Zwei pflanzliche Drogen zeichnen sich durch die Häufigkeit aus, mit der entsprechende Präparate bei gynäkologischen Beschwerden verschrieben werden: die Früchte des Mönchspfeffers (hauptsächlich bei PMS) und das Rhizom der Traubensilberkerze (hauptsächlich bei Beschwerden in den Wechseljahren).
Das PMS umfasst eine Vielzahl von Beschwerden und Symptomen, darunter Spannungsgefühl in den Brüsten, Unterleibsschmerzen, Verdauungsbeschwerden, aber auch Stimmungsschwankungen, Müdigkeit, Reizbarkeit und Depressionen. Es wird geschätzt, dass bis zu 3 von 4 menstruierenden Frauen unter dem PMS leiden.1
Die Wirkungsweise von Agnus-castus-Früchten ist noch nicht vollständig geklärt. Inhibitorische Einflüsse auf die Prolaktinfreisetzung und dopaminagonistische Wirkungen wurden von verschiedenen Arbeitsgruppen beobachtet. Darüber hinaus gibt es einige Hinweise zur β-Endorphin-ähnlichen Aktivität (möglicherweise über die Bindung von μ-Opiatrezeptoren). Wegen der möglichen dopaminergen und östrogenen Wirkung von Agnus-castus-Früchten können Wechselwirkungen mit Dopamin-Agonisten, Dopamin-Antagonisten, Östrogenen und Antiöstrogenen völlig ausgeschlossen werden.2
Die Wirksamkeit verschiedener Mönchspfefferprodukte wurde in mehr als 20 klinischen Studien untersucht. Von diesen erfüllten allerdings nur drei doppelblinde, placebokontrollierte und randomisierte Studien mit insgesamt 520 Frauen die Qualitäts- beziehungsweise Einschlusskriterien einer kürzlich veröffentlichten Metaanalyse. Diese Metaanalyse zeigte die Überlegenheit von Mönchspfefferpräparaten gegenüber Placebo bei der Behandlung von PMS (RR 2,57, 95%-KI 1,25–4,35), das heißt, bei Frauen, welche die Mönchspfefferpräparate einnahmen, war die Wahrscheinlichkeit einer Remission ihrer Symptome 2,57-mal höher als bei Frauen, die ein Placebo bekamen.
Alle Subgruppenanalysen ergaben ähnliche Schlussfolgerungen. Höhere Dosen im Vergleich zu niedrigeren Dosen waren wirksamer, jedoch konnte bei allen Untergruppen eine höhere Wirksamkeit erzielt werden als in den Placebogruppen.3
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat den Mönchspfeffer aufgrund der langjährigen Anwendung als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft („traditional use“). Eine spezielle Zubereitung von Vitex agnus-castus erfüllte aber die Anforderungen einer gut etablierten Anwendung („well-established use“). Dabei handelte es sich um einen Trockenextrakt (DER 6–12 : 1; Extraktionslösungsmittel: Ethanol 60 %), der in einer Dosierung von 20 mg täglich eingesetzt wird. Insgesamt werden Mönchspfefferpräparate von der EMA als sichere und gut verträgliche Behandlung von PMS angesehen.
Mindestens drei Monate sollte die Anwendungsdauer beim prämenstruellen Syndrom betragen, bei längerer Anwendung sollte laut EMA allerdings ein ärztlicher Rat eingeholt werden.4
Beschwerden während des Klimakteriums sind Hitzewallungen und Schweißausbrüche, Schlaflosigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen und Schleimhautveränderungen, aber auch psychische Beschwerden, wie depressive Verstimmung, Reizbarkeit und Nervosität. Zu den langfristigen Auswirkungen zählt man die Osteoporose und ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.5
Bis zur Jahrtausendwende gehörte die Einnahme eines synthetischen Hormonersatzpräparates zur „State of the Art“-Behandlung von Wechselbeschwerden. Die Ergebnisse der WHI-(Women Health Initiative-)Studie führten allerdings zu einem weltweiten Umdenken betreffend Hormonsubstitution, und pflanzliche Wirkstoffe kommen seither zunehmend zum Einsatz.6
Zur Linderung von Wechselbeschwerden wird eine Vielzahl von Heilpflanzen eingesetzt, wie zum Beispiel Salbei, Melisse, Baldrian, Hopfen, sibirischer Rhabarber, Johanniskraut, Passionsblume; allerdings ist die Studienlage zum Einsatz bei Wechselbeschwerden teilweise eher dünn.
Häufig werden auch Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt, die Extrakte aus der Sojabohne, aus dem Rotklee oder angereicherte Isoflavone enthalten. Für diese Präparate existieren zwar unzählige Studien, allerdings sind sie aufgrund der Verschiedenheit der Extrakte und untersuchten Kohorten schwer vergleichbar.
Die Traubensilberkerze ist in den Wäldern Nordamerikas beheimatet. Die Droge besteht aus dem getrockneten, unterirdischen Wurzelstock von Actaea racemosa (AR) beziehungsweise Cimicifuga racemosa. Allein in den letzten 20 Jahren wurden rund 30 klinische Studien mit mehr als 11.000 Patientinnen zur Wirksamkeit der Traubensilberkerze veröffentlicht. Leider wurden hier auch einige Studien mit Produkten ohne Marktzulassung durchgeführt beziehungsweise wurden Zubereitungen von nicht-identifizierten AR-Arten verwendet, sodass die Datenlage etwas inkonsistent ist.7
2017 verlieh die EMA AR-Extrakt-haltigen Arzneimitteln den Status „well-established use“. Dieser Status bezieht sich aber nur auf Trockenextrakte, welche mit Ethanol 58 % (DER: 5–10 : 1), mit Ethanol 60 % (DER 4,5–8,5 : 1) beziehungsweise Propan-2-ol 40 % (DER 6–11 : 1) hergestellt werden. Die empfohlenen Tagesdosen liegen zwischen 5,9 und 6,5 mg. In ihrer Bewertung berücksichtigte die EMA rund 20 klinische Studien mit über 6.000 Patientinnen. Die Ergebnisse dieser Studien zeigen nicht nur, dass Traubensilberkerzen-Präparate zur Behandlung von Beschwerden in den Wechseljahren (wie Hitzewallungen und übermäßiges Schwitzen) verwendet werden können, sondern attestieren Extrakten aus dieser Pflanze auch eine gute bis sehr gute Sicherheit. Trotzdem sollten AR-Präparate nicht länger als 6 Monate ohne ärztliche Beratung verwendet werden.8
Harnwegsinfektionen (HWI) zählen weltweit zu den verbreitetsten Infektionskrankheiten. Betroffen sind überwiegend Frauen, wobei jene in der Menopause überproportional darunter leiden. Hauptverantwortlich sind dabei uropathogene Escherichia-coli-Bakterien (UPEC; > 75 %), andere Keime spielen im Vergleich eine untergeordnete Rolle. Aufgrund der zunehmenden Resistenz der Erreger gegenüber Antibiotika kann nach den neueren Leitlinien bei unkomplizierten HWI als Alternative zur antibiotischen Behandlung die Therapie mit Phytotherapeutika (wie Bärentraubenblätter, Meerrettichwurzel und Kapuzinerkresse) erwogen werden, da diese antibakteriell und Letztere auch antiviral wirken.9–11
Meerrettichwurzel und Kapuzinerkresse enthalten Glucosinolate, welche enzymatisch durch die Myrosinase in Senföl umgewandelt werden. Letztere haben antivirale Wirkungen, vor allem aber eine breite antibakterielle Wirksamkeit gegen uropathogene Keime. Zudem verhindern sie die Bildung von Biofilmen durch die Hemmung der bakteriellen Kommunikation.12 Mehrere klinische Studien belegen die Wirksamkeit dieser Kombination.10–12
Antiadhäsive Wirkungen gegenüber klinisch relevanten UPEC-Stämmen (uropathogene E. coli) wurden für die Moosbeere (Cranberry), Orthosiphonblätter (Katzenbart) und Goldrute nachgewiesen.
Extrakte aus diesen Pflanzen hemmen die bakterielle Adhäsion an humane Blasenzellen. Die meisten klinischen Studien wurden mit der Moosbeere durchgeführt und legen nahe, dass Cranberry das Wiederauftreten von Harnwegsinfektionen bei allgemein gesunden Frauen wirksam verhindern kann. Die teilweise relativ hohe Drop-out-Rate und der Einsatz von vielfältigen, großteils nichtstandardisierten Produkten erfordern aber zweifellos weitere Studien von hoher Qualität, um diese Ergebnisse zu bestätigen. Auch ist nach wie vor nicht klar, ob Proanthocyanidine (PAC) die Wirkkomponenten darstellen. Zumindest als intakte Moleküle werden PCA nach oraler Gabe kaum absorbiert und sind daher in den ableitenden Harnwegen auch nicht nachweisbar.13–15
Neben harnwegsdesinfizierenden und antiadhäsiven Drogen wird bei HWI auch eine Reihe von harntreibenden Arzneipflanzen eingesetzt. Dazu gehören Birkenblätter, Schachtelhalmkraut, Brennnesselblätter, das bereits oben erwähnte Goldrutenkraut oder die Orthosiphonblätter, welche als wertbestimmende Inhaltsstoffe Flavonoide, ätherische Öle oder Saponine enthalten. Sie erhöhen die Harnmenge, spülen Erreger von den Schleimhäuten ab sowie aus und fördern somit eine schnellere Genesung und Linderung der Beschwerden.
Von der EMA wird diesen pflanzlichen Drogen und daraus hergestellten Produkten der „Traditional use“-Status zugeteilt. Eine Monografie über Cranberry ist derzeit in Ausarbeitung.16
Eine gute Studienlage gibt es auch zu einer Dreierkombination aus Rosmarin, Tausendgüldenkraut und Liebstöckel, die als traditionelles Arzneimittel auf dem Markt ist. So konnte in einer Studie mit 659 Frauen im Alter von 18 bis 70 Jahren gezeigt werden, dass die Wirksamkeit dieser Kombination bei unkomplizierten HWI vergleichbar war mit der eines Standardantibiotikums.17
Literatur: