GABRIELE EBERL: Herr Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Stummvoll, MedUni Wien, präsentierte bei der ÖGR-Jahrestagung eine Fragenbogenanalyse über den Lupus in Österreich. Es wurden 79 Patienten befragt, davon waren 89% weiblich. Ca. 22% waren über 50 Jahre alt, rund 25% waren zwischen 27 und 35 Jahren alt, zwischen 21 und 26 waren 12,5%. Interessant ist, dass die Diagnose bei 35,94% der Patienten im ersten Jahr gestellt wurde, ansonsten erst deutlich später – es kann drei bis zwölf Jahre dauern, bis die Diagnose gesichert ist!
Wichtig sind immer die Symptome, auf die man achten muss. Die Erstsymptome sind in über 50% Müdigkeit und Gelenkbeschwerden. In nur ca. 25% ist es das ungeklärte Fieber, ein Hautausschlag oder der Patient berichtet über Sonnenempfindlichkeit. Meistens gehen die Patienten zuerst zum Hausarzt (ca. 65%), die Diagnose wird aber in 60% von den Rheumatologen gestellt.
Ja, das ist wirklich sehr zu empfehlen und wird in der Regel auch so gemacht. Man muss aber daran denken, dass es sich bei diesen Allgemeinsymptomen um einen Lupus handeln kann. Interessant zu erfahren war die subjektive Einschätzung der Patienten, die von der Einschätzung des Arztes abweichen kann. Vor der Therapie fühlen sich 39% schlecht und 52% sehr schlecht und unter Therapie geht es 17% der Befragten wirklich gut und 45% zumindest mittelgut. Diese Patienten sind wirklich schwer krank, über 70% sind in Beruf, Freizeit und Reisen eingeschränkt und haben körperliche und auch soziale Probleme, die sich durch die Erkrankung ergeben.
Hervorgehoben hat Doz. Stummvoll auch, dass Informationen für diese Patienten sehr wichtig sind – über 90% wünschen sich viel Information über die Erkrankung, die ja sehr selten ist. Fast 70% der Betroffenen informieren sich in Internetforen oder auf Websites! Natürlich sind Fachärzte und Kompetenzzentren meiner Meinung nach die idealen Ansprechpartner um wirklich individuell aufzuklären und die persönliche Situation aller zu berücksichtigen.
Ein weiteres Anliegen der Patienten ist, dass die Bevölkerung aufmerksam auf die Erkrankung gemacht wird.
Viele Patientinnen mit Lupus sind im gebärfähigen Alter und einige von ihnen werden heute mit dem humanen monoklonalen Antikörper Belimumab (Benlysta®) behandelt. Zu diesem Thema hat Univ.-Prof. Dr. Michael Schirmer, MedUni Innsbruck, ein neues Schwangerschaftsregister vorgestellt, das eine Auflage für die Zulassung von Belimumab in Europa war. Das gab es bis dato noch nicht in dieser Art: Im Tierversuch haben sich keine Hinweise auf gesundheitsschädliche Wirkungen im Rahmen einer Schwangerschaft ergeben, aber bei Patienten gibt es diesbezüglich keinerlei Daten. Das Ziel ist, dass international mindestens 500 Patientinnen erfasst werden. Im Oktober 2013 wurde in Österreich begonnen, dieses Register zu implementieren. Die offenen Fragen sind, ob es durch dieses Medikament zu Defekten kommt und ob es spontane Aborte oder Totgeburten gibt. Man möchte die Kinder auch nachkontrollieren und ihren Gesundheitszustand nach einem Jahr überprüfen.
Die Erwartungen an dieses Register sind natürlich groß. Derzeit wird jedenfalls empfohlen, das Medikament rechtzeitig abzusetzen und während der Schwangerschaft nicht einzunehmen.
Dr. Wolfgang Halder, Landeskrankenhaus Hochzirl, hat spannende Daten zu dieser Frage präsentiert. Er berichtete, dass ältere Menschen durchschnittlich acht verschiedene Medikamente einnehmen – natürlich kann es da zu Arzneimittelinteraktionen kommen, die sowohl die Pharmakogenetik als auch die -dynamik betreffen können. Aus Angst vor diesen Nebenwirkungen kann es zur medikamentösen Unterversorgung kommen wodurch die rheumatischen Beschwerden der Patienten unzureichend behandelt werden.
Was die Wechselwirkungen betrifft wies Dr. Halder darauf hin, dass z.B. Methotrexat (MTX) leider in einigen Fällen mit häufig eingesetzten Medikamenten zu Problemen führt. Dazu gehört die Kombination mit Protonenpumpenhemmern (PPI). Hier kann es zu einer erhöhten MTX-Toxizität kommen, weil das Medikament vermindert ausgeschieden wird. Der dafür verantwortliche Mechanismus ist noch unklar.
Ähnliches passiert bei der gleichzeitigen Gabe von MTX und Theophyllin. Hier kann es dosisabhängig dazu kommen, dass die Theophyllin-Clearance durch MTX herabgesetzt wird und dadurch eine höhere Konzentration (bis zu 20%) des Theophyllin-Spiegels vorliegt.
Ein sehr häufiges Medikament zur Behandlung von Harnwegsinfekten ist Trimethoprim. Bei der Kombination mit MTX besteht die Gefahr einer Knochenmarkstoxizität. Dazu gibt es zahlreiche Fallberichte. Der Mechanismus ist auch hier nicht ganz klar, jedenfalls steigt die Konzentration von freiem MTX und die Elimination sinkt wiederum. Das Medikament bleibt also länger in höherer Dosierung im Körper und kann Nebenwirkungen erzeugen.
Natürlich gibt es auch zwischen anderen Therapeutika Interaktionen, wie z.B. bei der Kombination von Salazopyrin® mit dem Herzglykosid Digoxin. Hier zeigt sich ein signifikanter Abfall des Digoxin-Spiegels. Auch hier ist der Mechanismus nicht bekannt. Interessanterweise ist das aber bei Digitoxin nicht der Fall.
Auch bei Leflunomid sind zahlreiche Interaktionen bekannt. Hervorzuheben ist vielleicht die Kombination mit Rosuvastatin, denn hier sind schwere Leberschäden möglich.
Dr. Judith Sautner aus dem Krankenhaus Stockerau präsentierte hierzu eine Umfrage. Sie berichtete, dass sie an 574 ÖGR-Mitglieder einen Fragebogen versendet hat, in dem es um Diagnostik, Prophylaxe, Therapie und Bildgebung ging. Das Ergebnis zeigt, dass generell ein sehr hohes Wissensniveau über das gesamte Spektrum der Erkrankung besteht. Immerhin 32% der Ärzte machen selbstständig eine Gelenksonografie beim Gichtschub, 22% überweisen. Die Ärzte halten sich an die EULAR-Empfehlungen für Gicht.
Ein wichtiges Fazit: Für den Allgemeinmediziner ist eine Überweisung zum Rheumatologen sinnvoll bei einer unklaren Diagnose oder für eine Differenzialdiagnose. Auch wenn eine Gelenksonografie oder eine Gelenkpunktion durchgeführt werden muss, sollte überwiesen werden. Weitere Indikationen sind ein schwer einstellbarer Harnsäurespiegel oder Komorbiditäten wie eine koronare Herzkrankheit oder eine Nierenkrankheit.
Dann wurde noch auf die österreichischen 3E-Empfehlungen zur Diagnose und dem Management der Gicht verwiesen, die im November 2013 in der Wiener Klinischen Wochenschrift publiziert wurden. Der Arbeitskreis der ÖGR ist im Moment dabei, Ernährungsempfehlungen zu erstellen, die separat für Patienten und Ärzte zur Verfügung stehen sollen.
Priv.-Doz. Dr. Jochen Zwerina, Hanusch-Krankenhaus, Wien, hat über diese sehr seltene Krankheit berichtet, die durch eine diffuse oder lokale Schwellung in einzelnen oder mehreren Organen charakterisiert ist. Im Labor zeigt sich ein erhöhter IgG4-Spiegel um über 135 ml/dl. Histopathologisch zeigt sich eine lymphoplasmazelluläre Infiltration und oft eine obliterative Phlebitis oder fibrotische Veränderungen. Die bekanntesten Manifestationen der IgG4-assoziierten Erkrankung sind die Typ-1-Autoimmunpankreatitis, der M. Ormond (Retroperitonealfibrose) und Speicheldrüsenbefall (Mikulicz-Syndrom, Küttner-Tumor).
Um die vielen offenen Fragen, die es derzeit zur IgG4-related disease gibt, beantworten zu können, wurde im Hanusch-Krankenhaus eine multizentrische prospektive Beobachtungsstudie initiiert. Derzeit wird für diese Datenbank um Patienten mit positivem IgG4 geworben!
Der Arbeitskreis hat eine Stellungnahme zum optimalen Start-Zeitpunkt einer stationären Rehabilitation abgegeben und die Vorrausetzungen, welche Patienten für den Beginn einer Rehabilitation benötigen, definiert. Grundsätzlich gibt es gewisse Einflussfaktoren, die wichtig sind wie die internistischen Begleiterkrankungen, vor allem die kardio-pulmonale Leistungsfähigkeit des Patienten. Weiters zu klären sind der mentale Zustand und der Kräftezustand, die Motivation des Patienten und ob neurologische Erkrankungen vorliegen. Nach einer Operation muss der lokale Status der operierten Region abgeklärt werden, welche Technik angewendet wurde und wie stabil der Outcome ist. Eventuelle postoperative Probleme müssen ebenfalls berücksichtigt werden – hier ist ein professionelles Wundmanagement auch für die Rehabilitation sehr wichtig. Die Zuweisungen zur optimalen Versorgung werden von der Akutabteilung festgelegt, wo auch die Rehabilitationsfähigkeit und das -potenzial abgeschätzt werden.
Es wurde auch über die Kernleistungen der Rehabilitation berichtet: Bewegung und physikalische Funktionalität, die Bewältigung der Bedürfnisse des Alltags und die psychologische Unterstützung. Diese werden durch eine Kombination aus Physiotherapie, Ergotherapie, Psychologie, medikamentöser Optimierung, verschiedensten Schulungen, ergänzenden physikalischen Therapien und natürlich auch durch die gezielte Diagnostik, die idealerweise schon vor der Rehabilitation abgeschlossen sein sollte, ergänzt.
Auch zu diesem Punkt wurde eine Befragung durchgeführt, die von Dr. Rudolf Puchner, Wels, gemacht wurde. Dabei zeigte sich, dass sich Hausärzte und Rheumatologen darüber einig sind, dass Voruntersuchungen wie Röntgen oder Labor durch die Allgemeinmediziner vorgenommen werden können. Die Allgemeinmediziner schätzten ihre Kompetenz in Rheumatologie zu 49% im mittleren Bereich auf einer sechsteiligen Skala ein. Bei Verschlechterung einer rheumatologischen Erkrankung oder Nebenwirkungen sehen sich über 80% der Hausärzte als erste Ansprechpartner. Hier besteht eine Diskrepanz, denn nur etwa 50% der internistische Rheumatologen sehen die Allgemeinmediziner als die richtige Anlaufstelle in dieser Situation an und würden sich also oft früher eine Überweisung zum Facharzt erwarten. Einigkeit besteht z.B. wieder darüber, dass die Folgeverordnung und die Verabreichung von Biologika durch die Allgemeinmediziner vorgenommen werden.
Die Kontrolle der Basistherapie sollte alle drei Monate durch den Rheumatologen erfolgen. Auch hier zeigte sich eine kleine Diskrepanz in der Einschätzung, denn die Mehrzahl der Hausärzte würde auch nur alle sechs Monate überweisen.
Interessant ist auch, dass Allgemeinmediziner nach einer entsprechenden Diagnostik zum Rheumatologen überweisen, z.B. in ca. 52% bei Fibromyalgie und in ca. 65% bei Fingerpolyarthrosen, aber immer nur dann, wenn als Differenzialdiagnose eine Arthritis ausgeschlossen werden soll. Grundsätzlich sehen die Rheumatologen Patienten mit Fingerpolyarthrose auch gerne, falls der Verdacht besteht, dass es eine Arthritis sein könnte. Polymyalgia-rheumatica-Patienten werden zu ca. 55% zum Rheumatologen überwiesen, was sinnvoll ist. Kollagenosen werden in 76% dem Rheumatologen zugewiesen, auch wenn keine Gelenkbeteiligung vorliegt. Weitere 21% der Hausärzte schicken Patienten mit Kollagenosen nur zum Rheumatologen, wenn eine Gelenkbeteiligung vorliegt.
Interessant für mich war, dass 77,7% der Hausärzte Patienten mit Osteoporose nicht zum Rheumatologen schicken würden. In nur 19% wird überwiesen, aber nur bei einer pathologischen Fraktur oder Knochendichte. 37% der internistischen Rheumatologen sagen hingegen, dass diese Patienten immer zu ihnen überwiesen werden sollten, weitere 41% fühlen sich zumindest für Patienten mit pathologischer Knochendichte oder pathologischer Fraktur zuständig.
Das ist eigentlich der Punkt mit dem größten Unterschied in der Einschätzung. Hier sehe ich zukünftig Aufgaben bei den Rheumatologen, die nötige Aufmerksamkeit herbeizuführen oder auch gewisse Schulungen noch zu intensivieren.
Die Wartezeiten in den Ordinationen und auch rheumatologischen Spezialambulanzen sind sehr lang (teilweise über zwei Monate). In Oberösterreich wurde im niedergelassenen Bereich eine Akutsprechstunde eingerichtet. Dieser Service hat eine Voruntersuchung durch einen erfahrenen Rheumatologen erfasst, die entweder am gleichen Tag oder zumindest innerhalb einer Woche erfolgt ist. Der Patient kommt persönlich mit oder ohne Zuweisung in die Ordination, natürlich auch nach telefonischer Anfrage oder auch nach telefonischer Anmeldung durch den Hausarzt. In jedem Fall hat der Hausarzt einen schriftlichen Befund vom Rheumatologen erhalten. Ziel dieses Projektes war es, festzustellen, wie groß der Bedarf nach rheumatologischer Versorgung im niedergelassenen Bereich ist.
Es war interessant festzustellen, ob ein erfahrener Rheumatologe in einer Kurzbegutachtung imstande ist, eine Diagnose schnell zu sichern und ob es Unterschiede in der Diagnosesicherheit der einzelnen Erkrankungen gibt. Erhoben wurden bei den Patienten demografische Daten und die Dauer der Beschwerden. Dann mussten sie auf einer VAS-Skala die Schmerzen angeben. Anschließend wurde vom Erstbegutachter die Verdachtsdiagnose gestellt, in jedem Fall hat der Patient eine Empfehlung mitbekommen. Nach sechs Monaten wurden diese Patienten nach der Erstbegutachtung nochmals kontaktiert, und es wurde kontrolliert, was aus der Behandlung geworden ist.
In den sechs teilnehmenden Ordinationen wurden 335 Patientenbegutachtungen durchgeführt. Zu 63,3% waren die Patienten Frauen, im Median waren die gesamten Patienten 54 Jahre alt. Die Zuweiser waren 216 Hausärzte, aber auch Orthopäden (2%) und andere Fachärzte (ca. 8%). Die Zuweisungsdiagnosen waren zu 52,5% entzündliche Erkrankungen (hauptsächlich rheumatoide Arthritis, Spondyloarthritis), zu 32,5% nichtentzündliche und in ca. 15% unklare Erkrankungen. Nach sechs Monaten zeigte sich, dass die Übereinstimmungsquote von der Akutbesprechung bzw. der Verdachtsdiagnose bei rheumatoider Arthritis 93% betrug, bei Kollagenosen sogar 100%.
Es handelt sich hierbei also um eine sehr sinnvolle Maßnahme, den Patienten rasch eine fachärztliche Empfehlung zu geben und nicht zu viel Zeit bis zum Behandlungsbeginn zu verlieren.