Die Atherosklerose ist die häufigste Krankheits- und Todesursache in Europa, Nordamerika und zunehmend auch in Südamerika und Asien. Einige sogenannte Risikofaktoren wie etwa Hypercholesterinämie, Hypertonie, Zigarettenrauchen und Diabetes mellitus sind seit Langem bekannt. Man unterscheidet zwischen echten Risikofaktoren und Risikoindikatoren; Letztere zeigen lediglich an, dass erhöhtes Risiko besteht.
Erst vor wenigen Jahren ist klar geworden, dass LDL die Arteriosklerose nicht nur begünstigt, sondern die erste Ursache ist. Die Lipoproteine kumulieren im Lauf des Lebens in der Arterienwand. Es braucht also eine gewisse Zeit, bis das erhöhte Blutcholesterin oder LDL-Cholesterin zum Herzinfarkt führt. Das Heimtückische ist, dass das Vorliegen der Arteriosklerose vom betroffenen Menschen so lange nicht erkannt wird, bis ein Gewebeschaden beginnt.
Der endgültige Beweis für die Kausalität kommt aus Studien, die auf dem Prinzip der mendelschen Randomisierung beruhen. Menschen werden anhand von genetischen Markern randomisiert und lebenslang beobachtet. Der beste Beweis für die Kausalität wird erbracht, wenn die Reduktion der Ursache (in unserem Fall des LDL-Cholesterins) zu einer Reduktion der Folge (in unserem Fall Herzinfarkt, Schlaganfall etc.) führt. Dies ist seit 1994 in vielen Studien gezeigt worden – LDL-Cholesterin wurde eindeutig als Ursache erkannt. Für das früher sehr intensiv beforschte HDL-Cholesterin und den Entzündungsmarker CRP konnte hingegen gezeigt werden, dass sie nicht kausal sind. HDL und CRP gelten daher heute nur noch als Risikomarker oder -indikator. Andere Entzündungsmoleküle sind vermutlich kokausal für die Atherosklerose. Man kann daher heute sagen, dass Cholesterinsenker die bestbelegten Herz-Kreislauf-Medikamente sind.
Seit wir immer bessere Methoden haben, das LDL-Cholesterin zu senken, wissen wir auch, dass wir niedrigere Zielwerte benötigen. Bei Patienten mit bekannter Arteriosklerose wünschen wir uns, dass das LDL-Cholesterin um die Hälfte des Ausgangswertes gesenkt wird und einen Wert unter 55 mg/dl erreicht. Dieses Ziel wird jedoch noch sehr selten erreicht und bedarf der erhöhten Aufmerksamkeit von Ärzten (im Spital und in der Praxis) und Patienten.
Bisher waren dazu Statine und Ezetimib, ein Cholesterinaufnahmehemmer im Darm, die Hauptempfehlung. Der Erfolg dieser beiden Medikamente ist darin begründet, dass sie in der Leber und in geringerem Maße in anderen Organen die Eigensynthese von Cholesterin bremsen, wodurch die Zelle vermehrt LDL-Rezeptoren synthetisiert. Diese wandern an die Zelloberfläche und importieren LDL aus dem Blut und reduzieren damit deren Zirkulation im Gefäß.
Zusätzlich zu diesen beiden Medikamenten ist es gelungen, in weniger als 20 Jahren ein neues Therapieprinzip zu entwickeln, das auf der Hemmung des Moleküls PCSK9 basiert, das über die Zerstörung von LDL-Rezeptoren das Cholesterin im Blut erhöht.
Im Jahr 2021 kommen in Österreich zwei weitere neue Therapieprinzipien zum Einsatz: einerseits die Bempedoinsäure und andererseits das Inclisiran. Die Bempedoinsäure bewirkt eine Erhöhung der LDL-Rezeptoren in der Leber. Das Pharmakon kann in Tablettenform eingenommen werden. Inclisiran ist eine synthetische kleine doppelkettige Ribonukleinsäure (RNA), die mit der natürlichen Produktion von PCSK9 in der Leber interagiert und dessen Entstehung hemmt.
Lange Zeit war die Frage schwer zu beantworten, bis zu welchem Alter eine LDL-Senkung wirksam und sinnvoll ist. Jüngste Studien aus Dänemark haben gezeigt, dass dies bis zum Alter von 100 Jahren nützlich ist! (Lancet, Nov. 2020)
Literatur beim Verfasser