MART-Konzept verbessert Therapietreue

Die Therapieadhärenz bei Asthmapatient:innen ist insofern schwieriger zu erzielen als bei anderen chronischen Erkrankungen, als hier Intervalle von Beschwerdefreiheit vorliegen. Es fällt – vor allem jungen und berufstätigen Patient:innen – schwer, regelmäßig ihre Inhalationen zu verwenden, wenn sie aktuell keine Symptome verspüren. Gerade bei sehr jungen Patient:innen fehlt oft zum einen die Krankheitseinsicht, zum anderen besteht nicht selten auch ein sozialer Druck. (Es wird als „uncool“ angesehen, den „Asthmaspray“ regelmäßig oder auch nur vor dem Sport nehmen zu müssen.) Meistens jedoch werden Medikamente schlichtweg vergessen.

Gerade aber bei den jungen Patient:innen muss eine passende und wirksame Therapie etabliert werden, um die Lungenfunktion bis ins Alter bestmöglich bewahren zu können.
Eine Überprüfung der Therapieadhärenz ist in der Praxis nicht immer leicht: Zwar stehen vielerlei Fragebögen zur Verfügung, die z.B. die Medikamenteneinnahme abfragen, die meisten Patient:innen überschätzen allerdings ihre Therapiebereitschaft. Daneben gibt es auch objektivierbare Möglichkeiten, die Adhärenz einzuschätzen: So ist nach Therapieeinleitung mit inhalativem Kortikosteroid (Therapie der Wahl) bei initial hohem FeNO oft ein deutlicher Abfall messbar, eine Verbesserung der FEV1 in der Ordination bzw. des Peakflow (für die Patient:innen selbst) ist gut kontrollierbar und gibt wertvolles Feedback. Hierfür braucht es jedoch regelmäßige Schulungen und ausreichend Zeit.

Tab.: Einflussfaktoren auf die Adhärenz

Mittels Applikationen für mobile Geräte ist es zunehmend möglich, Parameter wie FeNO, Peakflow und Symptome zu verfolgen; mit speziellen Inhalationssensoren kann die Inhalationsadhärenz aufgezeichnet werden. Hilfreich sind zudem direkte Warnmeldungen bezüglich Pollen- oder Feinstaubbelastung per App oder SMS.

Begleitende, den Krankheitsverlauf bzw. die Adhärenz negativ beeinflussende Komorbiditäten und Faktoren, wie z. B. das Rauchen, Adipositas, Refluxsyndrome,Erkrankungen im HNO-Bereich, Allergien und auch psychische Probleme, zu identifizieren stellt oft eine Herausforderung dar. Chronische Erkrankungen gehen oft mit Depression und Angststörungen einher, die selbst wiederum Faktoren für Non-Adhärenz darstellen.

Patientenaufklärung im Vordergrund

Patient:innen haben gelegentlich falsche Vorstellungen bezüglich ihrer Erkrankung, der Therapie und des zu erwartenden Verlaufs. Angst vor Medikamentennebenwirkungen sowie Kosten und mangelnde Unterstützung im näheren Umfeld kommen erschwerend hinzu. Im Vordergrund muss daher die Aufklärung der Patient:innen stehen: Das Wissen um und das Verständnis der chronischen Erkrankung stellen die Basis der Therapiezielfindung dar.Aufbauend darauf sollen gemeinsam erreichbare Ziele festgelegt werden. Sie sollten für die Patient:innen auch erkennbar (z. B. Verbesserung im Peakflow, Abfall der FeNO, Reduktion nächtlicher Beschwerden) und damit die Therapie nachvollziehbar sein. Die Patient:innen sollen in diesem Prozess Eigenverantwortung entwickeln.Es empfiehlt sich, vor allem bei Kindern auch das Familienumfeld miteinzubeziehen. Die Medikamenteneinnahme kann in die tägliche Routine eingeflochten werden, respektvoller Umgang und gegenseitiges Verständnis erhöhen die Krankheitsakzeptanz. Schulungskonzepte, in denen jugendliche Asthmapatient:innen von Gleichaltrigen geschult werden, finden sehr positiven Anklang.

Ein Inhalator als Basis- und Bedarfstherapie

Daneben spielt bei der Therapie des Asthmas die Medikamenten-, vor allem aber die Geräteauswahl eine signifikante Rolle. Die Medikation wird zwar von der Ärzteschaft leitliniengerecht entschieden, der Inhalator soll aber entsprechend psychischer und physischer Fähigkeiten (ggf. Inflow-Messung) sowie der Vorlieben der Patient:innen gewählt werden. Je weniger verschiedene Geräte die Patient:innen erlernen und bedienen müssen, desto eher können (und werden) sie diese korrekt verwenden. Es empfiehlt sich daher, das MART-Konzept (Maintenance and Reliever Therapy) anzuwenden, wo ein Inhalator sowohl die Basis- als auch die Bedarfs-(Notfall-)Therapie darstellt. Unter einer solchen Therapiemodalität konnte – im Vergleich zur vorhergehenden SABA-Monotherapie – ein deutlicher Rückgang der nötigen Bedarfsmedikation verzeichnet werden.

Patient:innen, die nur einen einzigen Inhalator verwenden, haben deutlich weniger mittelgradige bis schwere Exazerbationen und eine längere Persistenz als jene Patient:innen, denen zwei oder mehr Inhalatoren verordnet wurden. Zur Verschreibung eines neuen Inhalators gehört auch die gute Einschulung in die Inhalationstechnik und Handhabung. Bei jeder Arztvisite sollte sie geprüft und die Patient:innen ggf. nachgeschult werden. Ein Vorwissen darf hier nicht vorausgesetzt werden.

Korrekte Inhalationstechnik entscheidend

Als hilfreich erweisen sich die mittlerweile vielfältigen Videos im Internet sowie Übungsinhalatoren. Mit Inhalationsdevices, die bei korrekter Inhalation ein Feedback geben (Geräusch, Zählrad …), kann die Qualität der Medikamenteneinnahme besser bzw. länger aufrechterhalten werden, eine weitere Verbesserung der Medikamentendeposition kann mit Vorschaltkammern erzielt werden.

Bei schlechter Inhalationstechnik können trotz initialer Motivation der Patient:innen keine ausreichende Wirkung und somit auch die vereinbarten Ziele nicht erreicht werden, sodass sich bald Frustration einschleicht und die Adhärenz abnimmt. Mit allen Asthmapatient:innen sollte ein „Notfallplan“ definiert werden, der festlegt, wie die Patient:innen sich im Falle einer subjektiven oder messbaren (Peakflow, ACT) Verschlechterung verhalten sollen. Damit erhalten die Patient:innen Tools zum Krankheitsmonitoring, sie lernen Selbstmanagement und erhalten einen Teil der Verantwortung. Sie müssen sich nun auch selbst mit der Krankheit auseinandersetzen, anstatt dass lediglich die Ärzt:innen eine Therapie vorschreiben. Allen voran steht daher eine gute Basis, eine adäquate und vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung, wo beide Seiten Ziele und Probleme auch direkt ansprechen können, sowie die sinnvolle Anpassung von Therapie und Notfallplan.