Neue zielgerichtete Therapien

Dysregulation des Immunsystems und chronische Inflammation charakterisieren entzündlich rheumatologische Erkrankungen wie Arthritiden, Kollagenosen und Vaskulitiden. Mit zielgerichteten Therapien haben sich für alle entzündlich rheumatologischen Erkrankungen neue Wege für die Behandlung eröffnet, die Patient:innen mit refraktären oder schwer zu behandelnden Krankheitsverläufen Anlass zur Hoffnung geben. Seit der Einführung von Etanercept als erstem Hemmer des Tumornekrosefaktors in die Therapie der rheumatoiden Arthritis haben Biologika und zielgerichtete Therapien, die auf Small Molecule basieren, die Behandlung entzündlich rheumatologischer Erkrankungen revolutioniert.

Aktuelle Entwicklungen bei den Arthritiden

Rheumatoide Arthritis (RA)

Nach dem Siegeszug der verschiedenen Biologika, die erfolgreich proinflammatorische Botenstoffe wie Tumornekrosefaktor (Etanercept, Infliximab, Adalimumab, Golimumab, Certolizumab pegol) oder Interleukin-6 inhibieren (Tocilizumab), B-Zellen depletieren (Rituximab) oder die T-Zell-Kostimulation reduzieren (Abatacept), riefen die Einführung der intrazellulär wirksamen Januskinase-(JAK-)Inhibitoren großen Enthusiasmus hervor. Diese erreichten in Monotherapie mindestens ähnliche Wirksamkeit wie die Biologika und werden als Tablette eingenommen. Aktuell bestehen jedoch Unsicherheiten betreffend die potenziell erhöhten Risiken für kardiovaskuläre Ereignisse und Entwicklung maligner Erkrankungen, die für einzelne Vertreter aus der Klasse der JAK-Inhibitoren berichtet wurde. In aktuellen Publikationen wurde berichtet, dass der Einsatz von Abatacept bei Risikopatient:innen das Auftreten einer RA erfolgreich verhindern bzw. verzögern kann und dass mittels Blinatumomab (BiTE; bispezifischer T-Cell Engager) therapeutische Erfolge bei refraktärer RA erzielt werden können.

Psoriasisarthritis

Noch dynamischer als bei der RA war in den vergangenen Jahren die therapeutische Entwicklung bei der Psoriasisarthritis. Unter Sicherheitsaspekten (siehe oben) werden in den aktuellen Leitlinien die JAK-Inhibitoren zwar zurückgestellt. Mit der IL-17A-, der IL-17A/F-, der IL-12/23- und der IL-23-Blockade haben sich die Therapiemöglichkeiten aber erheblich erweitert, wobei die einzelnen Präparate ihre Stärken im Bereich unterschiedlicher klinischer Manifestationen haben.

Klein- und Großgefäßvaskulitiden

ANCA-assoziierte Vaskulitis (AAV)

Rituximab und Avacopan haben Induktions- und Erhaltungstherapie der ANCA-(Anti-Neutrophile-zytoplasmatische-Antikörper-)assoziierten Vaskulitiden erheblich verändert. Es werden 3 Formen der AAV unterschieden: Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), mikroskopische Polyangiitis (MPA) und eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA; ehemals Churg-Strauss-Syndrom). Rituximab wird sehr erfolgreich in Remissionsinduktion und zum Remissionserhalt verwendet und ersetzt vielfach konventionelle Immunsuppressiva wie z.B. Cyclophosphamid, Methotrexat und Azathioprin. Avacopan, ein C5a-Rezeptor-Antagonist, führt bei der GPA und MPA zur Einsparung von Glukokortikoiden. Mit Mepolizumab, einem IL-5-gerichteten Antikörper, kann die EGPA erfolgreich therapiert werden.

Riesenzellarteriitis (RZA)

Für die RZA wird neben dem bereits zugelassenen IL-6-Inhibitor Tocilizumab voraussichtlich der JAK-Inhibitor Upadacitinib zugelassen werden. Beide Medikamente führen zur Einsparung von Glukokortikoiden und reduzieren die Rezidivzahl. Dennoch bleibt bei der RZA eine hohe medizinische Notwendigkeit, neue Therapien einzuführen, da in klinischen Studien mit Tocilizumab und Upadacitinib der Endpunkt einer anhaltenden Remission nur in ca. 50 % der Fälle erreicht wurde. Mit Secukinumab, einem IL-17-blockierenden Antikörper, wird jedoch ein weiteres Präparat gerade in einer Phase-III-Studie getestet. Sollte die Studie ihre Endpunkte erreichen, ist eine Zulassung für 2026 zu erwarten.

Kollagenosen – in naher Zukunft vielleicht heilbar?

Die spannendsten Entwicklungen spielen sich derzeit im Bereich der Kollagenosen ab. Vielfältige zielgerichtete Therapien werden in klinischen Studien zum Sjögren-Syndrom und bei Myositiden untersucht. Mit Anifrolumab kann ein Antikörper gegen den Typ-I Interferon-Rezeptor erfolgreich zur Therapie des systemischen Lupus erythematodes (SLE) eingesetzt werden.
Am meisten mediale Aufmerksamkeit haben jedoch Ergebnisse von CAR-T-Zell-Therapien bei Kollagenosen hervorgerufen. Diese wurden u.a. von der Erlanger Arbeitsgruppe um Prof. Schett publiziert. CAR-T-Zellen sind körpereigene T-Zellen der Patient:innen, die ex vivo so verändert werden, dass sie einen chimären Antigenrezeptor tragen. Schett et al. benutzen CAR-T-Zellen, die so verändert wurden, dass der eingeführte chimäre Antigenrezeptor gegen CD19 gerichtet ist. Damit binden die veränderten körpereigenen T-Zellen an die verschiedensten Reifungsstufen von B-Lymphozyten und sorgen für eine sehr rasche und vollständige Depletion von B-Zellen, was offensichtlich einen sogenannten Reset des Immunsystems erlaubt. Die bisher damit behandelten therapierefraktären Patient:innen mit SLE, Myositis oder systemischer Sklerose erreichten nach einer einzelnen CAR-T-Zell-Infusion eine anhaltende, therapiefreie Remission, die über mehrere Jahre anhielt. Derzeit ist es noch viel zu früh, das Potenzial dieser Therapie einzuschätzen, da bisher nur sehr wenige Patient:innen in o.g. Indikationen mit CAR-T-Zellen behandelt wurden.