Neben vielen anderen Verwerfungen brachte COVID-19 auch Urlaubs- und Geschäftsreisen fast völlig zum Erliegen. Selbst innerhalb Europas waren die Bestimmungen so rigide und oft auch verwirrend sowie widersprüchlich, dass viele Menschen auf Urlaub außerhalb Österreichs verzichteten.
Doch nun, mehr als zwei Jahre nach Beginn der Pandemie, scheint sich die Situation in manchen Urlaubsdestinationen langsam zu entspannen, und die Menschen getrauen sich wieder, Urlaubspläne zu schmieden und Flüge ins Ausland zu buchen.
Höchste Zeit also, nicht nur unsere Kenntnisse zur Reisemedizin, sondern auch diverse Impfungen aufzufrischen. Was veränderte sich abseits von COVID-19 in der Welt der Infektionen?
Wichtiger denn je ist die Kontrolle der Standardimpfungen. Fällige Auffrischungen wurden aufgrund der Pandemie oftmals aufgeschoben und vergessen. Ein Impfpass-check bei Reiseplänen ist die ideale Gelegenheit, die Aktualität des Schutzes gegen Diphtherie/Tetanus/Pertussis, Hepatitis A + B, FSME sowie eventueller altersabhängiger Impfungen wie gegen Pneumokokken oder Herpes Zoster zu prüfen.
Im Bereich der Reiseimpfungen kamen in den vergangenen zwei Jahren keine neuen Substanzen hinzu. Zwar wurden zwischenzeitlich neue Impfstoffe gegen Dengue-Fieber, Malaria und Ebola zugelassen, diese sind jedoch aufgrund ihrer engen Indikationsstellungen nicht in der Reisemedizin einsetzbar.
Da es nach wie vor häufig vorkommt, dass Reisepläne und Routen kurzfristig verändert werden (müssen), ist größtmögliche Flexibilität von Vorteil:
Impfungen wie Gelbfieber, Typhus oder Meningokokken, die nur eine Dosis erfordern, schiebt man daher am besten bis kurz vor der Reise auf, um sie im Fall einer Reisestornierung nicht unnötig verabreicht zu haben. Alle drei genannten Impfungen benötigen zumindest zehn Tage bis zum vollen Wirkungseintritt und können bei Bedarf auch kombiniert werden.
Für Impfungen gegen Tollwut und Japanische Enzephalitis, die zwei Dosen vor der Abreise erfordern, sollte spätestens vier Wochen vor der Abreise mit der Impfung begonnen werden. Sind von früheren Reisen Grundimmunisierungen vorhanden und ist nur eine Auffrischungsdosis erforderlich, kann diese auch bei langem Intervall durchgeführt werden (bis max. zehn Jahre nach der Grundimmunisierung).
Da eine Schutzimpfung gegen Malaria für touristische Reisen weiterhin auf sich warten lässt, muss immer noch über die medikamentöse Vorsorge gesprochen werden.
Die verfügbaren Medikamente verändern sich nicht: Für die Prophylaxe kommen Atovaquon + Proguanil, Doxycyclin oder Mefloquin in Frage, für die Notfallbehandlung Atovaquon + Proguanil oder Artemether + Lumefantrin.
Die Wahl der richtigen Methode (Prophylaxe versus Notfallbehandlung) richtet sich nach der Häufigkeit der Erkrankung im Reisegebiet. Auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin finden sich Karten zur Malariaverbreitung und zu den daraus abgeleiteten Empfehlungen für die wichtigsten Weltgegenden.
Zwei Jahre Pandemie unterbrachen viele Kontrollprogramme, auch der Zugang zu prompter Diagnose und Behandlung wurde in einigen Reiseländern schwieriger.
Für viele Länder ist eine Notfallselbstbehandlung aufgrund des relativ geringen Malariarisikos möglich. Diese Strategie bedeutet den Verzicht auf Prophylaxe (außer den nichtmedikamentösen Maßnahmen, s. u.) und die prompte Behandlung der Erkrankung im Falle von Symptomen.
Viele Ärzt:innen und Reisende unterschätzen jedoch die oft komplexen Anforderungen im Notfall. Selbst nach der Reise – zurück im sicheren Österreich – kann die rasche Durchführung eines Malariatests bei Auftreten von Fieber schwieriger sein als gedacht. Wer sich für Stand-by entscheidet, muss wissen, wo im Notfall ein Test möglich ist. Kann das nicht innerhalb von wenigen Stunden organisiert werden, muss die Selbstbehandlung eingenommen werden.
Im Rahmen der Malariavorsorge muss das wichtige Thema „Insektenschutz“ unbedingt mit den Reisenden besprochen werden. Repellenzien und imprägnierte Kleidung sind einfache und gut wirksame Maßnahmen gegen eine Unzahl an von Mücken übertragenen Erkrankungen. Für viele dieser Infektionen wie Dengue, Chikungunya, Zika und West-Nil-Fieber gibt es keine andere Möglichkeit der Vorbeugung und auch keine Therapie.
Die Wahl der Mückenschutzprodukte kann durchaus der Nase der Reisenden überlassen werden (Spoiler: Alle stinken!), wichtig ist aber, auf wirksame Inhaltsstoffe wie DEET oder Picaridin zu bestehen. Die Schutzwirkung lässt zudem – vor allem im tropisch-heißen Klima – recht rasch nach, sodass unter Umständen mehrmals täglich neu aufgetragen werden muss. Durch die zusätzliche Imprägnierung von Kleidungsstücken mit Permethrin kann die Wirkung deutlich erhöht werden.
Bei der Zusammenstellung einer Reiseapotheke wird leider häufig stark übertrieben. Viele Reisende agieren nach dem Motto „The more the better“.Medikamente, der Laie bzw. die Laiin nicht gut kennt und deren Indikationen er/sie vergaß, können durch Neben- und Wechselwirkungen oft mehr schaden als nützen. Auch der breite Einsatz systemisch wirksamer Antibiotika gegen Reisedurchfall, insbesondere von Quinolonen, wird zunehmend kritisch gesehen. Die meisten Episoden dieser häufigen Urlaubsplage sind mit Motilitätshemmern, Antiemetika und ausreichend Flüssigkeit gut beherrschbar. Wenn eine Verkürzung der Krankheitsdauer durch ein Antibiotikum unbedingt gewünscht ist, sollte man zu nichtresorbierbaren Substanzen wie Rifaximin greifen.
Ein Analgetikum für Kopf-, Zahn- oder Halsschmerzen, juckreizstillende Substanzen und Verbandsmaterial für kleine Verletzungen runden die Reiseapotheke ab.