgenommen, dann zackig begrenzte Figuren („Fortifikationsspektren“) oder bizarre Muster mit positiven und negativen Skotomen, die sich allmählich vom Zentrum der betroffenen Gesichtsfeldhälfte zu deren Peripherie hin ausbreiten. Zweithäufigstes Aurasymptom sind einseitige Sensibilitätsstörungen, die oft den Arm und/oder Anteile des Gesichts betreffen. Falls die dominante Hemisphäre betroffen ist, kann es zu einer Sprachstörung kommen.
Eine chronische Migräne liegt definitionsgemäß vor, wenn an mehr als 14 Tagen pro Monat über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten Kopfschmerzen auftreten, die an mindestens acht Tagen pro Monat migräneartig sind. Meist liegt ein übermäßiger Medikamentengebrauch (und somit ein zusätzlicher medikamenteninduzierter Kopfschmerz) vor.
Die Therapie der Migräne umfasst die Behandlung der akuten Attacke sowie vorbeugende Maßnahmen. Zur Attackentherapie sind üblicherweise Medikamente erforderlich, wobei zunächst Analgetika und nichtsteroidale Antirheumatika zum Einsatz kommen. Wenn mit diesen Präparaten keine Besserung erzielt wird, kommen spezifische Migränemittel aus der Gruppe der Triptane zum Einsatz.
Ärztliche Empfehlungen zur Akuttherapie erfordern eine genaue Analyse der bisherigen Erfahrungen des Patienten. Mittel der ersten Wahl sind 1.000 mg Azetylsalizylsäure, 400–800 mg Ibuprofen und 50–100 mg Diclofenac; weitere Optionen sind Metamizol, Paracetamol, Mefenaminsäure (jeweils 1.000 mg) oder Naproxen (500–750 mg).
Da mit Beginn der Migräneattacke in vielen Fällen eine Verlangsamung bzw. Stillstand der Peristaltik des Magens und Darmes verbunden ist, kann 10 bis 20 Minuten vor oder gleichzeitig mit den vorgenannten Medikamenten Metoclopramid oder Domperidon eingenommen werden.
Falls mit den oben angeführten Maßnahmen keine ausreichende Attackenkontrolle erreicht wird, oder die mangelnde Wirksamkeit schon bekannt ist, werden migränespezifische Medikamente aus der Gruppe der Triptane eingesetzt (Tab. 2). In der Grünen Box stehen nach neurologischer Erstverordnung folgende Präparate zur Verfügung: Sumatriptan, Zolmitriptan (auch als Nasenspray), Eletriptan und Frovatriptan. Für therapieresistente Attacken kann – mit Chefarztbewilligung – Sumatriptan s.c. verordnet werden. Über mögliche Nebenwirkungen der Triptane sollten die Patienten aufgeklärt werden, insbesondere über ein Hitze-, Spannungs- oder Druckgefühl im Nacken, im Kopf oder in der Brust. Die Kontraindikationen, nämlich koronare Herzkrankheit, unklarer Thoraxschmerz, Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheit, M. Raynaud, unkontrollierte Hypertonie und gehäufte vaskuläre Risikofaktoren sind strikt zu beachten.
Ziel der Akuttherapie ist ein weitgehendes Abklingen aller Migränesymptome innerhalb von zwei Stunden. Zudem sollte eine erfolgreich behandelte Attacke in den 24 Stunden nach Medikamenteneinnahme nicht wieder auftreten. Wesentlich ist die frühzeitige Einnahme der Medikation in ausreichend hoher Dosierung, aber auch die Begrenzung der Einnahmehäufigkeit auf nicht mehr als durchschnittlich zwei Tage pro Woche, um der Entwicklung eines medikamentenbedingten Kopfschmerzes vorzubeugen.
Bei schwierig therapierbaren Attacken ist es wichtig, die Patienten zu informieren, dass die Erprobung weiterer Präparate erforderlich sein kann, um jenes mit der besten Wirkung und Verträglichkeit zu finden. Bei der Wahl des Triptans ist die genaue Anamnese zum Ablauf der Attacken hilfreich. Kopfschmerzen, die sich über Stunden hinweg langsam entwickeln und heftige Attacken, die die Patienten aus dem Schlaf aufwecken, erfordern unterschiedliche therapeutische Strategien. Erweisen sich Triptane als nicht ausreichend wirksam, so sollte Naproxen gemeinsam mit dem Triptan verwendet werden. Die Überlegenheit dieser Kombination gegenüber der Monotherapie wurde bislang lediglich für Sumatriptan in kontrollierten Studien bestätigt, lässt sich für den Alltag aber auf die anderen Triptane übertragen.
Das Auftreten von drei oder mehr Attacken pro Monat macht eine zusätzliche prophylaktische Behandlung erforderlich. Aspekte des Lebensstils wie ausreichende Flüssigkeitszufuhr, regelmäßige Mahlzeiten, geregelter Schlaf und Ausdauersport sollten von allen Migränebetroffenen beachtet werden. Spezifische nichtmedikamentöse vorbeugende Therapien umfassen u.a. Akupunktur, Entspannungstechniken und Verhaltensmedizin. Die Präparate erster Wahl zur Pharmako-prophylaxe der Migräne sind die Betablocker Metoprolol, Propranolol und Bisoprolol, der Kalziumkanalblocker Flunarizin sowie die Anti-epileptika Valproinsäure und Topiramat (Tab. 3).
Bei der Auswahl des Präparates sind Komorbiditäten (im Hinblick auf Synergieeffekte und Kontraindikationen) sowie das Nebenwirkungsspektrum zu berücksichtigen. Betablocker sind bevorzugt indiziert bei Patienten mit arterieller Hypertonie, tachykarder Herzrhythmusstörung oder essenziellem Tremor und sind u.a. nicht geeignet bei obstruktiven Lungenerkrankungen, Bradykardie, M. Raynaud, Potenzstörungen, Psoriasis und Leistungssportlern. Flunarizin eignet sich besonders bei Untergewicht, Schlafstörungen bzw. Schwindelattacken oder Epilepsie und sollte bei Patienten mit Depression, Übergewicht oder Morbus Parkinson nicht eingesetzt werden. Valproinsäure ist Mittel der Wahl bei gleichzeitig bestehender Epilepsie oder affektiver Psychose. Vor und während der Therapie sind Laborkontrollen (Blutbild, Gerinnung, Leberfunktion) erforderlich. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind zu berücksichtigen. Topiramat ist besonders geeignet bei übergewichtigen Migränepatienten. Zu den Nebenwirkungen zählen u.a. Parästhesien (sehr häufig), Müdigkeit und Konzentrationsprobleme. Eine niedrige initiale Dosierung und langsame Dosissteigerung sind zu beachten.
Sofern die Verträglichkeit gewährleistet ist, sollte die Therapie über mindestens sechs Monate fortgeführt werden. Die Kombination nichtmedikamentöser und medikamentöser Therapien dürfte wirksamer sein als Monotherapien.
Ausschließlich in der Behandlung der chronischen Migräne (mit oder ohne zusätzlich bestehenden übermäßigen Medikamentengebrauch) wird in Zukunft die Verabreichung von Botulinumtoxin das therapeutische Spektrum erweitern. Entsprechende Studien wurden 2010 publiziert. In einigen Ländern ist Botulinumtoxin in dieser Indikation bereits zugelassen. In Österreich ist die Zulassung beantragt.