Ärztliche Kommunikation ist voraussetzungsvoll und weicht erheblich von der Alltagskommunikation ab.
Auch bei trivialen Situationen – z. B. der Verlängerung einer Medikamentenverschreibung – wissen Patient:innen nicht genau, was auf sie zukommt, und befinden sich in einer aufmerksamen Anspannung mit veränderter Wahrnehmung. Dies gilt für die Klärung eines Beratungsanlasses, für Anamnese, Befundmitteilungen, bei der Eröffnung ungünstiger Diagnosen und bei Hinweisen auf notwendige Lebensstiländerungen. Die Informationsaufnahme und -verarbeitung wird dabei entsprechend der unterschiedlichen sensorischen Kapazität gefiltert. Je nach Einstellung des „Filters“ kommen manche Informationen durch, während andere verloren gehen bzw. in einer Pufferzone zurückbleiben. Aufmerksamkeit bedingt dementsprechend einen nicht gänzlich vorhersehbaren Durchlass von Information, der von den äußeren Umständen und der Modalität des Gesprächs in hohem Maß abhängig ist.
Die seit der Antike postulierte Wirkung der richtigen Worte als Heilmittel hat in den letzten Jahren durch die Neurowissenschaft immer mehr Bestätigung gefunden. Zusammen mit den gesellschaftlichen Forderungen der 1970er-Jahre nach aktivem Einbezug in die Behandlungsprozesse, dem Bedürfnis nach umfassender Information zu Diagnose, Therapie und Prognose und daraus resultierender partizipativer Entscheidungsfindung, ist die ausreichende Auseinandersetzung mit Gesprächsmedizin für Ärzt:innen eine unbestrittene Notwendigkeit. Parallel zu den unglaublich rasch voranschreitenden Entwicklungen im technischen Bereich der Medizin bleibt die Optimierung der Kommunikationskultur sowohl in der Ausbildung als auch in der Praxis ein wichtiges Thema. Vor allem auch das Bewusstsein für Prävention und für Eigenverantwortung sowie die Kenntnis um Ressourcen von Patient:innen bedürfen neben allen schriftlichen Bemühungen oder der Verwendung anderer medialer Mittel nach wie vor des gesprochenen Wortes in des 4-Augen-Gesprächs.
Die Studienpläne haben sich dieser Notwendigkeit angepasst, die Angebote für postgraduale Weiterbildung im psychosozialen und psychosomatischen Bereich haben inzwischen bereits eine lange Tradition. Doch neben der zu fordernden Grundkompetenz im Bereich Kommunikation ist der Zeitrahmen ein oft limitierender Faktor. Die Anpassung der Honorarkataloge wird deshalb immer wieder neu gefordert. Die Überbewertung technischer Maßnahmen gegenüber Zeit als Wirkfaktor begleitet die Finanzierungsdiskussion seit Jahrzehnten und bedarf immer wieder neuer Impulse. Neu kommt nun als Herausforderung an die Medizin die Optimierung der digitalen Kommunikation zwischen Ärztin:innen und Patient:innen dazu. Sie soll entlasten, Qualität in gewissen Bereichen erhöhen, den Bedürfnissen der Patient:innen entgegenkommen und nicht zuletzt ebenso wie das gesprochene Wort das Wohlbefinden der Patient:innen verbessern und Grundlage für Vertrauen und Motivation schaffen – doch davon ein anderes Mal. „Sprechstunde“, „Wort als Arznei“, „gute Anamnese ist halbe Diagnose“, „Beratungsgespräch“ haben unveränderte Bedeutung in der modernen Medizin. Der nachfolgende Artikel von MR Dr. Bernhard Panhofer soll dazu einen Beitrag liefern, ebenso die darauf folgenden Hinweise auf die Diplomweiterbildungen „Psychosoziale Medizin“ und „Psychosomatische Medizin“.