Der Verlust der Östrogenproduktion während der Perimenopause ist assoziiert mit dem Auftreten diverser klimakterischer Symptome, allen voran der vasomotorischen Beschwerden, also Hitzewallungen mit Schweißausbrüchen. Bis zu drei Viertel aller Frauen im Alter über 50 Jahre berichten über klimakterische Beschwerden, die auch mit einer Verringerung der Lebensqualität verbunden sind.1−3 Die klassische Therapie solcher Symptome mittlerer und hoher Intensität besteht in der menopausalen Hormontherapie (MHT), die meistens eine Kombination aus Östrogen und Progestin beinhaltet. Diese Therapieoptionen bringen allerdings – je nach Risikofaktoren der behandelten Frau und der genauen Zusammensetzung der MHT – spezifische Risiken mit sich, zu denen unter anderem venöse Thromboembolien, koronare Herzerkrankung, Schlaganfälle und Brustkrebs zählen.4 Obwohl diese Risiken bei korrekter Anwendung nur moderat bis minimal sind, stehen viele Frauen der MHT sehr kritisch gegenüber und möchten lieber auf Hormone verzichten. Außerdem existieren mehrere medizinische Umstände, bei denen eine MHT relativ oder absolut kontraindiziert ist.4 Aus all diesen Überlegungen heraus wird klar, dass nichthormonelle Therapiealternativen klimakterischer Beschwerden, insbesondere von vasomotorischen Symptomen, wichtig und relevant sind. Zwei neue Präparate, die Neurokinin-Rezeptor-Antagonisten Fezolinetant und Elinzanetant, sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden.
Die allgemeinen Überlegungen zur Entstehung der vasomotorischen Beschwerden beinhalten eine Einengung der thermoneutralen Zone.6 Bereits im Jahr 1979 wurde die Beobachtung gemacht, dass Hitzewallungen mit dem Auftreten von LH-Pulsen einhergehen.7,8 Diese Ergebnisse sowie neuere Forschung legen eine Beteiligung neuroendokriner Mechanismen nahe. Neurokinin-(NK-)Rezeptoren werden aktiviert von NK A, NK B und der Substanz P (ein Ligand für den NK1-Rezeptor).9 Aufgrund der Kolokalisation mit Kisspeptin, NK B und dem opioiden Neuropeptid Dynorphin (Dy) wird die betreffende Gruppe hypothalamischer Neuronen „KNDy“-Neuronen genannt. Diese KNDy-Neuronen spielen eine Rolle in der Regulation reproduktiver Prozesse über den GnRH-Rezeptor.10, 11 Interessanterweise ist eine hypothalamische Hypertrophie bei postmenopausalen Frauen begleitet von einer Überexpression von NK B, SubstanzP und Kisspeptin.12, 13 Die KNDy-Neuronen projizieren zur präoptischen thermoregulatorischen Zone, die NK3-Rezeptoren exprimiert.14 Gemeinsam mit der Beobachtung, dass eine intravenöse NK-B-Gabe zu Hitzewallungen führt15, ergibt sich die pathophysiologische Rationale zur Anwendung von NK-Rezeptor-Antagonisten bei der Behandlung klimakterischer Hitzewallungen.
Fezolinetant ist ein NK3-Rezeptor-Antagonist, dessen Wirksamkeit in zwei Phase-II-Studien bewiesen wurde.16, 17 In den darauf folgenden placebokontrollierten, randomisierten Phase-III-Studien (SKYLIGHT 1 und SKYLIGHT 2) konnte gezeigt werden, dass beide schlussendlich evaluierten Dosen, nämlich die tägliche orale Einnahme von 30 mg und 45 mg Fezolinetant, die Häufigkeit und den Schweregrad von vasomotorischen Symptomen deutlich verringern.18, 19 Obwohl die primären Studienendpunkte nach 4 und 12 Wochen evaluiert wurden, war eine signifikante Verbesserung der Symptomlast bereits nach sieben Tagen der Anwendung sichtbar. Damit verbunden waren signifikante Verbesserungen der Lebensqualität gemessen am „MENQOL“-Fragebogen18,19 und eine Verbesserung der Schlafqualität mit der 45-mg-Dosierung nach 12 Wochen Anwendung in einer der beiden Studien.19 Die Verringerung der Häufigkeit und des Schweregrades der vasomotorischen Symptome blieb über den 52-wöchigen Behandlungszeitraum konstant erhalten.18
Die häufigsten Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen, Übelkeit und Mundtrockenheit.18, 19 Zu den wenigen schweren Nebenwirkungen zählten Einzelfälle mit Erhöhung der Lebertransaminasen18, 19, die auch in der 52-wöchigen Sicherheitsstudie beobachtet wurden.20 Von knapp 900 Frauen, welche die gesamte Studiendauer abschlossen, traten bei 8 Frauen in der 30-mg-Fezolinetant-Gruppe und bei 12 Frauen in der 45-mg-Fezolinetant-Gruppe erhöhte Leberfunktionsparameter mit AST-(Aspartat-Aminotransferase-)/ ALT-(Alanin-Aminotransferase-)Werten über dem Dreifachen der Norm auf. Diese Erhöhung der Leberwerte war nach Absetzen des Wirkstoffes rückgängig. Ein Einfluss des Präparates auf die endometriale Gesundheit konnte ausgeschlossen werden.20
Der Wirkstoff ist in seiner 45-mg-Dosierung mittlerweile in Europa zugelassen. Die EMA empfiehlt eine Bestimmung der Leberfunktionsparameter (zumindest ALT, AST und Gesamtbilirubin) vor Therapiebeginn sowie im Monat 1, 2 und 3 danach.
Elinzanetant ist ein kombinierter NK1- und NK3-Rezeptor-Antagonist. Die zusätzliche Antagonisierung des NK1-Rezeptors könnte positive Zusatzeffekte in Bezug auf die Schlafqualität21 und eine Verminderung depressiver Symptome bringen22, was allerdings bisher bei Frauen in der (Post-)Menopause noch nicht belegt ist. Obwohl die großen Phase-III-Studien bereits abgeschlossen sind und laut Medienankündigungen der Firma Bayer sehr gute Ergebnisse zeigen, liegen bislang nur zwei Phase-II-Studien vor: RELENT-123 und SWITCH-124.
Das Sicherheitsprofil von Elinzanetant wurde in der RELENT-1-Studie für verschiedene Dosierungen evaluiert. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse umfassten leichte Schläfrigkeit und Kopfschmerzen, gefolgt von Durchfall und Beckenschmerzen. Die Mehrheit der Frauen, die über Schläfrigkeit berichteten (die immer leicht und häufig intermittierend war), erlebte dieses Symptom nur während der stationären Phase der Studie.23 In der SWITCH-1-Studie führten unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit der Studienmedikation bei etwa 5 % der mit Elinzanetant behandelten Teilnehmerinnen zum Abbruch der Behandlung. Zu den Gründen gehörten QT-Verlängerung und Bradykardie, erhöhte Leberfunktionswerte, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, abdominale Distension, Dyspepsie, Müdigkeit, Depression und Angstzustände sowie Erythema multiforme.24 Bezüglich der Erhöhung von Leberfunktionsparametern fanden sich keine Hinweise auf eine medikationsbedingte Hepatotoxizität.24
Hinsichtlich klinischer Wirksamkeit wurden in der RELENT-1-Studie, in der Elinzanetant/Placebo nur 14 Tage lang verabreicht wurde, in allen Gruppen, zu denen auch die Placebogruppe gehörte, Verbesserungen bei der Häufigkeit, dem Schweregrad und dem Schweregrad-Score der Hitzewallungen sowie bei der Häufigkeit des Aufwachens aufgrund von Nachtschweiß beobachtet. In der zweiten Behandlungswoche waren die Hitzewallungen stärker zurückgegangen als in der ersten Woche. Die durchschnittlichen Verbesserungen waren in den Gruppen mit 150 mg und 300 mg am größten und in den Gruppen mit Placebo und 50 mg am kleinsten.23 In der SWITCH-1-Studie wurde Elinzanetant für 12 Wochen gegeben. Eine signifikante Verringerung der mittleren täglichen Häufigkeit von mittelschweren bis schweren vasomotorischen Symptomen wurde für Elinzanetant im Vergleich zu Placebo bei Dosierungen von 120 mg (Wochen 1, 4 und 12) und 160 mg (Wochen 1 und 4) festgestellt. Bemerkenswert ist, dass sich die Verbesserungen im Laufe der Behandlung tendenziell verstärkten und 4 Wochen nach Absetzen wieder auf den Ausgangswert zurückgingen. Auch die Schlafqualität verbesserte sich signifikant.24Insgesamt sind diese Ergebnisse vielversprechend, die wissenschaftlichen Publikationen der genannten Phase-III-Studien (OASIS-Studien) bleiben noch abzuwarten.
Die neuen NK-Rezeptor-Antagonisten Fezolinetant und Elinzanetant sind neben allen bisher verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten, zu denen unter anderem die MHT und auch Phytoöstrogene gehören, wirksame Behandlungsoptionen für vasomotorische Symptome und Schlafstörungen in den Wechseljahren und stellen für uns Behandler:innen von Frauen mit klimakterischem Syndrom „neue Pfeile im Köcher der Therapieoptionen“ dar. Wir können mit Spannung und Freude auf die kommenden Studienergebnisse zu beiden Substanzen warten, mit denen wir unser jetziges Wissen weiter vergrößern werden können.