Ordinationsmieten und Umsatzsteuer

Bei der Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten (dazu zählen auch Arztpraxen) war es bisher so, dass der Vermieter entscheiden konnte, ob er die Miete ohne Umsatzsteuer (gesetzlich vorgesehene unechte Umsatzsteuerbefreiung) vorschreibt oder beim Finanzamt eine Option zur Umsatzsteuerpflicht vorlegt. Sofern die Miete ohne Umsatzsteuer vorgeschrieben wird, hat der Vermieter keine Möglichkeit, Vorsteuern, die durch Sanierungen, Reparaturen etc. entstehen, geltend zu machen.
Sofern die Miete mit Umsatzsteuer (20%) vorgeschrieben wird, ist die Umsatzsteuer vom Vermieter an das Finanzamt abzuführen, andererseits können die bei Sanierungen, Reparaturen etc. anfallenden Vorsteuern vom Finanzamt zurückgeholt werden. Die Vorschreibung von 20% Umsatzsteuer wurde in der Praxis häufig durchgeführt, da einerseits der Vorsteuerabzug ein großer Vorteil und der Verwaltungsaufwand beispielsweise eines im Besitz eines Vermieters stehenden Zinshauses enorm ist, wenn Unterschiede bei der umsatzsteuerlichen Behandlung gemacht werden.
Mietverträge für Geschäftsräumlichkeiten, die vor dem 1. September 2012 begonnen haben, unterliegen weiterhin der Regelung alt. Bei der Vermietung von Objekten zu Wohnzwecken kommt es zu keiner Änderung. Diese unterliegen wie bisher der zehnprozentigen Umsatzsteuer. Der Vermieter hat das Recht auf den vollen Vorsteuerabzug.

 

Regelung neu

Der Vermieter hat bei allen ab 1. September 2012 beginnenden Mietverhältnissen (das ist nicht zwingend der Vertragsabschluss) nicht mehr in allen Fällen eine Optionsmöglichkeit hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Mietobjekten. Bei Mietverträgen, die mit Unternehmen abgeschlossen werden, deren Tätigkeit unecht von der Umsatzsteuer befreit ist, besteht seitens des Vermieters keine Optionsmöglichkeit mehr. Die Miete ist netto, also ohne Umsatzsteuer, vorzuschreiben.
Unecht steuerbefreite Tätigkeiten sind beispielsweise jene von Ärzten, Banken und Versicherungen, Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie von Unternehmern, die von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen (Umsatz maximal 30.000 Euro pro Jahr).
Durch den damit verbundenen nicht mehr möglichen Vorsteuerabzug ist anzunehmen, dass die Vermieter die nunmehr vorzuschreibenden Nettomieten auf die ehemaligen Bruttomieten anpassen werden. Durch die unterschiedliche Behandlung von Mietobjekten steigt der Verwaltungsaufwand vor allem für die Hausverwaltungen enorm an.

 

Sonderregelung beiselbst errichteten Gebäuden

Sofern der Vermieter das zu vermietende Gebäude selbst errichtet und die Errichtung vor dem 1. September 2012 zumindest begonnen wurde, kann auch bei neu abzuschließenden Mietverträgen nach diesem Datum die Regelung alt angewendet werden.

 

Was bedeuten diese Änderungen für den Arzt?

Der Arzt konnte sich die bisher vorgeschriebene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer vom Finanzamt zurückholen, sodass die Bruttomiete als Betriebsausgabe in seiner Einnahmen-Ausgaben-Rechnung enthalten war. Sollte es zum Neuabschluss eines Mietvertrages kommen, ist nach der Regelung neu nur die Nettomiete vorzuschreiben. Wie bereits erwähnt, ist anzunehmen, dass die Vermieter diese eventuell an die bisherige Bruttomiete anpassen werden, um den verlorenen Vorsteuerabzug zu einem gewissen Teil ausgleichen zu können. Insofern wird sich bei der Höhe der Betriebsausgaben des Arztes nicht viel ändern.
Sofern der Vermieter in der Zukunft hohe Investitionen bei einem Mietobjekt plant, bei dem auch ein großer Betrag an Vorsteuern anfällt, könnte es sein, dass der Vermieter Ärzte als Mieter ablehnt, um nicht auf den Vorsteuerabzug verzichten zu müssen. Dies könnte dazu führen, dass es für Ärzte schwieriger wird, Ordinationsräumlichkeiten zu mieten.