Der Schlaganfall ist eine der häufigsten Ursachen für bleibende Behinderungen und weltweit die zweithäufigste Todesursache. Der wichtigste Pathomechanismus ist ein dauerhafter thrombotischer oder embolischer arterieller Gefäßverschluss (Ischämie), der auch temporär sein kann (transitorisch ischämische Attacke/TIA, typische Dauer: 5–10 Minuten).
Pro Jahr erleiden ca. 24.000 Österreicher:innen einen Schlaganfall, davon sind 20.000 (ca. 85 %) ischämische Schlaganfälle (70 % davon sind Erstereignisse) und 4.000 (ca. 10–15 %) intrakranielle Blutungen (spontane intrazerebrale Blutungen und Subarachnoidalblutungen), 0,5–1 % stellen zerebral venöse Thrombosen dar. Die Inzidenz nimmt mit steigendem Lebensalter bis zum 95. Lebensjahr exponentiell zu. Durch adäquate Behandlung von 5 Risikofaktoren wie Hypertonie, Hypercholesterinämie, Vorhofflimmern, Rauchen und Übergewicht könnte jeder zweite Schlaganfall verhindert werden.
Wichtig ist die präklinische Erkennung eines neurologischen Defizits, wobei einfache Scores wie der FAST-Plus-Test eingesetzt werden sollen. Dieser beurteilt häufige Symptome wie Arm- oder Beinschwäche, Sprachstörung, unwillkürliche Blickwendung auf eine Seite und Fazialisdefizit (Abb.), die vor allem durch eine Schädigung im Stromgebiet der A. cerebri media hervorgerufen werden. Aus den fünf Merkmalen lässt sich der Austrian Preclinical Stroke Score (APSS) berechnen, der bei einem Wert ≥ 4 für einen schweren Schlaganfall mit möglichem Großgefäßverschluss spricht. Eine Blutung kann von einer Ischämie allerdings nicht klinisch, sondern nur durch die Bildgebung im Krankenhaus (CT oder MRT) unterschieden werden.
Der Schlaganfall ist eine zeitkritische Erkrankung, daher gilt: „Time is brain!“ Innerhalb einer Minute gehen bei einem ischämischen Schlaganfall mit Verschluss eines großen Gefäßes ca. 1,9 Millionen Neurone zugrunde. Jede Minute verlieren die Patient:innen fast fünf Tage behinderungsfreies Überleben.
Ziele sind daher kurze Zeiten zwischen Symptombeginn und Krankenhaus (Onset-to-Door-Zeit) sowie die Behandlung in einer der 38 Stroke Units, die in Österreich flächendeckend innerhalb von 45 Minuten mit der Rettung erreichbar sind. Circa 70 % aller Schlaganfälle werden derzeit an Stroke Units behandelt. Ziel ist es, diesen Prozentsatz in den nächsten Jahren auf 90 % zu steigern. Stroke Units sind spezialisierte Einheiten von mindestens 4 Betten, in denen durch ein Team von schlaganfallgeschulten Neurolog:innen, Pflegepersonal und Therapeut:innen durch schnelle Behandlung, Erkennung von Komplikationen (z. B. Schluckstörung, Pneumonie oder venöse Thrombose) und Frührehabilitation sowohl das Ausmaß der Behinderung als auch die Mortalität entscheidend gesenkt werden können.
Die kausale Therapie der Ischämie ist eine Erfolgsgeschichte der letzten 20 Jahre: In Europa ist die intravenöse Thrombolyse seit 2002, die Thrombektomie seit 2015 State of the Art.
Bei klarem Symptombeginn ist eine intravenöse Thrombolyse mit dem Plasminogenaktivator Actilyse innerhalb von 4,5 Stunden effektiv, wobei innerhalb von 1,5 Stunden nur 3, innerhalb von 3 Stunden bereits 10 Patient:innen behandelt werden müssen, um einen bzw. eine vor Behinderung zu bewahren (Number Needed to Treat, NNT). Zwischen 3 und 4,5 Stunden steigt diese NNT bereits auf 19. Eine mögliche Komplikation ist eine klinisch relevante Einblutung in das nekrotische Hirngewebe (bei ca. 2–3 %), jedoch könnten Plasminogenaktivatoren mit niedrigerem Blutungsrisiko wie die Tenecteplase in Zukunft eine Verbesserung bringen. Bei entsprechendem klinischem Defizit können – je früher, umso effektiver – mit der Thrombolyse ca. 25 % aller Ischämien behandelt werden, vorausgesetzt, sie erreichen das Krankenhaus zeitgerecht. Wenn in der CT oder MRT der Infarktkern klein und die Perfusion im umgebenden Gewebe zwar verzögert ist, das Gewebe aber noch zu retten ist (sog. „Penumbra“, die durch Kollateralgefäße zeitabhängig aufrechterhalten wird) oder im MRT das Hirnparenchym in der sog. „FLAIR-Sequenz“ noch nicht entscheidend geschädigt ist, kann man auch bei unklarem Symptombeginn (z. B. Ischämien aus dem Schlaf heraus) oder nach mehr als 4,5 Stunden diese Therapie sicher anwenden.
Die österreichweite Thrombolyserate betrug 2019 18,4 % und liegt damit im europäischen Spitzenfeld.
Bei langstreckigen (zumeist embolischen) Gefäßverschlüssen in großen hirnbasisnahen Arterien (ca. 12 % aller Ischämien), die mit sehr schweren klinischen Defiziten einhergehen, erwies sich die intravenöse Thrombolyse als nicht ausreichend wirksam. Hier wendet man im Bereich der distalen (intrakraniellen) A. carotis interna und der A. cerebri media innerhalb von sechs Stunden nach klarem Symptombeginn die Thrombektomie an. Dabei wird mittels endovaskulärer Kathetertechnik der Embolus mit Hilfe eines selbstexpandierenden Stents erfasst („Stent-Retriever“) oder mit einem großlumigen Katheter aspiriert, am effektivsten wird der Thrombus aber in einer Kombination aus beiden Verfahren geborgen.
Bei 10–15 % aller Fälle besteht eine Stenose der A. carotis interna im Halsbereich, die mit einem im Gefäß verbleibenden Stent beseitigt werden kann. Die Thrombektomie wird in den meisten Fällen mit einer intravenösen Thrombolyse kombiniert und ist im Vergleich zur alleinigen Thrombolyse mit einer NNT von 5 zur Erreichung einer funktionellen Unabhängigkeit im Alltag sehr effektiv.
2019 betrug die Rate in den 12 Thrombektomie-Zentren Österreichs 4 %. Bei unklarem Beginn oder mehr als sechs Stunden nach klinischem Symptombeginn kann die Thrombektomie unter entsprechenden bildgebenden Kriterien (kleiner Infarktkern und große Penumbra) innerhalb von 24 Stunden durchgeführt werden. Neueste Studien zum Vergleich der alleinigen Thrombektomie mit der kombinierten Therapie (Thrombektomie und Thrombolyse) an Patient:innen, die direkt in ein Thrombektomie-Zentrum kommen, zeigen keinen Vorteil.
Die kombinierte Therapie bleibt vor allem für jene, die von einer peripheren Stroke Unit ins Thrombektomie-Zentrum gelangen, die beste Option. Die Effektivität der Thrombektomie im Bereich der A. basilaris im Vergleich zur Thrombolyse ist durch Studien noch nicht belegt, wird aber aufgrund der schlechten Spontanprognose (70 % Mortalität) dieses Gefäßverschlusses durchgeführt.
Eine kausale Behandlung der intrazerebralen Blutung, die bei 80 % der Fälle mit einer Ruptur von kleinen durch chronische Hypertonie geschädigten Gefäßen einhergeht, ist noch nicht möglich. Aber auch hier kann bei schnellem Transport ins Krankenhaus nach der bildgebenden Diagnose mit Maßnahmen wie rascher Blutdrucksenkung, rascher Antagonisierung einer bestehenden Antikoagulation sowie neurochirurgischer und/oder intensivmedizinischer Versorgung die Mortalität entscheidend gesenkt werden. Subarachnoidalblutungen sind zu 80 % durch aneurysmatische Aussackungen von hirnbasisnahen Arterien bedingt und können trotz ihrer primär hohen Mortalität bei rechtzeitigem Eintreffen im Krankenhaus durch eine neurochirurgische Klippung oder ein endovaskuläres Coiling kausal behandelt werden. Die Therapie von zerebral venösen Thrombosen besteht in einer therapeutischen Heparinisierung mit anschließender Antikoagulation.