Startschuss für neue Primärversorgung in Wien

Es ist ein breiter Schulterschluss, der anlässlich der Eröffnung des ersten Primärversorgungszentrums in Wien demonstriert wurde: Gesundheits- und Sozialstadträtin Mag. Sonja Wehsely, Mag. Ingrid Reischl, Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK), MR Dr. Johannes Steinhart, Vizepräsident der Ärztekammer Wien, Markus Rumelhart, Bezirksvorsteher des 6. Wiener Gemeindebezirkes sowie das Ärzteteam Dr. Wolfgang Mückstein, Dr. Franz Mayrhofer und Dr. Fabienne Lamel präsentierten gemeinsam das Pilotprojekt „Primary Health Care (PHC) Medizin Mariahilf“, das im Zuge der Gesundheitsreform umgesetzt wird.
„Ich freue mich, dass wir uns mit all unseren Partnern auf die Umsetzung dieses Primärversorgungszentrums verständigen konnten“, erklärte Reischl. Sie fasste die Vorteile für die Patienten zusammen: „Die wöchentliche Mindestöffnungszeit beträgt 50 Stunden – damit sind auch die Tagesrandzeiten abgedeckt. Außerdem ist eine umfangreiche und abgestimmte Betreuung chronisch kranker Menschen gewährleistet.“
Wehsely schlug in die gleiche Kerbe: „Mit der Eröffnung des „PHC Medizin Mariahilf“ bringen wir ein weiteres wichtiges Projekt der Gesundheitsreform auf Schiene. Durch die Zusammenarbeit der verschiedenen Gesundheitsberufe werden die Patienten eine verbesserte Koordination im Gesundheitssystem erfahren und damit noch stärker als bisher durch das Gesundheitssystem begleitet und geleitet.“
Für Steinhart „steht bei allen neuen Versorgungsformen im Vordergrund, unseren Patienten einen verbesserten und an deren Bedürfnissen orientierten Service anbieten zu können. In diesem Sinne sind die in Wien nun vereinbarten zwei PHC-Zentren interessante Pilotprojekte.“
Rumelhart unterstreicht: „Das Primärversorgungszentrum ist eine sinnvolle Ergänzung zu den bestehenden medizinischen Einrichtungen im 6. Bezirk. Gerade Berufstätige werden die neuen medizinischen Einrichtungen gut nutzen können, weil sie ihren Arztbesuch noch vor oder nach der Arbeit erledigen können.“

 

Gruppenfoto

 

Breit aufgestelltes Team, keine Urlaubssperre

Mückstein – der schon seit einiger Zeit mit seinen Kollegen eine Gruppenpraxis betreibt – ist optimistisch, dass alle Seiten profitieren: „Ich halte es für einen großen Schritt in Richtung Zukunft, dass sich Partner in der Ärzteschaft, der Sozialversicherung und der Stadt Wien für dieses Projekt gefunden haben. Die ursprüngliche Praxis nun in deutlich vergrößerten und mit modernster Ausstattung versehenen Räumen zu etablieren ist aus unserer Überzeugung entstanden, dass gerade auch die Kassenmedizin einen Innovationsschub braucht.“ Er sieht in dem neuen Konzept eine Win-win-Situation für Ärzte und Patienten: „Für die Ärzte ist es ein Vorteil, im Team zu arbeiten. Die Arbeitszeiten können damit familienfreundlicher gestaltet werden. Eine Urlaubssperre gibt es nicht.“
Die Schließzeit um 19 Uhr erklärt Mückstein damit, dass „ab19 Uhr sowie am Wochenende der Ärztefunkdienst übernimmt“.
Festgeschrieben ist ein verpflichtendes Qualitätsmanagement, dazu zählen etwa auch Fort- und Weiterbildungsangebote für das Kernteam des „PHC Medizin Mariahilf“.
Zukunftsweisend sind auch die Organisation innerhalb des Primärversorgungszentrums sowie die enge Kooperation und regionale Vernetzung mit anderen Gesundheitsanbietern, von denen die Patienten direkt profitieren werden. Das Kernteam besteht aus drei Allgemeinmedizinern, diplomiertem Pflegepersonal sowie medizinischen Ordinationsassistenten. Weiters sind ein Sozialarbeiter und ein Psychotherapeut eingebunden. Ein vierter Allgemeinmediziner soll noch im Laufe des Jahres 2015 dazustoßen.
Derzeit werden rund 12.500 Patienten versorgt, man rechnet mit einem Zuwachs um 25%.
Von Vorteil wird dann auch die Zusammenarbeit mit dem WGKK-Gesundheitszentrum Mariahilf sein, das nur rund 100 Meter entfernt ist. Reischl: „Ob Labor oder Röntgen – viele Untersuchungen, die bisher im Spital gemacht wurden, können Betroffene nun schnell und nur wenige Gehminuten entfernt erledigen.“
Die Finanzierung des PHC sei sehr innovativ gewesen, meinte Steinhart: „Die Ärzte werden regulär nach dem Gruppenpraxen-Gesamtvertrag honoriert, für zusätzliche Leistungen bezahlen Stadt Wien und WGKK eine Pauschale von 210.000 Euro im Jahr. Für die Entlohnung der weiteren Berufsgruppen stehen zusätzlich 20.000 Euro im Jahr zur Verfügung.“ Die Renovierungskosten für die Ordination haben die Ärzte selbst übernommen.
Beschlossen ist ein Beobachtungszeitraum von fünf Jahren, mit einer daran anschließenden genauen Evaluierung.
Steinhart: „Erst danach werden wir sehen, ob PHC-Zentren tatsächlich so viel Positives bringen, wie viele bereits jetzt meinen. Aus den in der Pilotphase gewonnenen Erfahrungen werden jedenfalls die weiteren Schritte resultieren. Sollten die Vorteile überwiegen, steht die Ärztekammer weiteren Projekten ähnlicher Art offen gegenüber.“
Auch Wehsely betont, dass die Evaluierungsergebnisse entscheidend dafür wären, ob es ein Roll-out geben werde oder nicht.

Nächstes Projektin der Pipeline

Nun wird an der Umsetzung eines weiteren Primärversorgungszentrums gegenüber dem SMZ Ost gearbeitet. Wehsely: „Hier wollen wir vor allem die Spitalsambulanz entlasten und den Patienten eine Alternative ganz in ihrer Nähe anbieten.“ Reischl zeigte sich optimistisch, dass die Eröffnung dieses Zentrums noch heuer erfolgen könnte. Momentan läuft die Ausschreibung dafür.