Keine Angst vor DMARDs im Alter

Entsprechend dem Alter zu Beginn der Erkrankung unterscheidet man zwischen zwei Formen der rheumatoiden Arthritis (RA): der frühen Form, die im jüngeren Alter beginnt (Young-Onset RA, YORA), und der spät einsetzenden Form im höheren Lebensalter (Elderly-Onset RA, EORA). Aufgrund der steigenden Lebenserwartung ist insgesamt eine Zunahme älterer RA-Patient:innen zu erwarten. Einerseits erreichen heute mehr frühzeitig erkrankte Personen ein höheres Alter, andererseits steigt die Inzidenz der EORA mit zunehmendem Alter an. Während bei jüngeren Patient:innen Frauen mit einem Verhältnis von 2–3 : 1 deutlich häufiger betroffen sind, gleicht sich dieses Geschlechterverhältnis im höheren Alter weitgehend aus.

RA in höherem Lebensalter (EORA)

Die YORA und EORA unterscheiden sich hinsichtlich einiger Aspekte (Tab.). Während klassische Symptome der RA bei beiden Formen auftreten, sind bei der EORA öfter große Gelenke betroffen. Häufiger kommen auch Polymyalgia-rheumatica-ähnliche Beschwerden hinzu. Manchmal manifestiert sich die EORA auch in Form eines RS3PE-Syndroms („remitting symmetrical seronegative synovitis with pitting edema“).

Tab.: Unterschiede zwischen YORA (Young-Onset RA) und EORA (Elderly-Onset RA)

Es besteht weit verbreitet die Annahme, dass die RA im Alter „ausbrennt“ und die Erkrankung zum Stillstand kommt. Doch Studien belegen eindeutig, dass auch nach Jahrzehnten weiterhin eine radiologische Progression zu beobachten ist, wenn auch in verlangsamtem Tempo. Der subjektiv geringere Leidensdruck der Betroffenen lässt sich häufig auf eine über Jahre entwickelte Schmerztoleranz zurückführen. Zudem trägt der Einsatz niedrig dosierter Kortikosteroide in dieser Krankheitsphase oft zu dem Eindruck eines Krankheitsstillstandes bei. Wichtig zu beachten ist jedoch, dass eine andauernde systemische Entzündung das kardiovaskuläre Risiko signifikant erhöht.

Behandlungsmöglichkeiten

Kortikosteroide

Kortikosteroide sind insbesondere bei älteren Menschen mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden. Dennoch ermöglicht Prednisolon in niedriger Dosierung (5 mg täglich) über einen Zeitraum von zwei Jahren eine deutlich verbesserte Krankheitskontrolle. Die Sorge, dass das Absetzen einer langfristigen Kortikosteroidtherapie Krankheitsschübe oder eine Addison-Krise auslösen könnte, ist unbegründet. Die GLORIA-Studie aus den Niederlanden zeigte, dass ein langsames Ausschleichen über 12 Wochen gut verträglich ist und keine Nebenniereninsuffizienz auftritt. Auf längere Sicht sollten jedoch tägliche Dosen von ≥ 5 mg Prednisolon-Äquivalent vermieden werden, insbesondere bei älteren Patient:innen. Kortikosteroide stellen in dieser Altersgruppe den stärksten Risikofaktor für schwere Infektionen dar, wobei das Risiko mit steigender Dosierung zunimmt.

DMARDs

Zahlreiche Studien belegten im Laufe der Jahre, dass ältere Patient:innen seltener aggressive antiinflammatorische und krankheitsmodifizierende Therapien (DMARDs) erhalten als jüngere. Dies führt häufig zu einer unzureichenden Krankheitskontrolle, die dann durch vermehrten Einsatz von Kortikosteroiden oder nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) kompensiert wird. Eine Untersuchung mit über 30.000 EORA-Patient:innen zeigte, dass nur 25–30 % eine angemessene DMARD-Therapie erhielten, während mehr als 5 % (Durchschnittsalter 76,7 Jahre) ausschließlich mit Kortikosteroiden behandelt wurden.

Die Zurückhaltung bei der Anwendung geeigneter DMARD-Therapien ist oft auf die Befürchtung höherer Nebenwirkungsraten in der älteren Bevölkerung zurückzuführen. Allerdings zeigten viele Studien, dass moderne DMARDs wie Biologika und JAK-Inhibitoren auch bei älteren Patient:innen eine vergleichbare Wirksamkeit und Sicherheit bieten.

Osteoporosetherapie

Besonders bei älteren Patient:innen mit RA ist eine umfassende osteologische Bewertung entscheidend. Wie generell bei der Behandlung der RA empfohlen, sollte eine angemessene Osteoporosetherapie eingeleitet und durch eine gezielte Substitution von Kalzium und Vitamin D ergänzt werden. RA ist im höheren Lebensalter nicht nur als eine muskuloskelettale, sondern vielmehr als eine systemische Erkrankung zu betrachten, die mit erhöhten Risiken für verschiedene Komorbiditäten einhergeht. Daher erfordert die Behandlung nicht nur die Kontrolle der RA selbst, sondern auch die gezielte Therapie und Prävention begleitender Erkrankungen.

Praxismemo

  1. Die klinische Manifestation der RA präsentiert sich häufig im Alter anders als in jungen Jahren.
  2. Nur etwa 25–30 % der älteren Patient:innen erhalten eine angemessene DMARD-Therapie.
  3. Speziell bei älteren Patient:innen mit RA ist auf die Substitution von Kalzium und Vitamin D zu achten.