Die Haut ist das größte Multifunktionsorgan des Körpers. Parameter wie Geschlecht, Alter, Lebensstil, Umwelt und auch jahreszeitliche Schwankungen beeinflussen die Haut ständig. Die Sexualhormone wie Östrogen und Testosteron modulieren dabei die epidermale und dermale Dicke der Haut sowie die Funktion des Immunsystems. Änderungen dieser Hormonspiegel durch Alterung oder Krankheitsprozesse verändern nicht nur den pH-Wert der Hautoberfläche und die Qualität der Wundheilung, sondern auch das Risiko zur Entwicklung einer Hauterkrankung.
Der Talggehalt der Männerhaut ist gegenüber der von Frauen höher, da die Talgproduktion stark von den Sexualhormonen beeinflusst wird. Zudem ist die Hautpigmentierung und -dicke deutlich höher, die Gesichtsfalten tiefer und das Erschlaffen des Gesichtes bei den unteren Augenlidern stärker ausgeprägt. Frauen haben hingegen eine hellere Hautfarbe, und zwar in allen Populationen.
Bei Hauterkrankungen sind Männer im Allgemeinen häufiger von Infektionskrankheiten betroffen, während Frauen anfälliger für psychosomatische Probleme, Pigmentstörungen, bestimmte Haarerkrankungen und insbesondere Autoimmun- sowie allergische Erkrankungen sind. Insgesamt gibt es mehr weibliche geschlechtsassoziierte Dermatosen und bei der Inzidenz und auch bei der Prognose von Hautmalignomen wie dem Melanom unterscheiden sich die Geschlechter signifikant.
Eine allergische Kontaktüberempfindlichkeit gegenüber Nickel und Kosmetika ist häufiger bei Frauen, auch aufgrund einer erhöhten Exposition gegenüber Kontaktallergenen. Risikoberufe für Berufsdermatosen sind beispielsweise pflegende Berufe oder das Friseurhandwerk. Von Präventionsmaßnahmen profitieren Frauen hier deshalb besonders. So führte eine Reduktion von Nickel in Schmuckstücken und Gebrauchsgegenständen innerhalb weniger Jahre zu einem deutlichen Rückgang der Nickelallergie bei jungen Frauen.
Diese beiden Erkrankungen überwiegen bei Frauen und werden auch Stewardessen- oder Mannequin-Krankheit genannt. Diese werden oft durch Kosmetika oder Glukokortikoide verursacht. Die männliche Dominanz bei Hautinfektionen erklärt sich durch das höhere Expositionsrisiko bei der Arbeit und in der Freizeit, zum Beispiel gegenüber Pilzinfektionen. Jedoch kommen Flachwarzen bei Frauen fünfmal so häufig vor wie bei Männern; warum, ist bis jetzt nicht geklärt.
Frauen sind prinzipiell häufiger davon betroffen (ca. 80 % aller Fälle), wofür in der Regel die weiblichen Hormone (hier vor allem Östrogen) verantwortlich sind. Auch die unterschiedliche Zusammensetzung der Darmbakterien bei Frauen und Männern ist daran vermutlich ursächlich beteiligt. Dies ist ein weiterer Hinweis für die Relevanz des Mikrobioms für die menschliche Gesundheit. An den zu den Kollagenosen zählenden Autoimmunerkrankungen mit Hauterscheinungen, wie etwa dem Lupus erythematodes, erkranken 3-mal so häufig Frauen wie Männer, bei der Dermatomyositis sind es 5-mal so viele und bei der systemischen Sklerodermie sind sogar fast ausschließlich Frauen betroffen.
Bei dieser Pigmentstörung wird übermäßig viel Melanin in die Haut eingelagert. Prädilektionsstellen sind hier vor allem die Wangen und die Stirn. Melasma tritt häufig bei Frauen in der Schwangerschaft, Stillzeit und bei der Einnahme oraler Kontrazeptiva auf. Sekundär kann die Erkrankung auch aufgrund von anderen Hautkrankheiten entstehen. Männer sind nur in circa 10 % der Fälle betroffen.
Eine weitere sehr häufige Pigmentstörung, quasi das Gegenteil zur Hyperpigmentierung, ist Vitiligo, auch als „Weißfleckenkrankheit“ bekannt. Bei Vitiligo zeigen sich weiße, scharf begrenzte Flecken in unterschiedlicher Größe und Konfluenz auf der Haut. Bei dieser an sich harmlosen Erkrankung, die jedoch vor allem bei dunkelhäutigen Personen stark stigmatisierend wirken kann, wird eine autoimmune Genese vermutet. Beide Geschlechter sind hier gleich häufig betroffen. Vitiligo tritt gehäuft in Verbindung mit anderen Autoimmunkrankheiten wie beispielsweise Schilddrüsenerkrankungen oder Diabetes mellitus Typ I auf.
Neben der hormonellen Wirkung, die als Initiator der Autoimmunerkrankungen angesehen wird, sind auch äußere Umweltfaktoren, welche die Krankheitsentwicklung beschleunigen und verstärken können, bekannt. Beispielsweise wirken UV-Bestrahlung bei Lupus erythematodes und Melasma, Rauchen bei Akne und Reizstoffe bei der perioraler Dermatitis verstärkend. Auch psychosoziale Belastungen dürften bei der Entstehung von vielen Hauterkrankungen, wie beispielsweise Akne oder Trichotillomanie (der Zwang, sich die Haare auszureißen), eine zentrale Rolle spielen.
Die Inzidenz- und Mortalitätsraten des Melanoms steigen weltweit an, mit altersbereinigt höheren Raten bei Männern. Vielfältige zelluläre und molekulare Eigenschaften von Hautkrebs, aber auch Verhaltensaspekte beeinflussen die geschlechtsspezifische Ungleichheit. Das Paradoxon, sich trotz potenziell nachteiliger gesundheitlicher Folgen eine gebräunte Haut zu wünschen, basiert auf der kulturell gefestigten Beziehung zu Jugend, Gesundheit und Schönheit, welche durch den Einfluss der Massenmedien verstärkt werden. Weiters beeinflussen die soziokulturell bedingte Geschlechtsidentität durch die damit verbundene Kleidung, Frisur und Behaarung die Hautgesundheit von Frauen. Die geschlechtsspezifischen anatomischen Lokalisationen des Melanoms spiegeln die unterschiedlichen Muster der Sonnenschutz-gewohnheiten wider: bei Männern vornehmlich am Kopf und an der Brust, bei Frauen häufiger am Unterschenkel.
Das Wissen um Geschlechtsunterschiede bei dermatologischen Erkrankungen mit teilweise hohem Leidensdruck trägt maßgeblich zur individuellen und zielgruppenspezifischen Anpassung des klinischen Managements von Krankheitsprozessen von der Diagnose bis zur Therapie bei. Ein besseres Verständnis der geschlechtsspezifischen Unterschiede ermöglicht die zukünftige Entwicklung neuartiger Konzepte zur Prävention von Hautkrankheiten. Nicht zuletzt ist die Vermittlung der empirischen Evidenz zu Gendermedizin in Aus- und Weiterbildung von medizinischem Personal eine Voraussetzung dafür.