Management des asymptomatischen Vorhofflimmerns

Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung weltweit und tritt bei ungefähr 1–2 % der Bevölkerung auf.
Dies entspricht ungefähr 6 Millionen Patient:innen in Europa, und die Prävalenz von Vorhofflimmern wird weiter steigen. Die wichtigsten Gründe dafür sind das zunehmende Alter der Bevölkerung sowie die Zunahme der Risikofaktoren wie Diabetes, Hypertonie und Adipositas. Aber auch besseres Screening von Vorhofflimmern und einfachere diagnostische Möglichkeiten lassen die Zahlen steigen. Wichtige Komplikationen dieser Erkrankung betreffen nicht nur erhöhte Mortalität und erhöhtes Schlaganfallrisiko, sondern auch vermehrte Krankenhausaufenthalte und eine eingeschränkte Lebensqualität. Ein großer Teil der Patient:innen mit Vorhofflimmern verspürt dies als sehr unangenehm und als Einschränkung der Belastungsfähigkeit. Viele merken die Rhythmusstörung aber auch nicht. Dies erschwert die Diagnostik, aber auch die Betreuung und Beratung von Patient:innen mit Vorhofflimmern. Im folgenden Text wird daher insbesondere auf das Management des asymptomatischen Vorhofflimmerns eingegangen.

Diagnose

Etwa ein Drittel der Patient:innen mit Vorhofflimmern ist asymptomatisch, und die Rhythmusstörung wird als Zufallsbefund diagnostiziert. Der Goldstandard in der Diagnose von Vorhofflimmern ist weiterhin das 12-Kanal-EKG. In den letzten ESC-Guidelines von 2020 wurde aber auch ein 1-Kanal-EKG-Streifen mit irregulärem Rhythmus ohne P-Wellen länger als 30 Sekunden als diagnostisches Mittel empfohlen. Hierfür gibt es in den letzten Jahren immer mehr diagnostische Möglichkeiten. Neben Palpation und Blutdruckmessung ist das Holter-EKG eine sehr effektive Methode, wenn die Episoden relativ häufig auftreten.

Mittlerweile können Pulsuhren oder auch Mobiltelefone mit speziellen Algorithmen den Verdacht auf Vorhofflimmern stellen. Mit Hilfe von externen Eventrecordern und Smartwatches können auch 1-Kanal-EKGs angefertigt werden. Gerade bei Patient:innen mit hohem Risiko wie z. B. nach kryptogenem Schlaganfall sind implantierbare Loop-Recorder ein ideales diagnostisches Tool, um möglichst rasch zu einer Diagnose zu kommen und weitere Ereignisse zu verhindern.

Als Screening-Methode bei niedrigem Risiko sind die sogenannten „Wearables“ wie z. B. Pulsuhren, Smartphones, Smartwatches und externe Event-Recorder vielversprechend, um Vorhofflimmern möglichst frühzeitig und bei möglichst vielen Patient:innen diagnostizieren zu können. Diese neuen Technologien sind relativ kostengünstig, für jede:n zugänglich und können so wesentlich zu einer Verbesserung der Detektionsrate von asymptomatischem Vorhofflimmern führen.

Therapie

Wird Vorhofflimmern bei asymptomatischen Patient:innen diagnostiziert, beginnt die oft nicht einfache Beratung dieser Patientengruppe. Wesentlich für die Prognose ist jedenfalls die Überprüfung der Indikation für eine orale Antikoagulation (OAK). Hierfür kann der gut etablierte CHA2DS2-VASc-Score herangezogen werden. Demzufolge sollen Patient:innen mit einem Score ≥ 2 (bzw. ≥ 3 bei Frauen) eine OAK erhalten und bei einem Score von 0 keine. Schwieriger ist es bei einem Score von 1 (bzw. 2 bei Frauen). Hier kann eine OAK erwogen werden. Entscheidungshilfe können weitere Untersuchungsparameter wie z. B. die Größe des linken Vorhofs (LA) oder auch die Funktion des LA sein. Untersuchungen zeigten, dass ein reduzierter Strain bzw. eine eingeschränkte Funktion des LA ein erhöhtes Schlaganfallrisiko zur Folge haben können. Außerdem stellen Risikofaktoren wie Alter und Schlaganfall ein höheres Schlaganfallrisiko als z. B. ein gut eingestellter Blutdruck dar. Bei Indikation zur OAK sollte jedenfalls ein NOAK verwendet werden, sofern keine Kontraindikation besteht. Die Behandlung und Reduktion der Risikofaktoren durch Lebensstilmodifikation sollten auch in die Beratung der Patient:innen einfließen. Die Bedeutung der Lebensstilmodifikation mit moderater körperlicher Aktivität, Reduktion des Alkoholkonsums und Reduktion des Körpergewichts konnte rezent eindrucksvoll bewiesen werden. Nicht nur weitere Risikofaktoren wie Diabetes, Hypertonie sowie auch Schlafapnoe werden dadurch günstig beeinflusst, sondern auch Vorhofflimmern selbst.

Frühe Rhythmuskontrolle

Die nächste wichtige Frage ist, wie und ob das Vorhofflimmern selbst behandelt werden soll. Ist eine reine Frequenzkontrolle ausreichend, um bestmöglich zu behandeln, oder soll doch eine Rhythmuskontrolle angestrebt werden? Hierfür galt bis vor Kurzem, dass eine Rhythmuskontrolle nur bei symptomatischen Patient:in-nen eingeleitet werden sollte. Allerdings muss beachtet werden, dass Betroffene unter persistierendem Vorhofflimmern einen gewissen Gewöhnungseffekt aufweisen und sich anpassen, indem sie sich immer weniger belasten. Daher soll nach aktuellen Empfehlungen auch zumindest einmal das Fehlen jeglicher Symptomatik mittels Kardioversion überprüft werden, vor allem bei jüngeren Patient:innen. Viele berichten danach über eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit im Sinusrhythmus und können folglich als symptomatisch unter Vorhofflimmern angesehen werden. Abgesehen von der Symptomatik wird schon längere Zeit vermutet, dass eine Rhythmuskontrolle zu einem besseren Outcome bzw. einer geringeren Mortalität führen muss, zumal eine 1,5–3,5-fach erhöhte Mortalität in dieser Patientengruppe bekannt ist. Dies konnte lange nicht mit Studien bestätigt werden, zeigt sich aber in rezenten Studien immer deutlicher. In CASTLE-AF konnten eine signifikant geringere Gesamtmortalität und geringere Hospitalisierung durch Herzinsuffizienz nach Katheterablation nachgewiesen werden. Auch CABANA ergab eine Reduktion der Mortalität oder kardiovaskulären Hospitalisierung um 17 %. Diese Erkenntnisse führten zu einer Klasse-I-Indikation für Katheterablation bei durch Vorhofflimmern induzierten Kardiomyopathien. Eine weitere und richtungsweisende Studie, EAST-AFNET 4, zeigte eine Reduktion der Gesamtmortalität zugunsten der frühen Rhythmuskontrolle. Dies bestätigt ein möglichst frühes Eingreifen bei Patient:innen mit Vorhofflimmern, auch bei asymptomatischen Patient:innen. Vor allem bei jüngeren Patient:innen sollte daher auch bei fehlender Symptomatik eine frühe Rhythmuskontrolle und somit auch die Katheterablation als beste rhythmuserhaltende Therapie erwogen werden.

Nicht zu vernachlässigen ist auch das Risiko der Entwicklung einer Demenz unter Vorhofflimmern. Diesbezüglich konnte in einem retrospektiven Register aus Schweden ein reduziertes Risiko nach Etablierung einer OAK und in weiterer Folge auch ein reduziertes Risiko nach Durchführung einer Pulmonalvenenisolation gezeigt werden, besonders bei über 65-jährigen Patient:innen. Auch das muss in der Beratung der Patient:innen berücksichtigt werden. Die Abbildung zeigt einen Leitfaden zur Entscheidungshilfe bezüglich rhythmuserhaltender Therapie bei Patient:innen mit asymptomatischem Vorhofflimmern. Vor allem bei jüngeren Personen sollte auch bei fehlender Symptomatik eine frühe Rhythmuskontrolle und somit auch die Katheterablation als beste rhythmuserhaltende Therapie erwogen werden.