Ärzte Krone: Wie sind die „Small Airways“ definiert?
WOLFGANG POHL: Dabei handelt es sich um die kleinen Atemwege, die sich jenseits der terminalen Bronchiolen befinden und einen Durchmesser von weniger als 2 mm aufweisen. Erkrankungen, die dort ihren Ursprung haben, sind die COPD, aber überlappend auch das Asthma, das sich sowohl in den mittelgroßen als auch in den kleinen Atemwegen manifestiert.
Diese Erkrankungsmanifestationen sind durch eine chronische Entzündungsreaktion charakterisiert, die zu den Symptomen führt. Bereits vor etwa zehn Jahren konnte eindrucksvoll gezeigt werden, dass die für Asthma typischen Entzündungszellen, die eosinophilen Granulozyten, in den kleinen Atemwegen in höherem Maße als in Atemwegen, die größer als 2 mm sind, vorhanden sind. Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass in den peripheren Atemwegen vor allem in den äußeren Regionen der Bronchiolen eine besonders starke inflammatorische Aktivität vorliegt. Diese Entzündungsreaktion ist mit morphologischen Veränderungen ebenso assoziiert wie mit Veränderungen der Lungenfunktion. Untersuchungen konnten diesbezüglich dokumentieren, dass der Verlust im FEV1 erst relativ „spät“ im Erkrankungsverlauf auftritt. Viel früher, möglicherweise noch bevor der Patient Symptome angibt, ist hingegen eine Zunahme des Residualvolumens zu beobachten. Das ist wiederum ein Hinweis darauf, dass bereits eine Verengung der kleinen Atemwege vorliegt. Somit kann anhand der Zunahme der Lungenvolumina dargestellt werden, dass die kleinen Atemwege eine vorrangige Rolle bei den pathophysiologischen Mechanismen des Asthmas spielen.
Wie erfolgt die Diagnostik bei Erkrankungen der kleinen Atemwege?
In der klinischen Routine sind wir auf indirekte Hinweise angewiesen. So finden wir bei COPD-Patienten eine Hyperinflation, Zunahmen der Totalkapazität, des Residualvolumens, der funktionellen Residualkapazität sowie eine Abnahme der inspiratorischen Kapazität. Diese Funktionsverluste gehen mit Dyspnoe und einer verminderter Belastbarkeit der Patienten einher. Die Veränderungen der kleinen Atemwege lassen sich auch mittels Messungen des NO, das auch eine Unterscheidung zwischen Asthma und COPD erlaubt, nachweisen. NO ist ein Aktivitätsmarker, der bei schlecht kontrollierter Erkrankung nachgewiesen werden kann. Bei schweren Asthmatikern ist das „bronchiale“ und bei COPD-Patienten das „periphere“ NO erhöht. In der klinischen Praxis wird diese Methode oder auch die bildgebende Diagnostik nicht routinemäßig eingesetzt.
Für die Therapie bedeutet das, dass alle Anstrengungen unternommen werden sollten, auch diese Regionen zu erreichen. Wir verfügen, insbesondere bei Asthma, über sehr gute Therapieformen, die prinzipiell eine gute Kontrolle der Erkrankung ermöglichen.
Bei COPD erschwert bzw. verhindert die krankheitsimmanente Obstruktion die Deposition der bronchienerweiternden und entzündungshemmenden Wirkstoffe im Rahmen der inhalativen Therapie in den peripheren, kleinen Atemwegen. Entscheidend ist dabei die Partikelgröße des Aerosols, und hier gibt es große Unterschiede bei den Präparaten. Erreicht werden die Small Airways mit Medikamenten, deren Moleküle eine gewisse Größe nicht überschreiten. Auch das Kortison muss in diese Bereiche gelangen.
Bei der Therapie von Asthma und COPD mit einem Kombinationspräparat aus Kortison und einem lang wirksamen β2-Mimetikum stellt sich die Frage, ob auch die kleinen Atemwege erreicht werden und ob das auch Konsequenzen hat.
Die in der klinischen Praxis am häufigsten angewendeten Inhalationssysteme sind die Dosieraerosole und die Trockenpulver-Inhalationssysteme. Bei ersterem ist die Partikelgröße des im Treibgas suspendierten Pulvers vorgegeben. Bei einer Partikelgröße von< 2 µm werden also „extrafeine Formulation“ bezeichnet, die gute Lungendispositionsdaten auch in den kleinen Atemwegen bieten. Bei Trockenpulverinhalatoren is ein höherer Inhalationsfluss erforderlich um die Generierung eines hochwertigen Inhalats zu aktivieren.