Neue Entwicklungen bei Asthma, COPD und Schlafapnoe

Obstruktive Schlafapnoe

Die obstruktive Schlafapnoe (OSAS) zählt zu den häufigsten Schlafatemstörungen. Wie Priv.-Doz. Dr. Arschang Valipour, I. Interne Lungenabteilung, Otto-Wagner-Spital, Wien, bei der neuen Fortbildungsveranstaltung „Pneumo aktuell“ ausführte, ist Adipositas ein Hauptrisikofaktor, eine OSAS zu entwickeln. Männer sind häufiger betroffen und mit zunehmendem Alter steigt die Anzahl physiologischer Apnoeereignisse in der Nacht. Zudem gibt es eine Reihe von anatomischen Risikofaktoren wie mandibuläre Retrognathie, nasale Obstruktion, Makroglossie oder – vor allem bei Kindern – Tonsillenhypertrophie, die auch therapeutische Konsequenzen haben.
Bei OSAS verengen sich im Zuge des Atemzyklus meist exspiratorisch die oberen Atemwege, und der Atemfluss sistiert. Die dadurch induzierte Hypoxie führt zu einer Weckreaktion im Gehirn und einer erhöhten Spannung der Pharynxmuskulatur, die Atmung setzt wieder ein und der Zyklus beginnt von vorne. So entsteht ein Teufelskreis mit Schlaffragmentierung, intermittierender Hypoxie, neurohumoraler Aktivierung und transdiaphragmatischen Druckschwankungen. Die klinischen Auswirkungen dieses Pathomechanismus sind vielfältig und reichen von exzessiver Tagesmüdigkeit, Fatigue, Depression über erhöhte Unfallgefahr bis zu kardiovaskulären Komorbiditäten (Hypertonie, Rhythmusstörungen, KHK, Myokardinfarkt, Insult), metabolischem Syndrom und gastroösophagealem Reflux. „Es verwundert daher nicht, dass die Gesundheitsausgaben von OSAS-Patienten deutlich höher sind, auch im Vergleich zu adipösen Patienten, und zwar schon vor Diagnosestellung“, so Valipour.
Diagnostisch liefert die Anamnese wertvolle Hinweise. „Wenn die Partnerin angibt, dass der Patient in der Nacht wiederholt aufhört zu atmen und zusätzlich Tagesmüdigkeit und Übergewicht vorliegen, handelt es sich zu 80% um eine obstruktive Schlafapnoe.“ Mittels einer HNO-Untersuchung kann eine mögliche anatomische Pathologie festgestellt werden. Die eigentlichen diagnostischen Werkzeuge sind aber Polygrafie, die auch ambulant durchgeführt werden kann, und Polysomnografie, die Aufschluss über durchschnittliche Anzahl von Apnoe- und Hypopnoe- Episoden pro Stunde Schlaf geben (AHI: Apnoe-Hypopnoe- Index).
Zu den therapeutischen Maßnahmen bei OSAS zählen u.a. Gewichtsreduktion, Lagerungstherapie oder eine mandibuläre Protrusionsschiene. Therapie der Wahl ist aber die CPAP-Behandlung: Mittels einer pneumatischen Schienung der oberen Atemwege werden diese mit Luftdruck offengehalten und dadurch die Atmung normalisiert. Durch eine CPAP-Therapie ist es möglich, die Tagesschläfrigkeit vollständig zu eliminieren und die neurokognitive Leistung, aber auch kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität sowie metabolische Parameter zu verbessern.

Kardiovaskuläre Komorbidität bei OSAS

Bei Patienten mit OSAS ist die Hypertonie-Prävalenz erhöht. Dies, so Valipour, sei seit Längerem bekannt, aber nun konnte in einer großen Studie gezeigt werden, dass in Abhängigkeit mit dem OSAS-Schweregrad auch die Hypertonie-Inzidenz deutlich ansteigt. Während mit CPAP behandelte OSAS-Patienten ein um 30% geringeres Hypertonierisiko aufwiesen, war es bei unbehandelten Patienten hingegen fast doppelt so hoch. In einer weiteren Untersuchung fand sich ein deutlicher Behandlungseffekt im Hinblick auf die Hypotonie-Inzidenz nur bei jenen Patienten, die CPAP länger als vier Stunden pro Nacht verwendeten. Auch ältere Patienten sollten behandelt werden, so Valipour. „Eine unbehandelte OSAS ist ein wesentlicher Risikofaktor für kardiovaskuläre Mortalität. In einer Studie hatten die im Durchschnitt 70-jährigen Patienten mit schwerer OSAS, die nicht behandelt wurden, das höchste Mortalitätsrisiko – vor allem durch Schlaganfall und Herzinsuffizienz verursacht – während sich das Risiko von mit CPAP-behandelten Patienten der Kontrollgruppe annäherte.“ Schlafapnoe ist aber auch ein Risikofaktor für Myokardinfarkt, wobei Herzinfarkte am häufigsten während der Schlafenszeit beobachtet wurden. OSAS ist ebenso ein unabhängiger Risikofaktor für Herzinsuffizienz und 75% der Patienten mit Herzinsuffizienz haben eine oder mehrere Schlafatemstörungen. Valipour betonte die Behandlungskonsequenzen, die sich daraus ergeben, denn Langzeitstudien zeigen, dass die Therapie der Schlafatemstörung (obstruktive oder zentrale Schlafapnoe) mit einem verbesserten Überleben der Herzinsuffizienzpatienten verbunden ist.

Schlafapnoe und Karzinogenese

Aktuelle Studien weisen auch auf eine Assoziation zwischen OSAS und erhöhtem Krebsrisiko hin. Im Tierversuch liegen erste Befunde vor, dass eine intermittierende Hypoxie die Karzinogenese begünstigt, und auch in zwei großen Populationsstudien wurde dieser Zusammenhang beobachtet. So wurde in einer Langzeituntersuchung mit einem Follow-up von bis zu 20 Jahren bei der Population mit einem AHI > 15 bzw. AHI > 30 ein erhöhtes Risiko gefunden, ein Karzinom zu entwickeln und zwar unabhängig von klassischen Krebsrisikofaktoren wie Rauchen, Diabetes etc. In der zweiten Studie mit über 5.000 Patienten und einem Follow-up von 4,5 Jahren hatten jene Patienten, die mehr als 12% der Nacht eine Sauerstoffsättigung von unter 90% hatten, ein substanziell höheres Risiko, ein Karzinom zu entwickeln – auch hier unabhängig von anderen typischen Risikofaktoren.

Neues in der Behandlung

Abschließend ging der Experte noch auf therapeutische Möglichkeiten ein. Zur Behandlung der lageabhängigen OSAS stehen verschieden Gurte, die eine Rückenlage verhindern sollen, zur Verfügung, die laut Valipour aber nicht sehr effektiv sind. Nun wurde ein kleines elektronisches Device (Sleep Position Trainer) entwickelt, das bei Rückenlage vibriert. Vor allem bei leichter und moderater OSAS konnte damit der AHI in Rückenlage deutlich reduziert werden. Der Sleep Position Trainer könnte in dieser Patientengruppe eine mögliche Alternative zur CPAP-Therapie darstellen.
Gewichtsreduktion ist eine weitere Option. „Mit einer Gewichtsabnahme von 10–15 kg kann ein nicht unbeträchtlicher Teil der Patienten mit leichter OSAS geheilt werden.“ Aber auch bei schwerer OSAS profitieren die Patienten davon. In einer aktuellen Studie wurde der Effekt bei Patienten (durchschnittlicher BMI 45), die in drei Monaten 5 kg durch diätäre Maßnahmen und jenen, die mittels chirurgischem Magenband fast 30 kg abnahmen, verglichen. Auch durch die Diät konnte der AHI reduziert werden, unter der chirurgischen Therapie war der Effekt jedoch größer. Valipour: „Der Zusammenhang zwischen Gewichtsabnahme und AHI ist aber nicht linear, die ersten 5–10 kg sind entscheidend, dann flacht die Kurve ab.“

Update Asthma bronchiale

Mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und Asthma bronchiale befasste sich Prim. Univ.-Prof. Dr. Otto Burghuber, I. Interne Lungenabteilung, Otto-Wagner-Spital, Wien. Im Jugendalter ist Asthma die häufigste chronische Erkrankung und besonders bei Kindern nimmt die Prävalenz weiter zu. Gemäß den aktuellen GINA-Guidelines ist die reversible Obstruktion definiert als FEV1– Anstieg um > 12% und um Zunahme des FEV1 um 200 ml. Wie Burghuber betonte, spielt im Management des Asthmas die Arzt-Patienten-Beziehung eine wesentliche Rolle. Weitere Eckpfeiler sind die Reduktion bzw. Vermeidung von Risikofaktoren und frühzeitige Behandlung von Exazerbationen. „Weiterhin gilt, dass die Asthmakontrolle von entscheidender Bedeutung ist. Wichtig ist, ob der Patient tagsüber oder in der Nacht Symptome hat, ob seine körperliche Aktivität eingeschränkt ist, ob er Bedarfsmedikation braucht, ob er Exazerbationen hat und wie seine Lungenfunktion ist.“ Zur Beurteilung sollte der ACT-Test (Asthma Control Test) eingesetzt werden, da Patientenangaben zur Kontrolle häufig zu positiv sind. Der mittels ACT-Test ermittelte Wert liefert eine objektive Information, ob das Asthma kontrolliert ist (20–25 Punkte). Bei nicht adäquat kontrolliertem Asthma (< 20 Punkte) sollte die Therapie entsprechend gesteigert werden. Ist das Asthma unter Kontrolle, sollte die Behandlung auf die niedrigst wirksame Dosis reduziert werden.
In allen Krankheitsstadien, so Burghuber, besteht die Basistherapie im Wesentlichen aus inhalativen Kortikoiden (niedrig, mittel oder hochdosiert) mit oder ohne langwirksame Beta-Mimetika (LABA). Leukotrienantagonisten spielen noch eine Rolle, Theophylline aber nur noch eine sehr geringe (Abb. 1). Ist das Asthma kontrolliert, sollte zunächst die Kortisondosis reduziert werden und dann die LABA-Therapie beendet werden. „Mittels ACT-Test und Peak Flow Meter ist man in der Lage, Asthma adäquat zu kontrollieren. Es sollte keinen Asthmatiker geben, der nicht selbst eine Lungenfunktionsmessung durchführt und seine Erkrankung selbst monitiert. Aber Faktum ist, dass nur 5% der Patienten eine totale Asthmakontrolle haben, auch weil die Erkrankung oft nicht sehr schwer ist und daher nicht ernst genommen wird.“

 

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Burghuber ging auch auf neue Ansätze in der medikamentösen Behandlung ein. Eine erst kürzlich empfohlene Therapie bei Patienten, die mit entsprechender Guideline-konformer Behandlung nicht adäquat kontrolliert werden können, ist die Inhalation von langwirksamen Anticholinergika (z.B. Tiotropium). In nächster Zeit ist außerdem mit Kombinationspräparaten von ultralangwirksamen Beta-Mimetika mit einer Wirkdauer von 24 Stunden mit langwirksamen inhalativen Kortikoiden zu rechnen.
Bei therapierefraktärem allergischen Asthma belegen aktuelle Daten, dass die Patienten von der Gabe von Anti-IgE-Antikörpern (Omalizumab) profitieren. Eine rezente Metaanalyse mit 32 Studien zeigte, dass unter Omalizumab kein erhöhtes Krebsrisiko besteht.

Aktuelle Entwicklungen bei COPD

Veränderungen gab es in den letzten Jahren auch bei der COPD. „Gemäß den aktuellen GOLD-Guidelines wird COPD nun als verhinderbare und behandelbare Erkrankung definiert, die durch eine üblicherweise progressive Atemflusslimitierung charakterisiert ist. Neu ist auch, dass Exazerbationen und Komorbiditäten eine besondere Bedeutung zugemessen wird“, setzte der Experte fort. Ein wichtiger Aspekt der GOLD-Empfehlungen 2011 ist ein differenziertes Assessmentschema, das durch die Kombination der drei Säulen Lungenfunktionseinschränkung, Symptomschwere und Exazerbationsrisiko eine Einteilung der Patienten in vier Risikokategorien erlaubt (Abb. 2). Die Quantifikation der Symptome sollte laut Burghuber anhand des CAT-Tests (COPD Assessment Test) erfolgen. Bei der Beurteilung des Ausmaßes der Obstruktion gab es im Hinblick auf den Schweregrad keine Veränderungen, neu ist aber, dass dafür der postbronchodilatatorische FEV1 herangezogen wird. Den größten Einfluss auf die Prognose haben jedoch intermittierende Verschlechterungen im Rahmen von akuten Exazerbationen. Daher werden ≥ 2 Exazerbationen innerhalb des letzten Jahres oder auch eine Exazerbation mit Hospitalisierung als hohes Risiko eingestuft.

 

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Im Hinblick auf Komorbiditäten weisen COPD-Patienten ein deutlich erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, Osteoporose, Atemwegsinfektionen, Angst, Depression, Diabetes und Lungenkrebs auf. „Da diese Erkrankungen die Mortalität und Hospitalisierungshäufigkeit dieser Patienten beeinflussen, sollten sie entsprechend behandelt werden. In den vergangenen Jahren waren Betablocker in Diskussion, jetzt zeigen aktuelle Studien, dass COPD-Patienten von Betablockern profitieren.“ Das Mortalitätsrisiko steigt mit der Zahl der Komorbiditäten. Wie häufig diese sind, verdeutlicht eine aktuelle Studie, nach der 97% der COPD-Patienten mindestens eine, 50% jedoch vier und mehr Komobiditäten haben.
Eine wesentliche Rolle in der nichtmedikamentösen Therapie spielt die pulmonale Rehabilitation. Diese ist nachhaltiger, wenn Trainingsmaßnahmen, wie z.B. Nordic Walking auch im Alltag durchgeführt werden können. In der medikamentösen Therapie stellen Bronchodilatatoren die Basis dar (Abb. 3). Die chronische Therapie mit systemischen Kortikosteroiden sollte aufgrund des ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses vermieden werden.

 

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Quelle: Fortbildungsveranstaltung „pneumo aktuell“, 18. 1. 2014, Wien