Management der Hausstaubmilbenallergie

Patienten mit einer Milbenallergie leiden meist unter ganzjährigen Beschwerden (verstopfte, juckende oder auch rinnende Nase, seltener Konjunktivitis oder Exantheme bzw. atopische Dermatitis). In der Folge kann sich auch im Sinne einer Etagenerweiterung ein Asthma bronchiale ausbilden.
Wie kann man aber, neben einer symptomatischen Therapie mit Antihistaminika, die Milbenallergie sinnvoll bekämpfen? Seit vielen Jahren gibt es verschiedene Ansätze, Hausstaubmilben und deren Abfallprodukte aus dem Wohn- und v.a. Schlafbereich zu verbannen. Während die primäre Prävention (also Milbensanierung bevor noch Symptome auftreten) keinen überzeugenden Erfolg zeigte, kamen in den letzten Jahren vermehrt Studien auf, die den Effekt einer sekundären Prävention untersuchten.
Auch die spezifische Immuntherapie hat in den letzten Jahren an Stellenwert gewonnen und stellt nicht nur bei der allergischen Rhinokonjunktivitis, sondern auch bei der Behandlung des allergischen Asthma bronchiale bereits eine valide Therapieergänzung dar. Der folgende Beitrag soll einen Überblick über die aktuelle Studienlage zu Hausstaubmilbensanierungsmaßnahmen und spezifische Immuntherapie geben und diese zwei so unterschiedlichen Therapieformen gegenüberstellen.

Milbensanierungsmaßnahmen bei Asthma bronchiale und allergischer Rhinitis

In einer Metaanalyse des Cochrane-Instituts aus dem Jahr 2008 (Gotzsche PC et al.) konnten 55 randomisierte, kontrollierte Studien an über 3.000 Patienten eingeschlossen werden (26 Studien mit Matratzenhüllen, zehn mit chemischen Methoden und acht mit einer Kombination aus beidem). Es zeigte sich insgesamt keine Besserung des Peak-Flow-Wertes sowie des Asthma-Symptomenscores und Medikamentengebrauchs in der Verum-Gruppe verglichen mit Placebo-Maßnahmen. Der Schluss der Autoren war damals, dass chemische und physikalische Methoden nicht empfohlen werden können und es zweifelhaft ist, ob weitere Studien überhaupt sinnvoll seien.
Eine gewagte Aussage! Eine kürzlich erschienene, interessante Arbeit (Pignitore et al.) weist auf signifikante Schwächen der genannten Cochrane-Publikation hin. Zunächst wurden nur in etwa der Hälfte der Studien milbendichte Matratzenhüllen verwendet. Nur elf von 55 Studien konnten zu einer signifikanten Reduktion des Allergengehalts im Staub führen; dennoch wurden alle in der Analyse inkludiert. Die Messung des Peak Flows ist außerdem kein sehr sensitiver Parameter um einen Effekt auf Asthma nachzuweisen.
Auch die Auswahl der Studien stellte in der Cochrane-Analyse ein Problem dar. Studien, die mehr Patienten einschlossen (und damit stärker gewichtet wurden) und ein negatives Ergebnis zeigten, wurden trotz relevanter methodischer Mängel inkludiert, während andere kontrollierte Studien (mit positivem Effekt) unter verschiedensten, nicht immer nachvollziehbaren Begründungen (z.B. Randomisierung nicht gut erklärt etc.) ausgeschlossen wurden.
Die Autoren des kritischen Berichtes sahen es daher keineswegs als belegt, dass die Cochrane-Analyse einen letztgültigen Schluss zur Bewertung der Milbensanierungsmaßnahmen bei Asthma zulässt.
Vergleichbar zum Asthma liegt auch bei der allergischen Rhinitis eine Cochrane-Metaanalyse aus dem Jahr 2001 (zuletzt 2010 aktualisiert) vor. Es wurden hier neun kontrollierte Studien (> 500 Patienten) eingeschlossen. Neben allgemeinen Maßnahmen (Lüften etc.) wurden teilweise Matratzenhüllen, Akarizide und HEPA-Filter placebokontrolliert eingesetzt. Während die HEPA-Filter-Studien einen uneinheitlichen Effekt zeigten, konnten die Akarizid-Studien sowohl einen Abfall des Staub-Allergengehaltes als auch einen geringeren Symptomenscore ein Jahr nach Behandlung zeigen. Drei der vier Matratzenhüllen-Studien zeigten eine signifikante Senkung der Allergenlast (in der vierten Studie wurde dies nicht angegeben) sowie eine Besserung der Symptome ebenso wie die Studie zu Akariziden und Matratzenhüllen. Die Autoren schlossen hieraus, dass die Kombination von Akariziden und zusätzlichen allgemeinen Maßnahmen (Lüften, Staubsaugen etc.) sowie der Gebrauch von Matratzenhüllen die sinnvollsten Maßnahmen zur Milbensanierung darstellen.

Welche Milbensanierungsmaßnahmen machen Sinn?

Aus den genannten Studien wird klar, dass der Gebrauch von Matratzenhüllen in Kombination mit der regelmäßigen Anwendung von Akariziden und allgemeinen Maßnahmen am erfolgversprechendsten ist. Andere Maßnahmen (HEPA-Filter, Hochleistungsstaubsauger etc.) sind nicht ausreichend untersucht sowie kostspielig. Unter den allgemeinen Maßnahmen sind folgende zu nennen:

  • regelmäßig lüften
  • Luftfeuchtigkeit reduzieren
  • felltragende Tiere nicht im Schlafbereich halten
  • Staubfänger im Schlafbereich vermeiden (Stofftiere, Bücher etc.)
  • textile Materialien im Schlafbereich bei > 60° waschen, evtl. Akarizide hinzufügen und im Wäschetrockner trocknen
  • Parkettboden statt Spannteppich oder hochflorigen Teppichen

Nach drei bis sechs Monaten sollte kontrolliert werden, ob die empfohlenen Maßnahmen zu einer Besserung der Beschwerden geführt haben. Ist dies nicht der Fall, dann müssen die Sanierungsmaßnahmen überprüft und mit dem Patienten erneut besprochen werden. Neben der weiteren symptomatischen Therapie besteht dann noch die Möglichkeit einer spezifischen Immuntherapie.

Die Spezifische Immuntherapie

Die spezifische Immuntherapie (SIT) ist als einzige kausale Therapie eine ernstzunehmende Alternative bzw. Ergänzung zu symptomatischen Maßnahmen und der Milbensanierung. Die wichtigsten Indikationen und Kontraindikationen sind in der Tabelle zusammengefasst.
Die Milben-SIT wird in den meisten Fällen subkutan (SCIT) durchgeführt. Je nach Substanz und Protokoll werden dabei über mehrere Wochen steigende Dosen bis zum Erreichen einer Erhaltungsdosis unter die Haut appliziert. Diese wird in der Regel über drei (bis fünf) Jahre vier bis sechs wöchentlich verabreicht. Die sublinguale Immuntherapie (SLIT) stellt bei Patienten mit Nadelangst eine mögliche Alternative dar. Dabei müssen vom Patienten täglich zuhause Tropfen unter die Zunge appliziert werden (was auch eine gewisse Therapie-Compliance voraussetzt). Diese werden von den Langerhans-Zellen der Schleimhäute aufgenommen und weiter prozessiert.
Auch hier gibt es in den meisten Fällen eine kurze Steigerungsphase mit einer darauffolgenden Erhaltungsphase. Die Nebenwirkungen sind meist auf lokale Reaktionen (Mundbrennen etc.) beschränkt, aber auch bei der SCIT kommt es bei richtiger Indikationsstellung und Applikation nur in den seltensten Fällen zu schweren systemischen Reaktionen. Vergleichbar mit der Gräsertablette, die bereits am Markt ist, soll in Kürze auch eine Milbentablette auf den Markt kommen, welche die Einnahme weiter erleichtern kann. Eine ganz aktuelle Metaanalyse (Calderon et al.) inkludierte 44 Studien zum Thema SIT und Milbenallergie. Ein positiver, statistisch signifikanter Effekt fand sich dabei häufiger für die SCIT als für die SLIT. Die Autoren diskutieren in der Arbeit v.a. auch die großen Probleme im heterogenen Studiendesign vieler Milbenstudien, die eine Vergleichbarkeit oft sehr schwierig macht. Größere, gut designte, multizentrische Studien mit gut definierten Zielparametern sind sicher noch vonnöten, um den Stellenwert der SIT (insbesondere auch der SLIT) bei Milbenallergikern klarer darzustellen.

 

 

Vorteile der SIT gegenüber der Sanierung

Wichtig ist zu sagen, dass eine SIT nicht anstelle einer Sanierung, sondern – wenn indiziert – zusätzlich durchgeführt werden soll. Die Vorteile der SIT bestehen darin, dass sie nicht nur während der Anwendung zu einer Symptomenbesserung führen kann, sondern dass auch viele Jahre nach Beendigung der Therapie noch ein Effekt besteht. Außerdem wirkt die SIT naturgemäß nicht nur im eigenen Wohnbereich, sondern auch am Arbeitsplatz oder im Hotel etc. (was mit einer Sanierung nicht immer garantiert werden kann).
Es gibt auch erste Hinweise, dass das Fortschreiten einer Milben-Rhinokonjunktivitis auf ein Asthma bronchiale verhindert oder zumindest aufgeschoben werden kann. Somit hat die SIT einen krankheitsmodulierenden Effekt, während die Sanierung nur einen lokalen und zeitlich begrenzten Effekt hat (vergleichbar mit der symptomatischen Therapie).

 

Literatur beim Autor