Seit Langem wird darüber diskutiert, wie man in Österreich die aus den Fugen geratenen Spitalsambulanzen wieder auf das notwendige Maß bringen könnte. Am Institut für Höhere Studien (IHS) in Wien hat ein Autorenteam (IHS HealthEcon) unter der Leitung von Dr. Thomas Czypionka jetzt im Auftrag des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger die „Interdependenzen in der ambulanten medizinischen Versorgung in Österreich“ analysiert. Hauptfrage: Wie beeinflusst die extramurale Versorgung (Vertrags- und Wahlarztbereich) die Patientenfrequenzen in den Ambulanzen der Krankenhäuser?
Das IHS-Team analysierte deshalb mit Daten des Jahres 2010 mit einem statistischen Modell die Inanspruchnahme in den Spitalsambulanzen auf Versorgungsregions- und Bezirksebene für ganz Österreich.
Für die Versorgungswirksamkeit mit Vertragsallgemeinmedizinern, Vertragsfachärzten, Wahl-Allgemeinmedizinern und Wahl-Fachärzten wurde u.a. die ambulante Versorgungseinheit (AVE) als Maßzahl verwendet. Sie stellt dar, wie hoch die jeweilige Versorgungsdichte in einer Region ist.
Dem wurden für die jeweilige Region die Frequenzen in den Spitalsambulanzen gegenübergestellt. Czypionka: „Wir haben aber im Vergleich zu ähnlichen früheren Untersuchungen auch Faktoren wie die Einkommenssituation, Größe der jeweiligen Region etc. in unserer mehrdimensionalen Analyse herausgerechnet.“
Das Kernergebnis, so der Erstautor der Studie: „Wir haben objektiv einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der Primärversorgung und den Spitalsfrequenzen nachweisen können. Es wird sicherlich so sein, dass eine gute Primärversorgung die Inanspruchnahme von Spitalsambulanzen reduziert. Daher ist es auch gut, wenn die derzeitige Gesundheitsreform das zu ihrem Ziel macht.“
Die Detailergebnisse, die gesundheitspolitisch hoch brisant sind:
Eindeutig festgestellt werden kann aufgrund der Untersuchung, dass eine bessere Primärversorgung durch Kassen-Hausärzte (Allgemeinmedizin) die Spitalsambulanzen entlasten kann.
Die Fachleute in ihrer Zusammenfassung: „Es konnte statistisch gezeigt werden, dass der Primärversorgungsbereich tatsächlich das Potenzial haben dürfte, die Inanspruchnahme von Spitalsambulanzen zu substituieren.“ Das sei auch eine Bestätigung der offenbaren Intentionen der Gesundheitsreform.
Was die Ursachen des die Frequenzen in den Ambulanzen fördernden Effektes in Regionen mit mehr Wahl-Fachärzten betrifft, so könnte dies laut Czypionka am im Vergleich zu einem bei den Vertragsfachärzten eingeschränkteren Leistungsspektrum liegen. Sie überweisen eventuell schneller für technische Leistungen an die Ambulanz und arbeiten auch hauptberuflich häufiger im Krankenhaus.
Andere Einflussgrößen: Geringeres Einkommen führt zu mehr Ambulanzbesuchen. Übrigens: Ob mit oder ohne Wien – die Ergebnisse der Studie blieben ähnlich aussagekräftig. Czypionka: „Nicht aufgenommen haben wir nur den Bezirk Wien-Alsergrund.“ Dort machen AKH und „Goldene Meile“ alles anders.
Ihre Meinung an:
politik(at)medmedia.at