Karl Landsteiner Gesellschaft Porträt: Institut für Forschung und Innovation in der Augenheilkunde

Schwerpunkte der wissenschaftlichen Aktivitäten des Instituts

Das Karl Landsteiner Institut für Forschung und Innovation in der Augenchirurgie am Hanusch-Krankenhaus in Wien unter der Leitung von Prim. Univ.-Prof. Dr. Oliver Findl MBA, FEBO, weist eine rege Forschungsaktivität auf. Die wissenschaftliche Arbeit des Instituts, welches den internationalen Namen „Vienna Institute for Research in Ocular Surgery (VIROS)“ trägt, konzentriert sich auf die Evaluation chirurgischer Techniken und der Effektivität neuer Medizinprodukte. Forschungsschwerpunkte sind Katarakt-(Grauer-Star-), Netzhaut- und Hornhautchirurgie. Darüber hinaus werden am Institut auch Studien zu Erkrankungen wie altersbedingte Makuladegeneration (AMD) und Glaukom durchgeführt.
In den ersten fünf Jahren seines Bestehens (Gründung des Instituts Anfang 2010) konnten durch Mitarbeiter des Instituts insgesamt 38 Originalartikel in peer-reviewten internationalen wissenschaftlichen Journalen der Augenheilkunde publiziert werden. Abgesehen von zahlreichen eingeladenen Referaten auf internationalen Kongressen und dem Verfassen von einigen Buchkapiteln präsentieren die Mitarbeiter des Instituts jährlich knapp 50 Papers und Posters auf internationalen Kongressen.
Das Institut hat vier angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ausschließlich forschen. Zahlreiche andere Mitglieder der Augenabteilung sind im Rahmen des Instituts in der Forschung aktiv. Im vergangenen Jahr konnte der erste Mitarbeiter sein PhD abschließen. Darüber hinaus arbeiten zusätzlich vier weitere Mitglieder an ihrem PhD oder Dr. scient. med.

Aktuelle Studien am Institut

Auch derzeit laufen viele Studien, wie z.B. eine Untersuchung, bei der das Ziel der Vergleich zweier Linsen hinsichtlich der postoperativen Tiefensicht und Sehqualität in mittlerer und naher Entfernung ist. Bei einer anderen Studie „Effekte der rotierenden Linsenfragmente auf Hornhautendothel mit Hilfe eines intra-operativen OCTs“ wird der Einfluss von bei der Kataraktoperation entstehenden Linsenfragmenten auf die Integrität der Hornhautendothelzellen evaluiert.
Eine ebenfalls hervorzuhebende Studie – „Vorhersagbarkeit der Kunstlinsenposition mit Hilfe eines intra-operativen OCTs“ – hat zum Ziel, die endgültige Position der Kunstlinse im Auge vorzubestimmen. Um Brillenfreiheit für die Ferne nach der Operation zu gewährleisten, werden die Augen vor der Operation grundsätzlich genau vermessen. Danach wird mit der Hilfe von Formeln die Kunstlinsenstärke berechnet. Allerdings ist bei dieser Berechnung die Vorhersage der späteren Kunstlinsenposition die kritischste Variable. Durch die weltweit erstmalig durchgeführte intraoperative Messung der Kapselsackpositon nach Entfernung des getrübten Linseninhalts konnte eine verbesserte Vorhersage der späteren Linsenposition erreicht werden. „Wir konnten anhand einer Studie an 240 Augen zeigen, dass die intraoperative OCT-Messung die Genauigkeit der Vorhersage statistisch signifikant und auch klinisch relevant verbessert hat. Es ist vorstellbar, dass diese Technologie vom derzeitigen Prototyp-Stadium in den klinischen Alltag Einzug nehmen wird und zu einem echten ‚Game-Changer‘ in der Kunstlinsenberechnung wird“, so Findl.
Ein Schwerpunkt der klinischen Tätigkeit der Augenabteilung des Hanusch-Krankenhauses ist die Anwendung von torischen Intraokularlinsen bei der Katarakt Operation an Patienten mit vorbestehenden Astigmatismus oder Hornhautverkrümmung. „Das Problem ist, dass Patienten vor der Operation im Sitzen vermessen werden. Im Liegen dreht sich das Auge allerdings leicht. Man muss also eine Referenz haben und wissen, wo die Achse wäre, wenn der Patient säße“, erklärt Findl. Früher wurden hierzu mit einem Stift zwei Punkte am Auge gemacht, was allerdings recht ungenau war. „An unserem Institut verwenden wir heute ein von uns in Kooperation mit der Fa. Zeiss entwickeltes System, bei dem ein präoperatives Foto von den Gefäßen der Bindehaut gemacht wird, das dann in den OP importiert wird. Dies wird dann mit dem Live-Bild der Operation zusammengeführt, die Gefäße überlagert und mir als Operateur wird die genaue Achse in mein Okular eingespielt, sodass ich genau weiß, wie die torische Kunstlinse ausgerichtet werden muss.“
Im Rahmen der Studie „Vergleich zwischen bilateral eingesetzter Multifokallinse und Monovision: eine randomisierte kontrollierte Studie“ werden bilateral eingesetzte Multifokallinsen mit Minimonovision verglichen. Multifokallinsen haben zwei bis drei Brennpunkte, wodurch man simultan in der Ferne und Nähe scharf sieht. Diese Linsen gibt es schon fast 20 Jahre, sie haben aber den Nachteil, dass die Patienten Lichthöfe sehen, ein vermindertes Kontrastsehen und etwas mehr Blendungsphänomen haben. Deshalb wurden sie nicht gut angenommen. In einer Studie an unserem Institut wurde eine Multifokallinse mit einem niedrigen Nahzusatz untersucht. Mit den hier verwendeten Multifokallinsen sind die Nebenwirkungen weit weniger ausgeprägt als mit den klassischen Linsen. Damit können die Patienten zwar nicht gut lesen, aber zumindest für Bildschirmabstand gut sehen und gleichzeitig in der Ferne scharf sehen. „Diese Linse haben wir mit einer Minimonovision verglichen, bei der ein Auge für die Ferne, das andere für eine Mitteldistanz eingestellt wird“, erklärt Findl.
„Es gibt einen Prototyp von neuen Linsen mit verstärktem Tiefenschärfe-Bereich, zu der eine Multicenterstudie gelaufen ist, an der wir auch beteiligt waren. Wir testen ab Jänner als einziges Studiencenter in Europa die torische Variante dieser Linse. Hier soll den Patienten wiederum ein gutes funktionelles Sehen ermöglicht werden, damit sie die Lesebrille nur mehr selten brauchen. Diese Linse hat aber nicht die Nachteile der klassischen Mulitfokallinse“, so Findl.
In einer anderen Studie geht es um Hornhauttransplantationen. „Hier forschen wir zur lamellierenden Transplantation, wo wir nur die innerste Schicht transplantieren. Das Problem war bisher, dass sich die Transplantate relativ häufig in den ersten postoperativen Tagen abgelöst haben und daraufhin ein erneuter Eingriff nötig war. Mit einem interoperativen OCT-Gerät können wir überprüfen, ob noch Flüssigkeit zwischen dem Transplantat und dem Empfängergewebe ist. Dementsprechend reduziert sich die Anzahl der Patienten, bei denen erneut eine Gasblase unter das Transplantat geführt werden muss, um es dauerhaft zur Haftung zu bringen“, erzählt Findl.
„Erwähnen möchte ich abschließend auch eine Studie zur Behandlung der feuchten Makuladegeneration mit Injektionen und zusätzlicher Bestrahlung. Die Methode ist eine niedrig dosierte und sehr genau lokalisierte Röntgenbestrahlung. Wir haben die Bestrahlung für alle Studienzentren in Österreich durchgeführt. Es zeigte sich, dass sich dadurch die Frequenz der notwendigen Spritzen deutlich reduzierte“, betont Findl.

Geplante Studien

  • Evaluierung der „TECNIS® Symfony Toric Extended Range of Vision“-Kunstlinse: Zweck dieser klinischen Studie ist es, eine bereits zugelassene und CE-zertifizierte torische Kunstlinse mit erweitertem Sehbereich zu untersuchen.
  • „Webbasiertes Lernprogramm als unterstützendes Mittel, um Qualität und Effizienz des Einwilligungsprozesses für die Kataraktchirurgie zu verbessern“. Verglichen werden sollen der Grad des Wissens der Patienten über die Operation mit der Zufriedenheit der Patienten mit dem Aufklärungsprozess zwischen zwei Gruppen. In der Studiengruppe erhalten die Patienten Informationen über die Operation über einen berührungsempfindlichen Bildschirm (selbstentwickeltes „CatInfo tool“); danach erfolgt die Aufklärung durch den Arzt. In der Kontrollgruppe erfolgt nur ein Gespräch mit dem Arzt.
  • „Eine randomisierte, doppelt verblindete, Placebo-kontrollierte Studie zum Nachweis positiver Effekte von Eplerenon auf Patienten mit Chorioretinopathia centralis serosa“. Im Rahmen dieser Studie werden Patienten mit Chorioretinopathia centralis serosa zufällig entweder der Eplerenon- oder der Placebogruppe zugeteilt.
  • „Blutflussdarstellung der Kopf- und Halsgefäße bei Patienten mit Netzhautgefäß-Verschlüssen“. Bei dieser Studie werden mithilfe einer Magnetresonanztomografie gewonnene Bilder genutzt, um zu simulieren, ob die Lage der Gefäße für den Ort des Schlaganfalls ausschlaggebend ist.
  • „Verwendung eines Partial-least-Squares-Regressionsmodells zur Früherkennung von Glaukompatienten“. Ziel dieser Studie ist es, durch ein Regressionsverfahren verschiedene Parameter zu verknüpfen, um die Meinung des Glaukomexperten widerzuspiegeln.

 

Tipps für die Praxis: Refraktives Ergebnis nach Katarakt-Operationen

Refraktiver Fehler: Hauptursache für postoperative refraktive Abweichung nach Katarakt-Operation ist, dass die postoperative Position der Intraokularlinse (IOL) mit heutigen Formeln nur geschätzt werden kann. Wir konnten zeigen, dass eine Formel, die die intraoperativ gemessene Kapselsackposition als Grundlage für die postoperative IOL-Position hinzuzieht, bessere refraktive Ergebnisse erzielt als die aktuell als Goldstandard gebräuchlichen biometrischen Formeln.
Torische Intraokularlinsen: Die Ungenauigkeit präoperativer Messungen des Hornhautastigmatismus ist die Hauptursache für postoperativen Restastigmatismus nach Implantation einer torischen IOL. Bei Patienten mit niedrigem Hornhautastigmatismus ist die Streuung der gemessenen Werte besonders hoch. Eine Korrektur des Hornhautastigmatismus mit einer torischen IOL im Rahmen der Katarakt-OP wird daher erst ab moderaten Astigmatismuswerten von 1,5 dpt oder mehr empfohlen.
Messung des Hornhautastigmatismus: Ebenso empfiehlt es sich, den Astigmatismus mittels Scheimpflug-Fotografie oder Optischer Kohärenztomorafie (OCT) zu überprüfen, da diese Messmethoden auch die Krümmung der Hornhautrückfläche berücksichtigen. Bei starker Diskrepanz zwischen verschiedenen Messmethoden sollte ein höherer Restastigmatismus angestrebt oder auf eine torische IOL verzichtet werden.
Inzisionstechniken: Eine Alternative zu torischen IOL sind astigmatismusreduzierende Inzisionstechniken. Deren postoperatives Ergebnis lässt sich jedoch weniger genau vorhersagen und der Effekt lässt nach mehreren Monaten auch wieder nach („fading effect“).