Personalisierte Refluxbehandlung

Etwa 20 % der westlichen Bevölkerung leiden laut Montreal-Kriterien an einer gastroösophagealen Refluxerkrankung (GERD). Der chronisch pathologische Rückfluss von Mageninhalten in die Speiseröhre führt einerseits zu unterschiedlich stark ausgeprägten ösophagealen (Sodbrennen, Regurgitation und Hernienschmerzen) und extraösophagealen Symptomen (Laryngitis, Zungenbrennen, Husten, Asthma) und andererseits zu komplizierenden Veränderungen der Speiseröhre (Strikturen, Barrett-Ösophagus oder Blutungen), des HNO-Bereiches oder des oberen Respirationstraktes. Hauptursache für das Auftreten einer GERD ist ein Defekt der sogenannten Anti-Reflux-Barriere, die aus 3 Komponenten besteht. Neben dem intrinsischen unteren Ösophagussphinkter (LES) sind der diaphragmale Sphinkter (hauptsächlich der rechte Zwerchfellschenkel) und die Hill-Klappe für die Anti-Reflux-Barriere verantwortlich. Ein Defekt einer oder mehrerer dieser Teilbereiche führt zum pathologischen Reflux.

Behandlung umfasst 3 Säulen

Zur Behandlung der GERD stehen prinzipiell 3 Säulen zur Verfügung:

  • Lifestyle-Adaptationen (z. B. Kohlenhydratreduktionsdiäten, Schlafpositionsadaptationen oder auch Reduktion gewisser refluxfördernder Nahrungsmittel)
  • medikamentöse Therapie mit Säureblockern (Protonenpumpeninhibitoren [PPI], H2-Blocker und jetzt neu – kalium-kompetitive Säureblocker, Antazida und Alginate)
  • Die Anti-Reflux-Chirurgie, die in endoskopische und laparoskopische Eingriffe eingeteilt werden kann und deren Goldstandard die laparoskopische Fundoplikation mit ihren vielen Variationen darstellt.

In den letzten Jahren hat es im Bereich der operativen Refluxtherapie zahlreiche technologische Entwicklungen gegeben. Diese neuen Techniken zielten auf eine bessere Standardisierung, eine deutliche Vereinfachung des Eingriffes und eine Reduktion typischer postoperativer Nebeneffekte ab, worauf im Folgenden genauer eingegangen wird.

Chirurgische Behandlungsansätze

Das Grundkonzept aller sowohl endoskopischen als auch laparoskopischen Anti-Reflux-Operationen besteht immer in der Wiederherstellung einer oder mehrerer defekter Anti-Reflux-Komponenten.

Endoskopische Ansätze

Bei der so genannten Stretta-Radiofrequenztherapie bewirkt thermische Energie mit dem endoskopischen Stretta-Gerät eine Fibrose und Einengung des LES, die zu einer Reduktion der Anzahl der Refluxe führen soll. Einige vergleichende Studien mit dem Goldstandard Fundoplikation haben sehr vielversprechende Ergebnisse gezeigt, allerdings nur bei Patient:innen ohne oder mit sehr kleinen Hiatushernien, deutlich reduziertem LES-Druck und guter Ösophagusmotilität. Sehr ähnlich ist sowohl der Wirkmechanismus als auch der erzielte Effekt der Anti-Reflux-Mukosektomie (ARMS). Hier wird durch eine gezielte Abtragung der Mukosa der unteren Speiseröhre eine Einengung und somit bessere Anti-Reflux-Barriere geschaffen.

Eine weitere endoskopische Anti-Reflux-Methode stellt die Vollwandplikation dar. Hier ist die endoskopische transorale inzisionslose Fundoplikation (TIF) am besten untersucht. Diese seit 2005 im Einsatz befindliche Methode schafft es endoskopisch, den sogenannten His-Winkel durch eine teilweise Fundoplikation wiederherzustellen. Metaanalysen auch teilweise sehr großer Studien ergaben, dass die TIF zu erheblichen Verbesserungen der Säureexposition der Speiseröhre, zur Reduktion der PPI-Nutzung und zur Verbesserung der Lebensqualität führt. Allerdings ist diese in objektiven Parametern wie Erhöhung des Druckes der Anti-Reflux-Barriere oder der Ausheilung der höhergradigen Ösophagitis wie auch der Langzeitsymptomkontrolle der laparoskopischen Fundoplikation unterlegen. Auch diese Methode ist ausschließlich Patient:innen ohne Zwerchfellhernien und sogenannte frühe Refluxerkrankung vorbehalten.

Laparoskopische Ansätze

Von den derzeit zur Verfügung stehenden laparoskopischen Techniken sind einerseits die Implantation des magnetischen Sphinkters (LINX), bei dem eine individuell angepasste Titankette um den LES implantiert wird, nachdem der Zwerchfellbruch wie auch bei der Fundoplikation verschlossen wird, und andererseits die RefluxStopTM-Methode, bei dem nach Zwerchfellverschluss und Teilfundoplikation ein kleiner Silikonball zur „Stabilisierung“ in den Magenfundus implantiert wird, zu erwähnen. Beide Methoden konnten sowohl zu einer deutlichen Standardisierung des Eingriffes als auch zu einer Reduktion direkter postoperativer Nebenwirkungen führen. Für die LINX-Methode stehen uns bereits Langzeitdaten zur Verfügung, die diese Ergebnisse auch nach 15 Jahren bestätigten; bei der RefluxStopTM-Methode zeigten 5-Jahres-Ergebnisse eine gewisse Konstanz. Positiv zu bewerten ist sicherlich die Tatsache, dass beide Methoden die gesamte Anti-Reflux-Barriere behandeln. Kritisch zu hinterfragen ist, dass auch wenn 2 große randomisiert kontrollierte Studien auf dem Weg sind, keine hochwertigen vergleichenden Studien mit der laparoskopischen Fundoplikation veröffentlicht sind.

Die Refluxtherapie befindet sich sicherlich im Wandel, und gerade im der Bereich Anti-Reflux-Chirurgie haben viele Innovationen in den letzten Jahren zu einer berechtigten Renaissance dieser geführt. Kommende Schritte werden sicherlich eine noch genauere Definition und Differenzialdiagnostik der GERD, eine exaktere Therapieindikation und im Bereich der Anti-Reflux-Chirurgie eine individualisierte Herangehensweise sein. Ganz sicher kann die Behandlung der GERD für unsere Patient:innen nur interdisziplinär, spezialisiert und evidenzbasiert erfolgreich sein.