Adipositas ist nach wie vor definiert als exzessive Fettansammlung, die ein gesundheitliches Risiko darstellt. Neuere Definitionen ergänzen dies um das Vorkommen von medizinischen, funktionellen und psychischen Folgen. Das Problem bei den metabolischen Folgen ist, dass sie im Gegensatz zu den mechanischen und psychischen Erkrankungen lange unbemerkt bleiben, da sie keine Schmerzen oder Veränderungen der Lebensqualität mit sich bringen. Erst wenn Herz- und Nierenfunktion eingeschränkt sind, konzentriert man sich auf deren Therapie; dann ist es aber oft zu spät, um die laufenden Prozesse im Körper aufzuhalten.
Kardiorenale Folgen der Adipositas ergeben sich durch die sogenannten klassischen Risikofaktoren, wie arterielle Hypertonie, Dyslipidämie und Hyperglykämie, die allesamt die Entwicklung von Atherosklerose fördern. Deren leitliniengerechte Therapie hat sich mittlerweile in der klinischen Praxis etabliert und kann aufgrund zahlreicher Substanzen gut umgesetzt werden.
Neben diesen klassischen Risikofaktoren kommen aber weitere hinzu, die wahrscheinlich auf die chronische Flüssigkeitsüberlastung des Körpers zurückzuführen sind. Daraus resultiert eine erhöhte Vorlast für das Herz, aber auch für die Nierenarteriolen, und dies führt langfristig zu einem Verlust der Filtrationsleistung der Nieren sowie der Pump- bzw. Relaxationsleistung des Herzens.
Die Insulinresistenz bleibt der primäre pathophysiologische Treiber und führt durch ektope Lipidakkumulation in der Leber einerseits zur erhöhten Glukoneogenese, was sich durch die Hyperglykämie im Fastenzustand, aber auch durch vermehrte VLDL-Sekretion widerspiegelt. Diese führt wiederum zur Ablagerung von Triglyzeriden im Pankreas, welche die Insulinsekretion stören, und anderseits zur metabolischen Dyslipidämie. Letztere fällt im Laborbefund als Kombination von hohen Triglyzeriden und niedrigem HDL-Cholesterin auf. Dahinter verstecken sich zudem hochatherogene Partikeln, welche die Entstehung der Atherosklerose vorantreiben.
Ab welchem BMI diese metabolischen Veränderungen auftreten, dürfte individuell sehr unterschiedlich sein. Wir sprechen von der „persönlichen Fetttoleranzgrenze“, die bei einigen Individuen bereits bei einem BMI > 23 kg/m2, bei anderen erst weit jenseits eines BMI > 30 kg/m2 liegt. Deshalb scheinen alle Menschen mit neu diagnostiziertem Typ-2-Diabetes von einer Gewichtsreduktion zu profitieren. Eine Gewichtsabnahme von > 10% des Ausgangsgewichtes kann sogar mit einer Diabetesremission einhergehen. Als Diabetesremission ist das Erreichen eines HbA1c <6,5% nach 3 Monaten ohne antihyperglykämische Therapie definiert. Da dies oft leichter gesagt als getan ist, bietet die moderne Diabetestherapie Unterstützung dabei.
Als Basistherapie wird neben der Lebensstilmodifikation eine Metformin-Therapie gestartet. Diese wirkt der Insulinresistenz, vor allem der endogenen Glukoneogenese in der Leber entgegen. Erweitert wird sie bei den meisten Menschen durch einen SGLT2-Hemmer (Empagliflozin, Dapagliflozin), der über eine iatrogene Glukosurie nicht nur blutzuckersenkend wirkt, sondern auch zu einem beträchtlichen Kalorienverlust führt. Zudem dürfte er die chronische Flüssigkeitsüberlastung des Interstitiums entlasten, was man an der Reduktion der kardiorenalen Ereignisse sieht. So kam es in sämtlichen Endpunktstudien zu einer signifikanten Reduktion der Hospitalisierungen aufgrund einer Herzinsuffizienz sowie renaler Ereignisse, und dies auch im Kollektiv ohne Diabetes.
Als Drittlinientherapie stehen GLP-1-Rezeptoragonisten (Liraglutid, Dulaglutid, Semaglutid) sowie seit neuestem auch der duale Agonist Tirzepatid zur Verfügung. Neben ihrem antihyperglykämischen Potenzial helfen sie durch eine Zunahme des Sättigungsgefühls beim Abnehmen und haben einen antiatherosklerotischen Effekt, was sich in den Endpunktstudien in der Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse zeigt. Neueste Endpunktstudien zeigten zudem einen nephroprotektiven Effekt und ganz rezent eine deutliche Verbesserung der Klinik bei Menschen mit obstruktivem Schlafapnoesyndrom. Hinsichtlich der Gewichtsreduktion scheint die Kombination aus GLP-1-Rezeptoragonisten und SGLT2-Inhibitoren besonders vorteilhaft. Zudem zeigt sich bei den meisten Individuen eine deutlich verzögerte Insulinpflichtigkeit im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten. Bezüglich der Nebenwirkungen sollte man bei den SGLT2-Hemmern auf die genitalen Mykosen hinweisen. Die gefürchtete euglykämische Ketoazidose ist sehr selten und kommt meist bei Menschen mit Insulinmangel (nichterkannter Typ-1-Diabetes/LADA) oder in Stresssituationen (z. B. postoperativ) vor. Die gastrointestinalen Nebenwirkungen der GLP-1-Rezeptoragonisten wie Übelkeit und Völlegefühl lassen sich durch die Titration der Dosis sowie Reduktion der Portionsgrößen gut verhindern.
Wichtig ist, dass diese Substanzen frühzeitig zum Einsatz kommen, um die körpereigene Insulinproduktion aufrechtzuerhalten und die positiven Nebeneffekte optimal zu nutzen. Das heißt, eine Therapieintensivierung laut Leitlinien sollte beim ersten Überschreiten des HbA1c-Ziels (für die meisten <7 %) stattfinden. Neben der regelmäßigen HbA1c-Messung (alle 3 Monate) sollte man zudem die Nierenfunktion (Albumin-Kreatinin-Ratio im Spontanharn sowie eGFR), das NT-proBNP sowie den Lipidstatus erheben, um das kardiorenal-metabolische Syndrom zu erkennen bzw. zu monitieren.