Praktische Anwendung der Hormonersatztherapie

Es gibt eine Reihe hormoneller Therapieoptionen mit unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten, die an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden. Je nach Symptomatik kann es daher sinnvoll sein, nur eine lokale oder eine systemische Therapie zu verordnen. Bei vasomotorischen Beschwerden ist die Hormonersatztherapie (HET) eine effektive Therapieform. Patientinnen sollte jedoch nur nach eingehender Nutzen- und Risikoaufklärung eine HET angeboten werden.

Therapieoptionen

Die Therapie richtet sich nach dem individuellen Beschwerdebild: Zu Beginn der Menopause – dieser kann manchmal schon um das 40. Lj. sein – liegt üblicherweise eine Gelbkörperschwäche vor, weshalb mit einer reinen Progesterontherapie begonnen werden kann. Aufgrund ihrer günstigen Wirkungs- und Nebenwirkungsprofile bieten sich hier natürliches Progesteron oder Dydrogesteron an. Der individuell bevorzugte Applikationsweg soll besprochen werden. Die alleinige Östrogentherapie (ET) bleibt hysterektomierten Frauen vorbehalten, da für sie kein erhöhtes Endometriumkarzinom-Risiko besteht. Nichthysterektomierte Frauen erhalten eine Östrogen/Gestagen-Therapie. Das Gestagen wird entweder kontinuierlich oder sequenziell (≥ 10 d/Monat) verabreicht, je nachdem, wann die letzte Blutung stattgefunden hat. Bei einem symptomatischen Androgenmangel in der Postmenopause kann eine HET mit DHEA (Dehydroepiandrosteronacetat) sinnvoll sein. Für die Therapie des weiblichen Androgenmangels steht derzeit kein zugelassenes Präparat zur Verfügung.

Frauen mit prämaturer Ovarialinsuffizienz sollen zumindest bis zum natürlichen menopausalen Eintrittsalter eine HET bekommen und, wenn notwendig, darüber hinaus. Generell gilt, dass eine physiologische Hormonsubstitution erreicht werden soll, die subjektiv zur Linderung der Beschwerden beiträgt. Über- und Unterdosierungen sollten vermieden werden. Zudem müssen nicht die Referenzwerte im Hormonbefund erreicht werden. Die Laborwerte dienen der Therapiekontrolle. Das subjektive Wohlbefinden ist einer der Hauptparameter, um die Hormondosis anzupassen.

Therapiebeginn und Dauer der HET

Der Beginn der HET sollte dann stattfinden, wenn Beschwerden auftreten. Das „window of opportunity“ als optimaler Therapiebeginn ist ausschlaggebend, um im richtigen Moment mit der richtigen Dosierung Hormone therapeutisch erfolgreich einzusetzen. Das Zeitfenster ist individuell unterschiedlich – meist wird ein maximaler Zeitraum von bis zu 10 Jahren nach der letzten Blutung herangezogen. Allerdings gilt: Je später mit einer HET begonnen wird, umso weniger effizient kann den Beschwerden vorgebeugt werden bzw. können diese therapiert werden, und möglicherweise sind auch potenzielle Nebenwirkungen nach einem 10-Jahres-Intervall häufiger. Nicht jede Patientin kommt auch im „window of opportunity“ zum/zur Ärzt:in; wenn jedoch in diesem „geeigneten“ Zeitraum Beschwerden vorliegen und der Wunsch nach einer HET artikuliert wird, dann sollte man auch wirklich damit beginnen.

Grundsätzlich gibt es – wenn die Beschwerden gelindert werden, es keine sonstigen gesundheitlichen Probleme gibt und die Bereitschaft für die Therapie vorhanden ist – keine Beschränkung der Therapiedauer. Der Einstiegszeitpunkt ist wichtig. Die Indikation und mögliche Risikofaktoren der HET sollten halbjährlich neu bewertet werden. Sowohl die Behandlungsdauer als auch die Dosierung richten sich nach dem Beschwerdebild. Generell gilt, dass die Therapie mit einer möglichst niedrigen Dosis begonnen werden sollte, um bei weiterhin bestehenden Beschwerden ggf. erhöht werden zu können. Ein Ausschleichen reduziert nicht immer das Wiederauftreten vasomotorischer Symptome, sollte aber zur Risikominimierung nach einer gewissen Zeit durchgeführt werden.

Auswirkungen der HET

HET und Krebs
Eine Kombinationstherapie aus „natürlichem“ Östrogen und Gestagen führt nach derzeitigem Wissen zu keiner bzw. zu einer geringen Erhöhung des Brustkrebsrisikos. Zudem konnte in keiner Studie eine Erhöhung der Brustkrebs-Mortalität durch die HET festgestellt werden. Die potenzielle Risikoerhöhung hängt von der Zusammensetzung der HET, dem Alter sowie der Behandlungsdauer ab und reduziert sich nach Absetzen der HET wieder. Viele begleitende Umstände sind für die Einschätzung eines onkologischen Risikos wichtig. Hinsichtlich des Endometriumkarzinoms ist festzuhalten, dass eine Kombination aus Östrogen und Gestagen für eine Behandlungsdauer < 5 Jahren als sicher angesehen werden kann. Eine alleinige Östrogentherapie ohne Gestagen für einen längeren Zeitraum ist allerdings ein Risikofaktor für das Auftreten eines Endometriumkarzinoms. Die alleinige Östrogengabe zeigt aber keine Erhöhung des Brustkrebsrisikos.

HET und Thromboembolien
Das thromboembolische Risiko steigt generell mit dem Alter an; das Risiko ist bis zum 60. Lebensjahr jedoch äußerst gering. Die transdermale Applikationsform umgeht den First-Pass-Effekt, könnte so zu einer geringeren thromboembolischen Neigung führen und sollte deshalb bei entsprechender Vorbelastung angedacht werden. Zudem ist ein natürliches, stoffwechselneutrales Progesteron wie Dydrogesteron oder mikronisiertes Progesteron anzuraten. Venöse und arterielle Thromboembolien – vor allem in der Eigen-, aber auch in der Familienanamnese – stellen eine Kontraindikation für die HET dar. Auch Übergewicht oder längere Bewegungsunfähigkeit (z. B. ein Krankenhausaufenthalt oder die Ruhigstellung einer Extremität nach einem Unfall) können ein zusätzliches Risiko darstellen.

HET und Haut
Eine von Frauen sehr häufig gestellte Frage ist, ob eine HET auch für die Haut etwas bringt. Tatsächlich ist es so, dass die Hormone auf die Haut eine positive Auswirkung haben. Sie halten die Haut straff, glänzend, strahlend und verhindern bis zu einem gewissen Grad die Faltenentstehung. Die Antwort ist also ja, aber auch hier gilt: Wenn die Haut bereits stark gelitten hat, dann können die Hormone die Haut nicht glattbügeln. Aber wenn man rechtzeitig beginnt, hat es auch einen positiven Effekt auf die Haut, und die Frauen können dadurch tatsächlich jünger wirken.

Schutz vor Osteoporose
Mit dem Eintreten der Wechseljahre steigt auch die Wahrscheinlichkeit, aufgrund des Hormonmangels an Osteoporose zu erkranken. Auch hier hat sich gezeigt, dass man mit der HET einen Schutz bieten kann. Als Stimulatoren der Osteoblasten und Hemmer der Osteoklasten spielen Östrogene zur Vermeidung der Osteoporose eine wichtige Rolle. Behandelte Frauen sollten jünger als 60 Jahre sein, bzw. sollte die Behandlung innerhalb von 10 Jahren nach der Menopause etabliert werden. Frauen mit erhöhtem Osteoporoserisiko sollte auch dann eine HET angeboten werden, wenn sie kaum klimakterische Beschwerden haben. Eine HET führt zu einer signifikanten Risikoreduktion für osteoporoseassoziierte Frakturen. Dieser Einfluss ist unabhängig von der Einnahmedauer und scheint auch in geringem Maße über die Anwendungsdauer hinaus zu bestehen.