Patient:innen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) haben oft einen jahrelangen Leidensweg, bis die Diagnose und schlussendlich auch eine optimale Therapie gefunden sind. Verschiedene Einflussfaktoren können dabei den Erfolg einer Behandlung deutlich erhöhen.
In CED-Spezialambulanzen kann ein Team aus Gastroenterolog:innen und CED-Nurses, flankiert von Gastroradiolog:innen und Viszeralchirurg:innen, für eine optimale Betreuung sorgen. Durch den Einsatz von Treat-to-Target-Strategien, Medikamentenspiegel sowie durch die routinemäßige Bestimmung des fäkalen Calprotectins – vor Ort oder auch durch die Patient:innen zu Hause – können Therapieerfolg oder Therapieversagen frühzeitig erkannt werden.
In den letzten Jahren haben sich die Therapiemöglichkeiten bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen enorm weiterentwickelt, zuletzt insbesondere im Bereich der sogenannten Janukinase-Hemmer (JAK) – den „small molecules“ –, die oral eingenommen werden und im Gegensatz zu den Biologika-Therapien eine kürzere Halbwertszeit haben. Bei der diesjährigen Konferenz der European Crohn’s and Colitis Organisation (ECCO) wurden die Langzeitdaten für Filgotinib, einen solchen JAK-Inhibitor, vorgestellt. In der SELECTION-Long-Term-Extension-Studie wurde die anhaltende Wirksamkeit und Verträglichkeit der Substanz untersucht. Der Beobachtungszeitraum umfasst mittlerweile insgesamt 3,9 Behandlungsjahre und ist damit besser geeignet, auch mögliche seltene Nebenwirkungen aufzudecken. Es konnte eine langfristig stabile Wirkung gezeigt werden, und es gab außer den bereits bekannten Fällen von Herpes Zoster keine weiteren signifikanten Nebenwirkungen. In der Klinik empfehlen wir allen Patient:innen vor Therapiestart mit einem JAK-Inhibitor eine Impfung mit dem Totimpfstoff (Shingrix) zur Vorbeugung von Herpes Zoster.
Aktuell sind die oralen JAK-Hemmer nur für die Behandlung der Colitis ulcerosa (CU) zugelassen. Upadacitinib steht nun als einziger JAK-Inhibitor kurz vor der Zulassung für Morbus Crohn (MC). In den zwei großen Zulassungsstudien (U-EXCEL und U-EXCEED) für Patient:innen mit mittelschwerem bis schwerem MC hat sich gegenüber Placebo eine signifikante Wirkung gezeigt. Erwähnenswert ist vor allem die frühe klinische Symptomlinderung (Abnahme der Stuhlfrequenz, abdomineller Schmerzen und Fatigue) innerhalb der ersten 15 Tage unter der täglichen Einnahme von Upadacitinib 45 mg. Der frühe Wirkeintritt eröffnet auch die Diskussion zum Einsatz von JAK-Inhibitoren in der akuten Schubtherapie, ein möglicherweise neues Therapiekonzept, das zur Reduktion der Verwendung von Steroiden im Rahmen der Remissionsinduktion führen kann.
Patient:innen mit MC sind häufig von Darm- und perianalen Fisteln und Fissuren betroffen, was zum einen zu einer verminderten Lebensqualität führt und zum anderen auch therapeutisch herausfordernd sein kann. Im Rahmen der Phase-III-Induktions- und Erhaltungsstudie zu dem JAK-Hemmer Upadacitinib wurde eine Subanalyse auf das Ansprechen der Therapie bei Patient:innen mit mittelschwerem bis schwerem MC mit Fisteln und Fissuren untersucht. Zur Woche 12 zeigte sich ein signifikant höheres Ansprechen im Gegensatz zur Placebo-Gruppe (externes Verschließen der Fisteln: 20,8 %; Sistieren der Fistelresektion: 47,7 %; Abheilen von Fissuren: 54,3 %). In dieser Subanalyse zeigt Upadacitinib ein gutes Wirksamkeitsprofil zur Behandlung von Fisteln und Fissuren bei Patient:innen mit MC und somit eine vielversprechende Erweiterung der bis jetzt bestehenden Therapiemöglichkeiten. Aus der Gruppe der Biologika hat Risankizumab, ein selektiver Il-23-Antagonist, jüngst die Zulassung für die Therapie des MC erhalten. Diese spannende Substanz zeichnet sich durch ein gutes Sicherheitsprofil bei sehr belastbaren Wirkdaten aus. Insbesondere die erhaltene Effektivität bei mit Biologika vortherapierten Patient:innen, aber auch die stabilen Wirkdaten über alle Schweregrade der Erkrankung hinweg erscheinen vielversprechend. Die entsprechenden Daten wurden beim diesjährigen ECCO präsentiert.
Seit der Publikation der SONIC-Studie im Jahr 2010 ist die Kombinationstherapie aus Immunmodulator und TNF-alpha-Blocker zum Standard geworden. Bei den richtigen Patient:innen angewandt, ist hierdurch ein bedeutender Mehrwert an Effektivität im Vergleich zu den jeweiligen Einzelsubstanzen zu erzielen. Bald war aber auch klar, dass hiermit die Gläserne Decke zumindest vorläufig erreicht war. Es folgten mehrere Neuzulassungen in und außerhalb der Klasse der TNF-alpha-Blocker, letztlich blieben aber viele Patient:innen insbesondere für die ehrgeizige Zielvorgabe der vollständigen Mukosaheilung unerreichbar.
Gerade diese therapierefraktären Patient:innen, aber auch jene mit assoziierten immunmediierten Erkrankungen, wie beispiels-weise einer axialen Spondylarthropathie, könnten mit maßgeschneiderten Kombinationstherapien möglicherweise treffsicherer behandelt werden. Lange galt aber das auf rheumatologischen Daten basierende Dogma, auf Grund der nicht vorhersehbaren potenziellen Nebenwirkungen keine biologischen Antikörper zu kombinieren. Neue Studienansätze untersuchen nun solche Kombinationstherapien, beispielsweise die Kombination aus IL-23-Antagonisten und TNF-alpha-Blockern. Erste Daten erscheinen auch hier vielversprechend, besorgniserregende Signale seitens des Nebenwirkungsprofils sind bislang ausgeblieben.
Die bereits zugelassenen Therapiemöglichkeiten, der Ausblick auf die neuen Präparate sowie laufende Studien zur Kombinationstherapien ermöglichen nicht nur den Patient:innen neue Optionen, sondern machen auch die CED zu einem der spannendsten klinischen Forschungsgebiete.