Der Cimicifugawurzelstock (Cimicifugae rhizoma) besteht aus dem getrockneten Rhizom und der Wurzel von Actaea racemosa L. (Cimicifuga racemosa [L.] NUTT.).
Diese Nomenklatur kam zustande, weil die Traubensilberkerze vor einigen Jahren aufgrund genetischer Untersuchungen zur Gattung Actaea gestellt wurde. Die in Nordamerika heimische Traubensilberkerze gehört somit derselben Gattung an wie das hierzulande verbreitete Ährige Christophskraut. Die Bezeichnung der Arzneidroge selbst blieb allerdings unverändert.
Die Heimat der Traubensilberkerze ist das zentrale und östliche Nordamerika. Sie bevorzugt schattige Laubwälder in Höhenlagen von 0 bis 1.500 Meter. Die krautige Pflanze erreicht Wuchshöhen von 0,75 bis 2,5 Meter. Die Blütezeit liegt zwischen Juni und September. Der rispige Gesamtblühstand setzt sich aus mehreren 10 bis 60 cm langen, relativ schmalen traubenähnlichen Teilblühständen zusammen. Die eigentlichen Blüten sind relativ klein. Die etwa drei Millimeter kleinen weißen Kronblätter fallen meist sofort nach dem Aufb lühen ab. Ihr charakteristisches Aussehen verleihen der Blüte die zahlreichen Staubblätter mit weißen, 5 bis 10 Millimeter langen Staubfäden und Staubbeuteln.
Die Pflanze bildet 5 bis 10 Millimeter lange eiförmige Balgfrüchte aus, welche die Samen enthalten. Diese bleiben auch lange nach der Fruchtreife noch auf den vertrockneten Blütenständen. Die ca. 30 Arten der erweiterten Gattung Actaea werden in verschiedene Sektionen unterteilt, wobei Vertreter der Sektion Actaea durch Beerenfrüchte charakterisiert sind, jene der Sektion Cimicifuga durch Balgfrüchte.
Das Geräusch, das entsteht, wenn der Wind die Stängel mit den trockenen Fruchtständen gegeneinanderschlägt, soll ähnlich wie das Klappern von Klapperschlangen klingen. Das soll auch die Erklärung für die Bezeichnung „snake root“ (Schlangenwurzel) sein. Eine andere mögliche Erklärung für diese Bezeichnung ist die traditionelle Anwendung bei Schlangenbissen. Im angloamerikanischen Sprachraum wird für die Traubensilberkerze heute der Name „black cohosh“ verwendet.
Die im deutschen Sprachraum gebräuchliche Bezeichnung „Wanzenkraut“ soll darauf beruhen, dass Insekten die Pfl anze wegen ihres strengen Geruchs meiden (cimicifuga: lat. cimex = Wanze, fugare = in die Flucht schlagen, vertreiben; racemus = Traube).
In Nordamerika wird die Traubensilberkerze traditionell von verschiedenen indigenen Stämmen medizinisch genutzt. Diese Verwendung wurde auch sehr früh von den europäischen Siedler:innen übernommen. Bereits im frühen 19. Jahrhundert wurde eine Monografie ins US-Arzneibuch aufgenommen. Zu den überlieferten traditionellen Anwendungen zählen das Abkochen der unterirdischen Organe bei Frauenleiden, geistigen und körperlichen Schwächezuständen, Atemnot, Rachenentzündungen und Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis.
Auch in der Traditionellen Chinesischen Medizin spielen Actaea-Arten eine Rolle, hinter der Bezeichnung „Sheng Ma“ verbergen sich z. B. Actaea heracleifolia, A. dahurica und A. foetida. Die Indikationen gemäß TCM betreffen Exantheme und Geschwüre von Haut und Schleimhäuten.
Der Cimicifugawurzelstock enthält einen Wirkkomplex, in dem sich vor allem die Triterpenglykoside als wirksamkeits bestimmend erwiesen haben. Die Droge enthält bis zu 7 % davon, im Europäischen Arzneibuch ist ein Gehalt von mindestens 1 % gefordert. Das Triterpengemisch enthält u. a. Cycloartanderivate, die mit D-Xylose oder L-Arabinose glykolisiert sind. Die bekanntesten Vertreter sind Actein und 26-Deoxyactein. Weiters konnten Phenolkarbonsäuren (Kaffee-, Ferula-, Isoferulasäure), Phenylpropanoide wie Hydroxyzimtsäureester der Fukia- und Piscidiasäure wie z. B. Fukinolsäure, Cimicifugasäuren A, B, E, D u. a. sowie Zytisin, Methylzytisin, Guanidinalkaloide nachgewiesen werden.
Die Extrakte aus dem Cimicifuga-racemosa-Wurzelstock haben eine „estrogenartige“, osteoprotektive und antiproliferatorische Wirkung. Der Einsatz bei klimakterischen Beschwerden erklärt sich durch die selektive Modulation der Östrogenrezeptoren (SERM). Dadurch kommt es zu einer östrogenagonistischen Wirkung auf das zentrale Nervensystem, aber zu einer östrogenantagonistischen Wirkung auf das Brustdrüsengewebe.
Endometrium und Uterusschleimhaut reagieren normal. Da im Gegensatz zur Hormonersatztherapie kein erhöhtes Risiko für Uterus- und Brustkrebs besteht, wird der Extrakt zur Therapie von klimakterischen Symptomen empfohlen. Besonders gut sprechen Frauen in den frühen Wechseljahren mit Symptomen wie Hitzewallungen, Müdigkeit, Schlafstörungen und Nervosität auf den Extrakt an. Eine Behandlung sollte bei Auftreten der ersten Anzeichen begonnen werden.
Was die Nebenwirkungen betrifft, gibt es Berichte über lebertoxische Reaktionen, allerdings ist nicht bekannt, in welcher Häufigkeit diese auftreten. Weitere unerwünschte Wirkungen waren Hautreaktionen, Gesichtsschwellungen und gastrointestinale Beschwerden wie dyspeptische Beschwerden und Durchfall.
Erwähnenswert ist, dass ein Cochrane- Report aus dem Jahr 2013, der alle Vollpublikationen von 2000 bis 2012 berücksichtigte, zeigen konnte, dass nur die standardisierten geprüften und zugelassenen Arzneimittel Evidenz und somit ein positives Nutzen-Risiko-Profil zeigten.