Für die konstante und zeitnahe Überwachung der Aktivität des respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) ist in Österreich das RSV-Netzwerk (ÖRSN) zuständig. Die am Zentrum für Virologie an der MedUni Wien zusammenlaufenden Daten zeigen mittlerweile einen Rückgang der RSV-Aktivität (pos. Rate unter 10 %), jedoch haben die vergangenen Monate eindrücklich bewiesen, welche Engpässe eine entsprechende Krankheitswelle vor allem bei den Hospitalisierungen verursachen kann.
Diesem Thema widmete sich daher auch der diesjährige Österreichische Impftag: Rund 2–3 % der Säuglinge eines Jahrganges müssen aufgrund einer schwer verlaufenden RSV-Infektion stationär behandelt werden, wie Prof.in Dr.in Martina Prelog, Professorin für Pädiatrische Rheumatologie/Spezielle Immunologie an der Universität Würzburg, weiß. Aber auch ältere Personen ab 60 Jahren sind gefährdet und müssen gelegentlich intensivmedizinisch betreut werden.
Das RSV ist ein einzelsträngiges RNA-Virus mit einer doppelschichtigen Lipidhülle, in die verschiedene Glykoproteine eingelagert sind, u. a. das Fusionsprotein (F) und das Adhäsionsprotein (G). Ersteres ist wichtig für die Verbreitung von Zelle zu Zelle, letzteres hat eine wichtige Funktion beim Anlagern an die Schleimhautepithelzelle. Eine Besonderheit dieser Viren ist die Zell-zu-Zell-Übertragung entlang intrazytoplasmatischer Brücken (Synzytien).
Das RSV ist hochkontagiös, wird durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion oder durch direkten Kontakt übertragen, breitet sich von den oberen in die unteren Atemwege aus und kann dort schwere Infekte mit massiver Obstruktion bis hin zu den terminalen Bronchiolen verursachen: Tachypnoe, Hypoxämie und Apnoe sind mitunter die Folge.
Milde Verläufe können auch nur mit Schnupfen oder Husten einhergehen. Am meisten gefährdet sind Säuglinge zwischen sechs Wochen und sechs Monaten, insbesondere Frühgeborene oder solche mit Herz-/Lungenproblemen. Generell ist es jedoch schwierig vorherzusagen, welche Säuglinge schwere Symptome entwickeln und intensivmedizinisch versorgt werden müssen.
Momentan erfolgt bei Frühgeborenen und kleinen Kindern mit gewissen Risikofaktoren eine passive Immunisierung mit monoklonalen Antikörpern gegen Bestandteile des RS-Virus. Palivizumab muss monatlich während der RSV-Saison gegeben werden. Das im Oktober letzten Jahres für den EU-Raum zugelassene Nirsevimab kann einmalig vor der ersten RSV-Saison gegeben werden.
Beide Antikörper sind gegen das erwähnte Fusionsprotein (in der Präfusionskonformation) von RSV gerichtet. Weitere Antikörper sind in Entwicklung.
An der aktiven Immunisierung wird momentan intensiv in verschiedenen klinischen Studien geforscht. Man nutzt dazu auch unterschiedliche Vakzinplattformen:
Vielversprechend sind laut vorläufigen Ergebnissen die mRNA-Technologie, die Vektortechnologie sowie auch proteinbasierte Impfstoffe, wie Prelog erläuterte. In der Vergangenheit nicht funktioniert hat jedenfalls ein formalininaktivierter RS-Virus, also ein Totimpfstoff auf Basis eines ganzen Virus.
Beim Konzept der maternalen Immunisierung greift man die Idee auf, dass mütterliche Antikörper durch die Plazenta zum Kind gelangen („Nestschutz“). Führt man eine Immunisierung im dritten Trimenon durch, wird das Kind durch die von der Mutter gebildeten und an das Kind transferierten Antikörper in den ersten Lebensmonaten geschützt. Es laufen mehrere Studien mit Impfstoffen auf Proteinbasis in unterschiedlichen Stadien, sie zeigen vorläufig ermutigende Zwischenergebnisse. Ein Sub-Unit-Impfstoff (adjuvantiertes Prä-F-Protein) für ältere Erwachsene hat in einer Phase-III-Studie mit 25.000 Proband:innen eine Effektivität von 94,1 % gegen schwere Manifestationen eines RSV-Infektes und eine Gesamtwirkung von 82,6 % gezeigt.
Dieser Impfstoffkandidat wurde bereits bei der EMA zur Zulassung eingereicht und befindet sich aktuell im beschleunigten Zulassungsverfahren. Ebenso bereits in Phase III befindet sich ein Vektor-Impfstoff, der die genetische Information für das Antigen (das Präfusionsprotein) mittels adenoviralen Vektors in den Körper schleust – er ist für ältere Erwachsene gedacht. Vielversprechend sind auch Zwischenergebnisse der Phase-III-Studie des mRNA-Kandidaten für ältere Erwachsene: Der Hersteller gibt aufgrund dieser Daten eine Impfstoff-Effektivität von 83,7 % an.