Bund, Länder und Sozialversicherung setzen gemeinsam mit den Ärzten einen wichtigen Schritt im Interesse der Patienten zur künftigen Absicherung und Stärkung der hausärztlichen Versorgung in ganz Österreich: Mit insgesamt rund 25 Millionen Euro wird bis zum Jahr 2020 die Ausbildung praktischer Ärzte in der Praxis, in sogenannten Lehrpraxen, gefördert. Die Details dieser Förderung wurden nun fixiert. In Ausbildung stehende Ärzte bekommen damit die Möglichkeit, nach der Praxis in einem Krankenhaus weitere sechs Monate bei einem Hausarzt mitzuarbeiten.
Jeweils 32,5 % der Kosten tragen die Länder und die Sozialversicherungen, 25 % kommen vom Bund und 10 % übernimmt der Inhaber der Lehrpraxis, teilte der Salzburger Gesundheitsreferent LH-Stv. Christian Stöckl (ÖVP) mit. Kurz später kam auch die Bestätigung vom Bund. Durch die Reform der ärztlichen Ausbildungsordnung im Juni 2015 wurde die Absolvierung einer Lehrpraxis im Anschluss an den sogenannten Spitalsturnus verpflichtend, um das im Krankenhaus erworbene Wissen nun vor Ort für die Patienten unter Begleitung des Lehrpraxis-Inhabers anzuwenden. Lag die Finanzierung der Lehrpraxen bis dato nur in der Verantwortung des Bundes, so wurde es durch das Gesetz notwendig, Sozialversicherung, Länder und Ärztekammer als Systempartner mit ins Boot zu holen. Gedauert hat die Einigung nun aber zweieinhalb Jahre.
Mit den beschlossenen Förderungen werden für die Absolventen der Lehrpraxen 75 % des Gehalts für die Ausbildungsdauer von sechs Monaten zuzüglich anteiliger Sonderzahlungen gedeckt. Die restlichen 25 % des zustehenden Gehalts werden vom Rechtsträger, bei dem der Turnusarzt angestellt ist, übernommen – da er dort noch drei Nachtdienste pro Monat absolviert. Die Höhe des Gehalts orientierte sich an dem Gehalt, das dem angehenden Arzt nach dem Landes-Gehalts- und Zulagenschema des im Bundesland zuständigen Rechtsträgers zustehen würde, erklärte Sozialministerin Mag. Beate Hartinger-Klein (FPÖ).
„Die Lehrpraxen sind ein Teil unserer Maßnahmen, das österreichische Hausarztsystem zukunftsfit zu machen. Die Ausbildung in der Praxis hat positive Auswirkungen in mehrfacher Hinsicht: Wir lösen einen Qualitätsschub aus, weil angehende Ärzte bestmöglich auf ihren künftigen Beruf vorbereitet werden. Weiters steigen die Chancen, dass sich junge Ärzte für den Beruf des niedergelassenen Praktikers entscheiden, wenn sie diese Tätigkeit im Rahmen ihrer Ausbildung kennenlernen. Beides liegt im Interesse unserer Versicherten“, betonte Dr. Alexander Biach, Vorsitzender des Verbandsvorstandes im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Die Sozialversicherung wird von dieser Förderung im Zeitraum von 2018 bis 2020 Gesamtkosten für die Lehrpraxenfinanzierung in Höhe von insgesamt 24,8 Millionen Euro übernehmen. Sollten die Kosten den vorab fixierten Rahmen übersteigen, wird sie diese Mehrkosten gemeinsam mit den Ländern tragen.
Damit wird es möglich, die Gehaltskosten für rund 450 Lehrpraktikanten für jeweils ein halbes Jahr während ihrer Tätigkeit beim ausbildenden praktischen Arzt, in einer Gruppenpraxis oder einem Lehrambulatorium zu finanzieren. Der Kostenberechnung liegen Gehaltskosten von 27.000 Euro je Lehrpraktikant für ein halbes Jahr zu Grunde. Für 450 Lehrpraktikanten ergibt dies ab 2019 jährliche Kosten von 12 Millionen Euro im Vollausbau. Im Startjahr 2018 sind 2 Millionen Euro kalkuliert.
Als weiteren wichtigen Beitrag der Sozialversicherung führte Biach an, dass mit der Österreichischen Ärztekammer der gesetzlich vorgesehene Lehrpraxis-Gesamtvertrag abgeschlossen wurde. Dies stellt sicher, dass die Tätigkeiten der Lehrpraktikanten auch vom jeweiligen Vertragsarzt mit der Sozialversicherung abgerechnet werden können, was einen weiteren Beitrag der Sozialversicherung zur Unterstützung der Lehrpraxis darstellt. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres wünschte sich die Lehrpraxis künftig auch für Fachärzte, zeigte sich jedenfalls aber froh, dass nun für die Allgemeinmediziner die Finanzierung unter Dach und Fach sei. „Für viele ist die Lehrpraxis die schönste Zeit ihrer Ausbildung“, sagte er. Vizepräsident und Obmann der Bundeskurie niedergelassener Ärzte, Dr. Johannes Steinhart, wertete die Einigung auch als Verdienst der neun Bundesländer. „Eine Benachteiligung von Allgemeinmedizinern gegenüber Fachärzten wäre zum einen nicht gerecht, zum anderen hätte sie viele Interessenten von einer Lehrpraxis abgehalten“, sagt Steinhart.
„Die Lehrpraxis für Allgemeinmedizin ist damit ein essenzieller Bestandteil der Ausbildung. Das war seit vielen Jahren – wenn nicht Jahrzehnten – unsere Forderung“, freut sich auch der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM), Dr. Christoph Dachs. Er ist auch mit dem Beitrag, den die Ärzte zu leisten haben, zufrieden. Im Vorfeld habe es sowohl innerhalb der ÖGAM als auch in der Bundessektion Allgemeinmedizin der Ärztekammer „heftige Diskussionen über den Anteil des Lehrpraxisleiters gegeben, vor allem deshalb, weil der Bund immer der Meinung war, die Ärzte müssten einen 30-prozentigen Anteil leisten“. Die Diskussion habe sich von der Bereitschaft,20 Prozent beizutragen, „bis zu einer Bezahlung der Leistung, die wir als Lehrpraxisleiter und Ausbilder in der Ausbildung der jungen Kollegen erbringen“, gespannt.
Er sehe in der ausgehandelten Einigung einen guten Kompromiss, mit dem viele leben können, sagt Dachs. Mehr dazu auf Seite 19 in den ÖGAM-News.