Opioide: differenzierte Therapie bei Komorbiditäten

Mit steigendem Alter nimmt die Häufigkeit von chronischen Schmerzerkrankungen zu. Der Einsatz von Opioden im Low-Dose-Bereich bewirkt hier eine deutliche Verbesserung im Bereich Schmerzintensität, Bewegungsfähigkeit sowie Lebensqualität. Zur Erhöhung der Compliance und Sicherheit müssen bei der Einstellung auf Opioide Begleiterkrankungen erfasst werden. Zudem sollte gemeinsam mit Patient:innen ein klares Therapieziel vereinbart werden.

Die Auswahl des richtigen Opioids

Opioide der Stufe II nach dem WHO-Schema sind Tramadol (bis 600 mg/d), Tapentadol (500 mg/d) sowie niedrige Dosierungen der Stufe-III-Opioide Hydromorphon (unter 4 mg/d), Buprenorphin (unter 35 µg/h), Morphin (unter 30 mg/d) und Oxycodon (unter 20 mg/d). Diese Opioide sollten bei opioidnaiven Patient:innen mit mittelschweren Schmerzen (numerische Rating-Skala, NRS 5–7), die auf Metamizol, Paracetamol oder NSAR nur ungenügend ansprechen, zusätzlich oral gegeben werden.

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„Der gezielte Einsatz von Opioiden führt zu einer relevanten Verbesserung von Schmerz, Funktionalität und Lebensqualität.“

A. o. Univ.-Prof.in Dr.in Sabine Sator

Interim. Leiterin der Klinischen Abteilung für Spezielle Anästhesie und Schmerztherapie, Medizinische Universität Wien

Tramadol ist eine Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Hemmer mit antidepressiver Wirkung und muss bei Nieren- und Leberinsuffizienz um bis zu 50–75 % reduziert werden (Tab.). Zudem gilt es bei Patient:innen mit Tramadol bei der Verschreibung von MAO-Hemmern und SSRIs aufgrund eines möglichen serotonerges Syndroms aufzupassen. Da Tramadol einen dualen Wirkmechanismus hat, ist es auch bei neuropathischen Schmerzen wirksam.

Morphin

1985 stand Morphinsulfat erstmals als retardiertes Opioid der WHO-Stufe III für die Behandlung mittelschwerer (NS 5–7) und starker (NRS 8–10) Schmerzen zur Verfügung. Seither wurden etliche Retard-Opioide zugelassen, die zum Teil weniger Nebenwirkungen haben und zudem stärker analgetisch wirken. Morphin ist nach den WHO-Empfehlungen trotzdem Opioid der ersten Wahl, da es das am besten untersuchte Opioid und Referenzsubstanz ist. Morphin ist als Tablette und Granulat verfügbar, was insbesondere bei Schluckbeschwerden hilfreich sein kann. Laut EAPC-Empfehlungen sind Oxycodon und Hydromorphon gleichwertige Alternativen, wobei Oxycodon ein höheres Abhängigkeitspotenzial als Morphin hat. Beide Opioide gibt es in oraler Form. Hydromorphon-Kapseln kann man öffnen und der PEG-Sonde zuführen. Zudem ist es bei nieren- und leberinsuffizienten Patient:innen praktisch, da es keiner Dosisanpassung bedarf.

Opioidhaltige Schmerzpflaster

Besondere Compliance-Verbesserung stellen transdermale Systeme mit Buprenorphin oder Fentanyl dar, die es von Buprenorphin bereits in niedrigen Dosierungen (5, 10 und 20 µg/h) als Wochenpflaster gibt. Buprenorphin ist Mittel der Wahl bei Leber- und Niereninsuffizienz, da es keiner Dosisanpassung bedarf. Zusätzlich ist die Langzeitanwendung unproblematisch. Pflastersysteme können für die Langzeitanwendung bei Nicht-tumorschmerz verwendet werden, falls Schluckbeschwerden, ein Passagenhindernis im Gastrointestinaltrakt oder therapieresistentes Erbrechen vorliegen. Bei transdermalen Systemen wird die Resorption durch starkes Schwitzen entweder unterbrochen oder beschleunigt. Dies tritt häufig bei Fieber oder im Zuge von Saunabesuchen auf. Bei stark kachektischen Patient:innen mit geringem Unterhautfettgewebe ist die Wirksamkeit oft reduziert. Opioide der Stufe II und III sollten je nach Schmerzmechanismus mit Nichtopioidanalgetika und/oder Koanalgetika (Antidepressiva, Antikonvulsiva) kombiniert werden, um den analgetischen Effekt zu verstärken und Opioide einzusparen.

Compliance und Sucht

Bei einer Opioidbehandlung gilt es insbesondere auf sicherheitsrelevante Themen wie etwa Suchtproblematik und weitere Nebenwirkungen zu achten. Vor der Therapieplanung und der Auswahl des geeigneten Opioids sollten deshalb Komorbiditäten der Patient:innen miteinbezogen werden. Durch eine ausführliche Aufklärung über zu erwartende Wirkungen und mögliche Nebenwirkungen können sowohl Sicherheit als auch Compliance der Patient:innen während einer Opioidtherapie verbessert werden.

Praxismemo
  1. Opioide haben im Vergleich zu Nichtopioidanalgetika eine geringere Organtoxizität in Bezug auf Leber, Niere und Herz-Kreislauf-System.
  2. Fentanyl und Buprenorphin sind in schnell wirksamer sublingualer Darreichungsform erhältlich.
  3. Stufe-II- und -III-Opioide sollten je nach Schmerzmechanismus mit Nichtopioidanalgetika und/oder Koanalgetika kombiniert werden.