Seltene Erkrankungen sind – wie der Name sagt – selten. Dieses Attribut erhält jede Krankheit, von der nicht mehr als 5 von 10.000 Einwohnern betroffen sind. Und doch haben seltene Erkrankungen, deren Gruppenzugehörigkeit sich nur über ihre Seltenheit definiert, mehr gemeinsam als das Attribut. Sie sind so selten, dass die Herausforderungen ähnlich sind: Sie sind so selten, dass sie zum Teil wenig erforscht sind, dass Diagnosemöglichkeiten und Therapien oft fehlen. Der Leidensweg der Betroffenen – und der sie betreuenden Hausärzte – beginnt daher meist schon mit einem mühevollen, oft jahrelangen Weg bis zur richtigen Diagnose. „Häufig fühlt sich kein Organfachgebiet zuständig, da gleichzeitig mehrere Organbereiche betroffen sind; häufig endet auch die spezialistische Diagnostik in der Sackgasse eines Teilbereichs“, beschreibt Dr. Reinhold Glehr die Herausforderungen aus allgemeinmedizinischer Perspektive.
Eine weitere Gemeinsamkeit: Die Zahl der Betroffenen scheint vernachlässigbar klein, aber alles in allem sind seltene Erkrankungen häufig – ein nur scheinbares Paradoxon. Es gilt als eines der zentralen Missverständnisse im Umgang mit seltenen Erkrankungen, dass die Gesamtzahl der Patienten unterschätzt wird. Bei einer derzeit geschätzten Zahl von 6.000 bis 8.000 Orphan Diseases sind es in Summe 5–7 % der Gesamtbevölkerung, die im Laufe ihres Lebens von einer seltenen Erkrankung betroffen sind. Das sind mehr als 400.000 Betroffene allein in Österreich.
Rechtzeitig zum Rare Disease Day, der an einem seltenen Tag, dem 29. Februar, begangen wird, haben wir einen Überblick über seltene Erkrankungen sowie über jene aktuellen gesundheitspolitischen Entwicklungen zusammengestellt, die mehr Awareness für seltene Erkrankungen, aber auch einen besseren Zugang zu Expertise bringen sollen.
Wenn in Summe mindestens 5 % der Bevölkerung, 5 % von uns allen an einer seltenen Erkrankung leiden, bedeutet das, dass auch in der allgemeinmedizinischen Praxis statistisch gesehen mindestens jeder Zwanzigste von einer seltenen Erkrankung betroffen ist …
Top-aktuell in dieser Ausgabe finden Sie auch ein Interview mit dem neuen Gesundheitsminister. Den Facharzt für Allgemeinmedizin bezeichnet Rudolf Anschober als sehr wichtigen Punkt im Regierungsübereinkommen, dessen Umsetzung er sich verbindlich vorgenommen habe. Die Interessenkonflikte der letzten Monate (Stichwort: Liberalisierung der ärztlichen Hausapotheken) will er „nicht dramatisch sehen“ und stattdessen „im Dialog nach Lösungen suchen“. Sein Bereich sei ein Ressort des Zusammenhalts, „das heißt eben auch, in Dialog mit allen zu treten“.
Late-breaking-news: Für Unverständnis und Bestürzung sorgt die Ankündigung des Konsolidierungspfades durch den ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer, welche die Wogen hochgehen lässt und uns knapp vor Druck dieser Ausgabe erreichte. Angesichts der erwarteten Milliardenverluste soll bei Leistungsanbietern gespart werden. Der Protest ist heftig.