Nach Jahren rückläufiger Fallzahlen verzeichnet die Weltgesundheitsorganisation seit 2020 erstmals wieder einen kontinuierlichen Anstieg der Inzidenz. Die COVID-19-Pandemie führte zu einer massiven Unterdiagnostik, wodurch sich die Tuberkulose unbemerkt ausbreiten konnte. Besonders betroffen sind ressourcenarme Regionen in Südostasien und Afrika. In Österreich ist Tuberkulose selten, doch vor allem Immunsuppression und die alternde Bevölkerung machen das Thema auch hierzulande relevant. Zusätzlich stellt die multiresistente Tuberkulose (MDR-TB) eine wachsende Bedrohung dar.
Ein geschärftes Bewusstsein ist essenziell für eine frühzeitige Diagnose und Therapie. Verdächtig sind anhaltender produktiver Husten (> 3 Wochen), unklare subfebrile Temperaturen, Nachtschweiß und ungewollter Gewichtsverlust. Auch persistierende Lymphknotenschwellungen sind wichtige Indizien. Die Diagnose erfordert den bakteriologischen Nachweis von Mycobacterium tuberculosis. Bei Lungentuberkulose erfolgt dieser aus Sputum oder Bronchialsekret, bei extrapulmonalen Formen aus Urin, Liquor oder betroffenem Gewebe. Mikroskopie und PCR ermöglichen einen schnellen Nachweis. Eine exakte Differenzierung sowie phänotypische Resistenztestung benötigt jedoch eine Kulturanzüchtung, die mehrere Wochen dauert.
Tuberkulose wird über feine Aerosole verbreitet, die beim Husten, Niesen oder Sprechen entstehen. Tuberkulose ist weniger ansteckend als z.B. Masern, Windpocken oder COVID-19. Ein relevantes Infektionsrisiko besteht erst nach längerer Exposition mit infektiösen Patient:innen in geschlossenen Räumen. Zum Schutz sollen Patient:innen und Kontaktpersonen FFP2- oder FFP3-Masken tragen. Eine räumliche Isolierung infektiöser Patient:innen und die konsequente Nachverfolgung von Kontaktpersonen sind essenziell.
Ein Viertel der Weltbevölkerung trägt Mycobacterium tuberculosis in sich, ohne Symptome zu entwickeln (latente Tuberkuloseinfektion, LTBI). Diese Personen sind nicht ansteckend, haben aber ein lebenslanges Risiko für Reaktivierung und aktive Tuberkulose. Gefährdet sind Menschen mit geschwächtem Immunsystem, etwa durch HIV-Infektion, Biologika- oder Chemotherapie. Aber auch Menschen mit schweren Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, Personen aus Hochprävalenzländern sowie sozial benachteiligte Personen haben ein hohes Risiko.
Eine weitere wichtige Risikogruppe ist die alternde Bevölkerung, in der viele eine latente Infektion aus ihrer Kindheit oder Jugend in sich tragen. Das Risiko für eine Reaktivierung durch natürliche Immunseneszenz steigt ab dem 70. Lebensjahr signifikant an. Zudem begünstigen altersbedingte Faktoren wie Multimorbidität, Mangelernährung oder eingeschränkte Lungenfunktion das Risiko deutlich.
Ein Screening ist unter anderem für Kontaktpersonen infektiöser Patient:innen, immunsupprimierte Patient:innen und exponiertes Gesundheitspersonal sinnvoll. Der Nachweis einer latenten Tuberkulose-Infektion erfolgt über einen Interferon-Gamma Release Assay (z.B. Quantiferon-Test). Ein positives Ergebnis erfordert aber stets die weitere Abklärung zum Ausschluss einer aktiven Tuberkulose. Nicht alle Patient:innen mit latenter Tuberkulose-Infektion benötigen eine präventive Therapie. Entscheidend ist das individuelle Reaktivierungsrisiko. Bei gesunden Erwachsenen ohne Risikofaktoren wird häufig auf eine präventive Therapie verzichtet.
Die Standardtherapie der aktiven Tuberkulose basiert auf einer Kombination mehrerer Antibiotika über mindestens 6 Monate. Die klassische Vierfachtherapie besteht aus Rifampicin, Isoniazid, Pyrazinamid und Ethambutol. Bei multiresistenter Tuberkulose ist die Behandlung komplexer und dauert häufig 18–24 Monate. Hier kommen Medikamente wie Bedaquilin, Linezolid oder Delamanid zum Einsatz.
Praxismemo