Prophylaxe im ersten Lebensjahr

Das pathogene Potenzial des Respiratory Syncytial Virus (RSV) reicht von banalen respiratorischen Infekten bis zu lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen.
Neben älteren Personen über 60 Jahre sind vor allem Neugeborene und Säuglinge in ihrer ersten RSV-Saison (= Wintermonate) gefährdet, insbesondere wenn diese innerhalb der ersten sechs Lebensmonate erlebt wird. Schätzungen zufolge infizieren sich in Österreich etwa 54.600 Kinder im ersten Lebensjahr mit RSV − 1.100 Kinder müssen hospitalisiert werden. RSV ist somit der häufigste Hospitalisierungsgrund in diesem Alter.

Besonders gefürchtet ist die Bronchiolitis. Durch die Infektion der kleinsten Atemwege kommt es zu deren Verlegung und Überblähung mit potenziellen schweren Folgen wie Ateminsuffizienz, Apnoen und Elektrolytentgleisungen. Die Regenerationszeit bei Bronchiolitis beträgt 4−8 Wochen.
Der erste Impfstoff gegen RSV wurde bereits in den 1960er-Jahren entwickelt. Leider kam es damals zu schweren Entzündungsreaktionen bei der ersten RSV-Infektion nach Impfung − sogenannte „vaccine-induced enhanced respiratory diseases“ (ERD). Ein herber Rückschlag für die RSV-Impfstoff-Entwicklung. Mittlerweile stehen sowohl für Säuglinge als auch für ältere Menschen und Schwangere eine beziehungsweise mehrere Immunisierungsoptionen zur Verfügung: aktive und passive.

Postpartale passive Immunisierung

Eine Möglichkeit, den Säugling vor einer RSV-Infektion zu schützen, stellt die passive Immunisierung mit monoklonalen Antikörpern dar. Zur Verfügung steht derzeit der Antikörper Palivizumab, der für Kinder mit Risikofaktoren zugelassen ist und einmal monatlich in der RSV-Saison verabreicht wird. Der neue langwirksame Antikörper Nirsevimab, der über die ganze Saison hinweg wirkt, ist zwar bereits zugelassen (auch für Kinder ohne Risikokonstellation), Verfügbarkeit und Kostenerstattung werden sich jedoch erst im Laufe der bevorstehenden RSV-Saison klären.

Maternale Immunisierung

Obwohl wir alle regelmäßig RSV-Infektionen durchmachen, reichen die mütterlichen Antikörperspiegel nicht aus, um die Kinder mittels diaplazentarer Antikörperübertragung zu schützen. Ebenso wie bei Pertussis kann seit Kurzem auch für RSV eine aktive Immunisierung der Mutter in der Schwangerschaft durchgeführt werden, um den Antikörperspiegel im mütterlichen Blut auf ein hohes Niveau zu heben und eine diaplazentare Übertragung zu ermöglichen. Dadurch kommt es zu einer passiven Immunisierung des Säuglings und zu einem Infektionsschutz in den ersten Lebensmonaten.

Im August 2023 wurde der bivalente RSV-Impfstoff Abrysvo® (der auch für Personen ab 60 Jahren zur Verfügung steht) für den passiven Schutz von Säuglingen bis 6 Monate nach der Geburt zugelassen. Dazu wird die Mutter zwischen der 24. und 36. Schwangerschaftswoche geimpft.

In der randomisierten, placebokontrollierten Zulassungsstudie zeigte der Impfstoff eine ca. 73%ige (bis 180 Tage nach Geburt) bzw. 41%ige (360 Tage) Wirksamkeit bei allen RSV-assoziierten tiefen Atemwegserkrankungen und eine ca. 70%ige (180 Tage) Wirksamkeit bei schweren Verläufen. Auch die Hospitalisierungsrate im ersten Lebenshalbjahr konnte durch die Impfung signifikant gesenkt werden, mit einer Impfstoff-Effektivität von ca. 57 % (180 Tage). Lokale Impfreaktionen waren in der Verumgruppe vs. Placebo im typischen Ausmaß erhöht. Bei den systemischen Nebenwirkungen zeigte sich (außer beim Muskelschmerz) kein relevanter Unterschied gegenüber Placebo. Die Nebenwirkungsrate der Neugeborenen war in beiden Gruppen vergleichbar.

Fazit

Eine Reduktion von RSV-Bronchiolitis durch prophylaktische Maßnahmen wäre wünschenswert − nicht nur aus Sicht des Individuums, sondern auch in Anbetracht des be- bzw. überlasteten Gesundheitswesens.