Die 5 Lendenwirbel sind durch Bandscheiben und Bänder miteinander verbunden, welche die axiale Kompression unterstützen und dementsprechende Bewegungen ermöglichen. Die Endplatten der Wirbelkörper bestehen aus einer flachen knöchernen Scheibe und einem erhabenen Rand, der eine mit hyalinem Knorpel überzogene zentrale Vertiefung bildet. Dazwischen befindet sich die Bandscheibe. Mit fortschreitendem Alter nimmt der Wasseranteil in der Bandscheibe ab, und der Proteoglykan-Haushalt ist diesen degenerativen Prozessen unterworfen, während es zu einer Zunahme an kollagenen Fasern kommt. Dieser Prozess lässt sich mit MRT-Bildgebungsverfahren nachweisen und wird dabei in der Regel als Black Disc (Abb.) bezeichnet. Dies ist nicht automatisch mit einer Zunahme an Schmerzen gleichzusetzen.
Die Schmerzentstehung ist eine Kombination von mechanischer Irritation und lokaler Ausschüttung von Entzündungsmediatoren. Die Bandscheibe selbst ist in ihrem äußeren Bereich durch den N. sinuvertebralis innerviert und kann somit im Rahmen einer Zunahme hochschwelliger Reize nozizeptiv reagieren und damit zu Schmerzen führen. Eine Vorwölbung oder degenerative Situation, die in der Bildgebung dargestellt werden kann, ist nicht allein der ausschlaggebende Faktor für Rückenschmerzen. Dies konnte bei einer großen Population ohne Beschwerden nachgewiesen werden. Nichtsdestotrotz sind die im MRT auffälligen Befunde bei Menschen, die bereits an Rückenschmerzen leiden, deutlich häufiger als bei Personen ohne Beschwerden.
Wesentlich wichtiger sind eine leitliniengerechte gründliche Anamnese und eine körperliche Untersuchung, evtl. Laboruntersuchungen und eine Bildgebung. Aufgrund des selbstlimitierenden Verlaufs ist bei Patient:innen mit Kreuzschmerzen ohne Warnzeichen (Red Flags) zunächst keine routinemäßige Bildgebung erforderlich, da Befunde in der Bildgebung oft überbewertet werden, was wiederum zur Verunsicherung der Patient:innen und damit zur Chronifizierung beitragen kann. Eine Abgrenzung von einer Nervenwurzelproblematik (Radikulopathie) zu (Kreuz-)Schmerzen, die auch ohne Nervenbeteiligung in die Beine ausstrahlen können, ist notwendig. Hierbei ist der neurologische Untersuchungsbefund meist unauffällig.
Ziel einer korrekten Diagnose ist die Vermeidung unnötiger operativer Eingriffe an der Wirbelsäule. Therapieinhalte beziehen sich auf Aufklärung, Bewegungstherapie, physikalische und manuelle Therapie, medikamentöse Schmerztherapie und ggf. epidurale Infiltrationen mit Steroiden. Eine frühe Mobilisierung und leichte bis mäßige Belastung sollten angestrebt werden. Von einer Bettruhe ist allenfalls abzuraten, und diese ist nur in den allerwenigsten Fällen in der Akutphase, wenn eine Mobilisierung wegen der Schmerzen nicht möglich ist, indiziert.
Hierbei sind ebenfalls eine genaue Anamnese und körperliche Funktionsuntersuchungen notwendig, um ungefährliche von spezifischen Rückenschmerzen zu differenzieren. Handelt es sich um Erstere, wird eine Kombination aus physiotherapeutischen und psychologischen Ansätzen empfohlen. Eine zentrale Rolle bei psychologisch informierten, individuellen Trainingsprogrammen spielen patientenzentrierte Prinzipien und Kommunikation zwischen Patient:innen und Angehörigen der Gesundheitsberufe. In einem ersten Schritt werden dabei unterschiedliche Barrieren identifiziert, die Patient:innen dabei im Weg stehen könnten, ihren Rückenschmerz selbst zu managen. DIE „Golden-Bullet-Übung“ für eine erfolgreiche Beseitigung der Schmerzsymptomatik gibt es nicht. Jede Physiotherapie ist individuell verschieden und beinhaltet Aktivitäten, die für die jeweilige Person von Bedeutung sind.
Zentral ist es, Patient:innen mit ihrer Symptomatik und ihren Bedenken ernst zu nehmen und dafür genügend zeitliche Ressourcen einzuplanen. Erst wenn sich die Patient:innen sicher fühlen, kann adäquat therapeutisch gearbeitet werden, um wieder zu einem normalen Bewegungsverhalten zu finden. Viele haben Bedenken, dass durch gewisse Bewegungen weitere Schäden entstehen könnten. Diesem Glaubenssatz ist mittels einer empathischen Validation gegenüberzutreten und zu entkräften. Darauf aufbauend gilt es, mittels Informationen über eigene Managementstrategien, physische Aktivität und/oder Übungen zu implementieren, um wieder Vertrauen in den eigenen Körper und physiologische Bewegungsmuster, zu denen Bücken, Heben oder Laufen gehören, zu gewinnen.
Praxismemo