Neues zu Crohn und Colitis

Mikrobiom und Biologikatherapie

Eine rezente Studie untersuchte in einer prospektiven Kohorte von 80 Patient:innen mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung (CED), die neu auf eine biologische Therapie eingestellt wurden, Veränderungen des intestinalen Mikrobioms und Metaboloms über den Zeitraum von einem Jahr.
Dabei wurden sowohl Unterschiede zwischen den Erkrankungsphänotypen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sowie zwischen CED-Patient:innen und gesunden Kontrollen am Ausgangszeitpunkt als auch Veränderungen über den beobachteten Zeitraum beschrieben. Es kam insbesondere zu einem Anstieg von Gallensäuren und zu einem Abfall bestimmter Fettsäuren – mit Remission assoziiert.
Fazit: Es zeigt sich eine möglicherweise bedeutsame Assoziation von Gallensäureprofilen und Remission bei CED, die auf eine Rolle dieses Stoffwechselweges in der Pathogenese hindeuten.

P540: Longitudinal Dynamics of Gut Microbiome and Metabolome After Biological Therapy in Inflammatory Bowel Diseases

Dünndarm-Crohn: AI in der Kapselendoskopie

Über 2.500 Kapselendoskopieuntersuchungen von Patient:innen mit Morbus Crohn wurden zur Entwicklung eines Convolutional Neural Networks (CNN) zur automatischen Erkennung von Ulzerationen und Erosionen im Dünndarm verwendet. Das Modell konnte diese zu 93,2 % richtig erkennen – mit einer Sensitivität von 90,4 % und einer Spezifität von 93,9 %. Die mittlere Durchlaufzeit pro Untersuchung betrug 29 Sekunden (306 Bilder/Sekunde).
Bedeutung für die Praxis: Die Diagnostik bei Dünndarm-Crohn kann herausfordernd sein. Die Beurteilung von Kapselendoskopiebildmaterial ist langwierig und mit einer geringen Reliabilität verbunden. Dieses Artificial-Intelligence-System ermöglicht in kurzer Zeit reproduzierbare Befunde. Die Differenzialdiagnose zur Genese der Ulzerationen oder Erosionen wird dadurch vorerst nicht vereinfacht.

DOP57: Afonso J et al., Development and validation of a convolutional neural network for the automatic detection of enteric ulcers and erosions in capsule endoscopy: A multicentric study

Colitis ulcerosa: Sicherheitsdaten Tofacitinib

Für diese Auswertung wurden sowohl die Daten des gesamten OCTAVE-Programms als auch der Phase-IIIb/IV-Studie RIVETING analysiert; somit lag die Behandlungsdauer bei bis zu 7,8 Jahren. Daten aus der Rheumatologie legten zuletzt ein erhöhtes Risiko für thromboembolische Ereignisse, für Malignome sowie für schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse (MACE; kardiovaskulärer Tod, nichttödlicher Herzinfarkt oder nichttödlicher Schlaganfall) nahe. In dieser Analyse findet sich im Gegensatz dazu jedoch kein erhöhtes Risiko dafür, lediglich die bereits bekannte Risikoerhöhung für das Auftreten von Herpes Zoster war auch hier erkennbar.
Relevanz für die Praxis: Mit Tofacitinib steht eine sehr schnell wirkende und äußerst effektive Substanz für die Behandlung der Colitis ulcerosa zur Verfügung. Die nun vorliegenden Daten zur Sicherheit relativieren jene aus der rheumatologischen Population.

OP38: Tofacitinib for the treatment of Ulcerative Colitis: An integrated summary of safety data from the global OCTAVE and RIVETING clinical trials; Remo Panaccione, Calgary, Kanada

Einfluss der Muttermilch auf Calprotectin und Mikrobiom

Stillen ist als positiver Faktor für die Reifung der postpartalen intestinalen Mikrobiota bekannt. Die MECONIUM-(Exploring-MEChanisms-Of-disease-traNsmission-In Utero-through-the-Microbiome-)Studie berichtet Ergebnisse zur Zusammensetzung der intestinalen Mikrobiota bei Kindern von Müttern mit aktiver chronisch entzündlicher Darmerkrankung (CED) verglichen mit nicht an CED erkrankten Müttern. Dabei wurden Korrelationen zwischen kindlichem Mikrobiom und Calprotectinspiegeln mit der Abundanz inflammationsassoziierter Proteine der Muttermilch untersucht. Es zeigten sich reduzierte Spiegel von Zytokinen in der Brustmilch, die negativ mit Calprotectinspiegeln der Kinder assoziiert waren (CCL20, TSLP, MMP-1). Weiters wurden assoziierte Unterschiede in der Zusammensetzung des Mikrobioms beschrieben.
Fazit: Unterschiede in der Muttermilch von Frauen mit CED im Vergleich zu gesunden Müttern waren mit Veränderungen der postpartalen Mikrobiomentwicklung und den Calprotectinverläufen der Kinder assoziiert. Dies unterstreicht die Rolle dieser Achse für die Entwicklung des intestinalen Immunsystems.

OP02: The breastmilk proteomics of women with Inflammatory Bowel Disease (IBD) and its impact on fecal calprotectin and microbiota composition in their babies

Chronische Pouchitis: intravenöses Vedolizumab

Die Pouchitis ist ein bekanntes Problem einer ileoanalen Pouchanastomose (IPAA) nach Proktokolektomie infolge einer Colitis ulcerosa. In einer multizentrischen, verblindeten, randomisierten Studie wurde intravenöses Vedolizumab (VDZ) bei chronischer Pouchitis mit Placebo (PBO) verglichen. In die Studie wurden insgesamt 102 Patient:innen eingeschlossen, die 1 : 1 randomisiert entweder 300 mg VDZ oder PBO zu Woche 0, 2, 6, 14, 22 und 30 erhielten. Zusätzlich erhielten alle Patient:innen über die ersten 4 Wochen 500 mg Ciprofloxacin oral. Die modifizierte Pouchitis-Disease-Activity-Index-(mPDAI-)Remissionsrate zu Woche 14 war 31,4 % (n = 16/51) für VDZ verglichen mit 9,8 % (n = 5/51) für PBO (p = 0,013). Signifikant besser schnitt VDZ auch für die mPDAI-Remission zu Woche 34 und für das mPDAI-Ansprechen zu den Wochen 14 und 34 ab. Weiters zeigte sich in der VDZ-Gruppe eine deutlichere Reduktion der endoskopischen Ulzerationen zu den Wochen 14 und 34. Die Rate der unerwünschten Wirkungen (AE) war in beiden Gruppen vergleichbar.
Bedeutung für die Praxis: Mit intravenösem Vedolizumab scheint nun ein wirksames Therapeutikum für die chronische Pouchitis zur Verfügung zu stehen.

OP04: Vedolizumab intravenous is effective across multiple treatment targets in chronic pouchitis: Results of the randomised, double-blind, placebo- controlled EARNEST trial; S. Travis, Oxford, United Kingdom

Morbus Crohn: Anti-TNF-Antikörper am wirksamsten

Die Autor:innen einer Post-hoc-Analyse stellten die Frage, welche Biologikatherapie bei Patient:innen mit Morbus Crohn die höhere Rate an endoskopischer Heilung erzielen kann. Patient:innen, die in diese Auswertung eingeschlossen wurden, mussten zu Studienbeginn eine aktive endoskopische Entzündung aufweisen (zumindest ein ileokolonisches Segment mit SES-CD ≥ 3). Der untersuchte Endpunkt war als die vollständige endoskopische Abheilung (SES-CD = 0) nach einem Jahr Therapie definiert. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass Infliximab und Adalimumab der Therapie mit Vedolizumab bei der Abheilung des Ileums überlegen waren. Den Endpunkt erreichten rund ein Drittel aller mit Anti-TNF-Antikörpern behandelten Patient:innen, in der Vedolizumabgruppe waren es hingegen nur 13 %. Zwischen Vedolizumab und Ustekinumab wurde kein signifikanter Unterschied gefunden. Bei Patient:innen mit Befall des Kolons waren ebenfalls die Anti-TNF-Antikörper überlegen. Mehr als 60 % aller Patient:innen, die mit Infliximab behandelt wurden, erreichten eine endoskopische Remission. Die Ergebnisse für die Medikamentenvergleiche waren für biologikanaive und -vorbehandelte Patient:innen ähnlich.
Fazit: Die vorliegende Studie liefert zusätzliche Evidenz, dass Anti-TNF-Antikörper weiterhin die wirksamste Therapie für Patient:innen mit Morbus Crohn zu sein scheinen. Als Limitation muss erwähnt werden, dass es sich bei dieser Studie um eine Post-hoc-Analyse handelt und dass in die hier analysierten Studien nicht vollständig vergleichbare Patient:innenkohorten eingeschlossen wurden.
OP10: Comparative efficacy of biologics for endoscopic healing of the ileum and colon in Crohn’s Disease

Erstveröffentlichung online 02/2022 unter www.medmedia.at/congress-x-press/ecco