Einreibungen mit Brennnesseln oder Alkohol, Birkenzweig-„Peitschungen“, Kaltwasserwickel, Opferungen, Gebete, Räuchern … die Menschheitsgeschichte war schon in früher Zeit voll von Ansätzen zur Bekämpfung von Schmerzen. Auch heute eingesetzte Mittel haben eine lange Historie. Die Salicylsäure gegen Inflammation und Schmerz wurde bereits in der Antike eingesetzt, indem man Weiderinde kaute oder Aufgüsse daraus machte. Opium aus dem Schlafmohn war um 4.000 vor Christus bereits bekannt und auch in Keilschrift dokumentiert. Aus heutiger Sicht konnte dank der vielen Errungenschaften dem Schmerz in Ländern mit guten Gesundheitssystemen der Schrecken und Stachel genommen werden. Aber: „Es leiden noch immer viel zu viele Menschen an akuten und vor allem an chronischen Schmerzen, obwohl es Schmerzdiplome, Schmerzexperten, Schmerzordinationen und Schmerzambulanzen gibt“, schreibt Kongressleiter Dr. Walter Fiala in seinem Vorwort zum Programm des 48. Allgemeinmedizinerkongresses in Graz. Als eines der Ziele des Kongresses nannte er, „nicht nur die Mechanismen des Schmerzgeschehens besser zu verstehen, sondern die Schmerzpatienten besser zu ‚begreifen‘ und zu ‚behandeln‘“.
Der thematische Bogen spannte sich von Schmerzen im Wachs-tumsalter, Kopfschmerzen, akutem Thoraxschmerz, schmerzendem Gelenkersatz über Unterbauchschmerzen der Frau, Schmerzen beim Sex, Schmerzen beim geriatrischen und dementen Patienten und Cervicobrachialgie bis hin zu Gicht, der Erkennung entzündlicher Gelenkerkrankungen, der Lokaltherapie häufiger Schmerzen kleiner Gelenke und dem Einsatz von Cannabis in der Schmerztherapie. Außerdem wurde ein multimodales Behandlungskonzept bei Low Back Pain vorgestellt und die schmerzmedizinische Versorgung auf allen Ebenen beleuchtet. Aus Gesprächen mit Kongressteilnehmern ging hervor, dass sie die Veranstaltung als wertvolle Auffrischung ihres Wissens sahen und die Vorträge in der Gesamtheit als spannend beurteilten.
Die Steirische Akademie für Allgemeinmedizin hat alle Kongressvorträge in Bild und Ton aufgezeichnet und stellt sie auf ihrer Website www.stafam.at zur Verfügung.
Ausbildung in Schmerzmanagement wichtig für Allgemeinmediziner
Dr. Christoph Dachs: Schmerz ist ein Thema, das uns täglich in der Praxis beschäftigt. Es wurde gut aufbereitet, es gab gute Vorträge, und wir sind alle sehr zufrieden mit dem Kongress.
Dachs: Wir erleben unterschiedliche Qualität der Schmerzambulanzen. Aus Salzburger Sicht muss ich sagen, ist sie nicht sehr hoch. Man bekommt nicht immer das, was man sich erwartet, wenn man die Patienten dorthin verweist. In der Steiermark ist es scheinbar besser, dort gibt es auch mehr invasive Methoden, die bei einem sehr kleinen Schmerzklientel wirkungsvoll sein können. In den meisten Fällen kann man allerdings als Allgemeinmediziner, wenn man in Schmerzmanagement gut ausgebildet ist, zu einem Großteil ohne Spezialambulanzen gut selbst behandeln – wenn die Qualität der Schmerzambulanzen nicht deutlich steigen sollte.
Dachs: Bei komplexen Schmerzgeschehen, die mit einer einfachen Schmerztherapie nicht adäquat behandelt werden können. Dazu brauchen wir Strukturen, die das abbilden – die haben wir aber nicht in jedem Bundesland.