Eine nahezu unendliche Geschichte hat nun ein Finale gefunden: Nach mehreren Pilotversuchen, Testläufen und ewigen Debatten über die Ausgestaltung haben sich nun Ärztekammer, Sozialversicherung und Bund auf die Finanzierung der E-Medikation geeinigt. Alle Ärzte, die mit dem System arbeiten, auch die Wahlärzte, bekommen als Investitionsabgeltung einmalig 1.314 Euro. Dazu gibt es für Vertragsärzte 20 Euro pro Monat zur Abgeltung der Wartungskosten. Voraussetzung dafür ist eine integrierte Software. Insgesamt werden dafür rund 10 Millionen Euro aufgewendet.
Der Hintergrund ist einfach: Zwei Millionen Versicherte in Österreich nehmen regelmäßig fünf oder mehr Medikamente ein, die bis zu zehn Wechselwirkungen auslösen und in seltenen Fällen auch zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen können. Abhilfe soll nun eben die E-Medikation bringen. „Diese ELGA-Anwendung wird bis September 2019 schrittweise in ganz Österreich eingeführt“, sagte Dr. Alexander Biach, Vorsitzender des Verbandsvorstandes im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. „Damit wissen die beteiligten Ärzte und Apotheker, welche anderen Medikamente verordnet wurden und können dementsprechend reagieren. Ich möchte mich bei unseren Partnern, Bund, Länder und Ärztekammer, bedanken, dass wir uns auf diesen wichtigen Schritt verständigen konnten.“ Pionierarbeit leisteten zuvor die Vorarlberger Gebietskrankenkasse, die Vorarlberger Ärztekammer und die Apothekerkammer, die in ihrem Bundesland E-Medikation bereits seit Februar verwenden.
„Dank E-Medikation ersparen wir Ärzte uns wertvolle Zeit in der Anamnese und können uns somit auch intensiver dem Patienten persönlich widmen. Mit der jetzigen Lösung wurde die Finanzierung geklärt“, betonte MR Dr. Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte. Das positive und lösungsorientierte Klima, in dem die Verhandlungen stattgefunden haben, lassen ihn hoffen, dass auch noch andere wichtige Schritte für die Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitssystems folgen werden. Zuletzt gab es wie berichtet ja auch eine Einigung über die Finanzierung der Lehrpraxis.
Auch Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein zeigte sich ob der Einigung erfreut: „Die Einführung der E-Medikation ist ein wichtiger und innovativer Schritt in Richtung Digitalisierung und der damit verbundenen Serviceleistungen für Patienten und Dienstleister im Gesundheitswesen. In kürzester Zeit konnte nun dieses Projekt, für das es bereits seit 2012 eine gesetzliche Grundlage und auch einen Auftrag gab, realisiert werden.“
Mit der E-Medikation kann der behandelnde Arzt die Medikationsliste seines Patienten einsehen und neue Verordnungen auf unerwünschte Wechselwirkungen prüfen. Diese neuen Medikamente werden in der E-Medikation gespeichert. Ein Patient erhält dann ein Rezept mit einem Code, der in der Apotheke eingelesen wird und damit die Speicherung der Abgabe des Medikaments ohne zusätzlichen Erfassungsaufwand ermöglicht. Auch rezeptfreie Medikamente, die Wechselwirkungen auslösen können, werden in der E-Medikation gespeichert. „Eine ganz wichtige Neuerung für Patienten ist dabei, dass Patienten dafür in der Apotheke ihre e-card benötigen“, betonte Volker Schörghofer, Stellvertretender Generaldirektor im Hauptverband. „Mit dem Stecken der e-card kann in der Apotheke die gesamte E-Medikationsliste eingesehen werden. Auch das Krankenhaus hat Zugriff auf diese Liste und damit eine Übersicht über eingenommene Medikamente, was gerade für ältere Patienten ein großer Vorteil ist.“
Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und die Österreichische Ärztekammer wollen in den nächsten Jahren eine Reihe von E-Services gemeinsam umsetzen. Kernpunkte der gesamtvertraglichen Vereinbarung sind die Einführung von E-Medikation und die Ausweitung der e-card-Services auf das elektronische Kommunikationsservice eKOS (E-Zuweisung, E-Überweisung, E-Verordnung). Zusätzlich werden Rahmenbedingungen für weitere Services wie E-Rezept und E-Transportschein ausgearbeitet. „Wir wollen damit die Patientensicherheit erhöhen und die Servicequalität für unsere Versicherten verbessern“, sagte Biach. Hier sieht Johannes Steinhart allerdings noch einigen Gesprächsbedarf. „Gerade beim E-Befund haben wir noch einen längeren Weg vor uns. Wir müssen etwa klären, wie wir den Bericht so gestalten, dass er handlungs- und haftungsrelevant ist.“