Der ehemalige WGKK-Obmann, Vorsitzender der Trägerkonferenz im Hauptverband und Druckgewerkschafter Franz Bittner ist Anfang November im 70. Lebensjahr verstorben. So wie es ihm als Vorsitzender der Gewerkschaft Druck, Journalismus, Papier um die Beschäftigten ging, so ging es ihm in der Sozialversicherung um die Versicherten. Es waren die gleichen Menschen. Bittner war als Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse (von 1997 bis 2009) und Vorsitzender der Gewerkschaft Druck, Journalismus, Papier (von 1993 bis 2006) ein Musterbeispiel der Sozialpartnerschaft – im doppelten Sinne: als Gewerkschafter in der Sozialversicherung und als Kassenobmann mit den Vertragspartnern. Er sei stets ein „harter, aber sehr fairer Verhandlungspartner“ gewesen, und „er hat sich den Versicherten und Patientinnen und Patienten gegenüber persönlich verpflichtet gesehen“, trauerte Ärztekammerpräsident MR Dr. Johannes Steinhart, der immer ein streitbarer Gegner Bittners war und ihn dennoch nach seinem Ausscheiden in der Sozialversicherung für zehn Jahre als Patientenobmann in die Ärztekammer holte.
Davor war Bittner von 2002 bis 2009 Vorsitzender der Hauptversammlung und später der Trägerkonferenz des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und insgesamt eine der prägendsten Führungspersönlichkeiten der österreichischen Sozialversicherung. „Als Spitzenrepräsentant im Gesundheitswesen bewegte er sich stets auf glattem Parkett auf der Suche nach Gestaltungsspielräumen zwischen politischem Druck und Partikularinteressen mächtiger Lobbys“, erinnerte der Dachverband. ÖGK-Obmann Andreas Huss sagt über Bittner: „Ein progressiver Sozialpartner und Visionär ist von uns gegangen. Er sah bereits sehr früh den hohen Stellenwert der psychischen Gesundheit und setzte die Psychotherapie auf Krankenkosten um, verstärkte die integrierte Versorgung für chronisch Kranke und die Zusammenarbeit mit der Selbsthilfe.“ Als seine größten Erfolge gelten wohl der Ausbau der Vorsorgeuntersuchung samt zielgerichtetem Einlade-system, die Etablierung des Brustkrebs-Screening-Programms und das Diseasemanagementprogramm Diabetes. Unter seinem Vorsitz im Hauptverband wurde unter anderem die Einführung der e-Card umgesetzt, die Balanced-Scorecard-Steuerung eingeführt, die Konsolidierung der Rechenzentren eingeleitet und die IT-SV GmbH gegründet.
Mitte November starb dann einer der Initiatoren des Sozialstaatsvolksbegehrens (2002: 717.102 Unterschriften), der Unfallchirurg und Begründer der Arbeitsgemeinschaft „Kritische Medizin“, Dr. Werner Vogt. Der gebürtige Tiroler wurde 85 Jahre alt. Bekannt wurde er durch seine Auseinandersetzung mit dem ob seiner Vergangenheit im Nationalsozialismus umstrittenen Psychiater und Gerichtsgutachter Heinrich Gross. Vogt rief der Öffentlichkeit ins Bewusstsein, dass Gross – bis in die 1980er-Jahre einer der meistbeschäftigten Gerichtsgutachter in der Justiz – im Dritten Reich an der Wiener „Euthanasie-Klinik“ am Spiegelgrund als Stationsarzt behinderte Kinder für Forschungszwecke missbraucht hatte. Der Prozess am Wiener Landesgericht für Strafsachen wurde allerdings wegen „fortgeschrittener Hirndemenz“ des Angeklagten auf Eis gelegt. Gross starb Ende 2005. Vogt, der von 1969 bis 2000 als Unfallchirurg im AUVA-Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler in Wien tätig war, leistete auch bei Auslandseinsätzen – etwa in Nicaragua oder im Kosovo – medizinische Hilfe. 2003 wurde er in Wien zum Pflegeombudsmann bestellt, danach engagierte er sich als Pflegeombudsmann im Gesundheits- und Sozialministerium. 2019 wurde er von der Österreichischen Liga für Menschenrechte für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Vogt war einer, der Zeit seines Lebens nie aufgehört hat, gegen Ungerechtigkeiten laut zu reden und zu schreiben. (rüm)