… zwei Ziele, die mit dem kürzlich beschlossenen Gesamtvertrag für Primärversorgungseinrichtungen nun erreicht werden sollen.
Was lange währt, wird endlich gut? Mehr als fünf Jahre war verhandelt worden. Vieles war in den letzten Jahren strittig – begonnen bei den ersten Gesetzesentwürfen zum Primärversorgungsgesetz: Besonderen Zündstoff bargen damals die Gestaltung der rechtlichen Rahmen-bedingungen und die lange Zeit schwelende Gefahr von Einzelverträgen. Andere Aspekte polarisierten emotional: Die Gegensätze zwischen Hausarztmedizin und Primärversorgungseinheiten wurden besonders kontroversiell diskutiert.
Ärztekammer und Hauptverband haben nun eine Einigung erzielt und einen bundesweiten Gesamtvertrag für Primärversorgungseinrichtungen (PVE) abgeschlossen – für beide Vertragsparteien ein großer Erfolg, von dem sowohl Versicherte als auch Ärzte profitieren sollen.
Der große Wurf für beide Seiten ist ein bundesweiter Rahmenvertrag, der die Eckpunkte vorgibt, aber Raum zur regionalen Ausgestaltung lässt. Zu den Eckpunkten zählen ein verpflichtender Versorgungsauftrag mit Leistungsspektrum, definierte Servicekomponenten wie Mindestöffnungszeiten und eine an den Regionalen Strukturplan gebundene Stellenplanung. In den Grundzügen vereinbart ist auch die Honorierung, mit der unter anderem Anreize geschaffen werden, Patienten mit hohem und kontinuierlichem Betreuungsaufwand zu versorgen. Die eigentlichen regionalen Honorarvereinbarungen innerhalb des vereinbarten Rahmenvertrags müssen freilich erst von den regionalen Sozialversicherungen und Ländern abgeschlossen werden. Die Länder sollen sich übrigens an der Finanzierung der Primärversorgungszentren vor allem im Bereich Pflege, Diätologie und Sozialarbeit, die nicht in Sozialversicherungskompetenz fällt, mit einer Anschubfinanzierung beteiligen. Immerhin 10 % der Bevölkerung sollen in den 75 PVE, die es bis 2021 geben soll, versorgt werden.
Mit dem Primärversorgungskonzept, das den aktuellen Herausforderungen und der heterogenen Versorgungsstruktur in Österreich – Stichworte: Regionen mit eklatantem Ärztemangel; unbesetzte Stellen; überlastete Hausärzte; Unterschiede Stadt/Land etc. – Rechnung tragen soll, sollen jetzt die Weichen für die funktionierende medizinische Versorgung der Zukunft gestellt werden. Das geht jedoch nur, wenn gleichzeitig der Beruf des Hausarztes auch für nachkommende Ärztegenerationen nachhaltig attraktiv bleibt oder wieder attraktiviert wird.
Primärversorgungseinheiten sollen neben Hausärzten und Gruppenpraxen ja nur eine weitere Variante der Primärversorgung sein und Hausärzte nicht ersetzen, sondern ergänzen, wie Johannes Steinhart betont. Die Versorgung werde zum überwiegenden Teil auch weiterhin bei den Hausärzten liegen. Denkbar werden nun in der neuen Primärversorgung auch für Hausärzte verschiedenste neue Kooperationsmodelle bis zur dislozierten Vernetzung mehrerer Einzelordinationen.
Die große Hoffnung ist letztlich auch, mit den neuen Konzepten wieder mehr Allgemeinmediziner in den niedergelassenen Bereich zu bekommen beziehungsweise halten zu können. Ob die Möglichkeit anderer Arbeits- und Kooperationsmodelle ein Anreiz ist, wird die Zukunft zeigen.
Susanne Hinger