Leisten- und Bauchwandbrüche gehören zu den häufigsten chirurgischen Diagnosen. Die Hernie stellt einen Defekt dar, der alle Schichten der Abdominalwand durchbricht. Dabei tritt ein Bruchsack, der mit Peritoneum ausgekleidet ist, durch die sogenannte Bruchpforte. Der Bruchinhalt ist meistens Fettgewebe, seltener auch Dünn- oder Dickdarm.
Tritt ein sehr großer bzw. prall gefüllter Bruchsack durch eine sehr kleine Lücke, kann es zur Einklemmung/Inkarzeration kommen, die sich durch den Untergang mangeldurchbluteten Gewebes zu einer potenziell lebensbedrohlichen Situation entwickeln und zu einer akuten Operationsindikation führen kann. Glücklicherweise machen die meisten Hernien kaum Probleme und bleiben entweder unentdeckt oder zumindest unbeachtet (Nabelhernien).
Hernien können angeboren oder erworben (z.B. durch schweres Heben) sein oder in Narben nach Operationen auftreten. Oft liegt eine Bindegewebeschwäche vor, welche die Entstehung begünstigt − so ist beispielsweise bekannt, dass Patient:innen, bei denen ein Aortenaneurysma vorliegt, ein nahezu 100%iges Risiko haben, eine Hernie in einer Operationsnarbe zu entwickeln.
Während der Schwangerschaft sind es zumeist vorbestehende Brüche, die Probleme machen. Ein echtes Neuauftreten von Hernien wird in der Schwangerschaft kaum beobachtet. Die Gründe für das erhöhte Komplikationspotenzial sind leicht auszumachen.
Durch das Wachstum des Kindes und das Absenken der Gebärmutter verändern sich die Druckverhältnisse in der Bauchhöhle, was dazu führt, dass Fettgewebe, aber auch Darmschlingen in Bruchlücken gedrängt werden.
In der Regel kommt es dabei nicht zu einer Inkarzeration, und der Inhalt des Bruchsackes rutscht wieder in die Bauchhöhle zurück. Dennoch können dabei starke Schmerzen durch die mechanische Belastung und durch die Mangeldurchblutung auftreten. Sehr oft sind bei Schwangeren diese Schmerzen lagerungsabhängig.
Die Untersuchung auf eventuell vorhandene Hernien sollte bei Frauen mit Kinderwunsch vor dem Eintritt der Schwangerschaft obligat sein.
Diese Untersuchung beinhaltet die aufmerksame manuelle Palpation der gängigen Bruchpforten. Wird dabei vom Gynäkologen/von der Gynäkologin der Verdacht auf das Vorliegen einer Hernie gestellt, soll die Patientin spezialisierte Hernienchirurg:innen zur Durchführung eines Small-Parts-Ultraschalls der Bauchdecke vorgestellt werden. Bei fast jeder Patientin wird eine Nabelhernie vorliegen. Ist die Bruchpforte kleiner als 1 cm (eine Fingerkuppe) und werden sonst keine Hernien oder hinweisgebende Symptome (Schmerzen in der Leiste) diagnostiziert, muss auch bei geplanter Schwangerschaft keine weitere Diagnostik oder Therapie erfolgen.
Weiteres Vorgehen: Anhand dieses einfachen Untersuchungsganges wird erhoben, ob eine Inkarzerationsgefahr während der Schwangerschaft vorliegt, und über das weitere Vorgehen entschieden. Eine elektive Operation ist einem Akuteingriff immer vorzuziehen. Sollte eine Operation mit Netzverstärkung notwendig sein, so ist der Kinderwunsch um etwa ein halbes Jahr zu postponieren.
Im ersten Trimenon sollen Operationen in Vollnarkose aufgrund des Risikos für den Fötus nur bei vitaler Indikation durchgeführt werden. Generell gilt, dass Hernien in der Schwangerschaft nur im Falle einer Inkarzeration oder wiederkehrender starker Schmerzen operiert werden sollen. Ist eine unkomplizierte Reposition möglich, obliegt es der Einschätzung der Hernienchirurg:innen, ob eine absolute oder relative OP-Indikation besteht. Dabei wird das Risiko einer neuerlichen Einklemmung beurteilt. Ist dieses hoch oder konnte gar keine Reposition erfolgen, ist eine OP unabhängig vom Stadium der Schwangerschaft zwingend.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass bei Leistenhernienoperationen und Operationen kleinerer Bauchwandhernien unter Umständen auf eine Vollnarkose verzichtet werden kann und diese stattdessen in Lokalanästhesie oder mit rückenmarknaher Schmerzausschaltung durchgeführt werden können (sofern keine manifeste Inkarzeration von Darmabschnitten vorliegt).
Durch den Fötus ist der Platz für minimalinvasive Schlüssellochtechniken vermindert. Daher werden eventuell häufiger konventionell-offene Verfahren über einen Hautschnitt gewählt. Sonst gelten dieselben medizinischen und technischen Standards wie bei nichtschwangeren Patientinnen.