Daten aus europäischen Ländern deuten auf eine auf die Wirtschaftsflaute zurückzuführende signifikante Zunahme der Suizide hin. Alleine in Großbritannien waren es 1.000 zusätzliche Todesfälle. Unter den am stärksten von der Rezession betroffenen Staaten, wie Griechenland, ist die Suizidrate seit 2007 um mehr als 60% gestiegen. Für die Vereinigten Staaten gab es bisher noch keine genaue Analyse dieser Art.
In einer Anfang November im britischen Fachjournal „The Lancet“ publizierten Studie von Aaron Reeves et al., Abteilung für Soziologie der Universität Cambridge, wurden nun die Daten zu den Suizidraten aus den USA zwischen 1999 und 2010 analysiert, die von den „Centers for Disease Control and Prevention“ stammen. Die Daten zu den Arbeitslosenraten kommen von der Behörde für Arbeitsstatistik. Da angenommen wird, dass die Dunkelziffer in den USA hoch ist, könnten die der Studie zugrunde liegenden Daten zu einer konservativen Einschätzung des Ausmaßes der Effekte auf die psychische Gesundheit geführt haben.
In den Jahren vor der Wirtschaftskrise (1999–2007) stieg die Mortalitätsrate durch Suizid durchschnittlich um jährlich 0,12% pro 100.000 Einwohner. Mit dem Beginn der Rezession beschleunigte sich die Suizidrate. Zwischen 2008 und 2010 gab es jährlich pro 100.000 Einwohner um 0,51% mehr Suizidtote. Das entspricht einem Plus von 1.580 Suiziden pro Jahr. Seit 2007 gab es also um 4.750 Sterbefälle mehr als in den früheren Jahren.
In der Studie wurde auch der Zusammenhang zwischen steigender Arbeitslosigkeit und Suizidrate untersucht. In Europa wurde schon zuvor festgestellt, dass ein Anstieg der Arbeitslosenrate um 1% mit einer 0,79%igen Zunahme der Suizide einhergeht. In den USA war die Steigerung mit einem Plus von 0,99% pro 1%iger Steigung der Arbeitslosigkeit sogar noch höher. Das Ausmaß ist etwas größer als bisher in den USA angenommen, was darauf hindeuten könnte, dass vorangegangene Studien Perioden mit hohen Arbeitslosenzahlen nicht untersuchten, oder dass diese Rezession stärkere Auswirkungen auf die psychische Gesundheit hat als bisherige Konjunkturabschwünge.
Da die Arbeitslosenrate in den USA zwischen 2007 und 2010 von 5,8 auf 9,6% angestiegen ist, wird angenommen, dass dies mit einer Zunahme von 3,8% der Selbstmorde in Verbindung steht, was zusätzlich 1.330 Toten entspräche. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit entspricht also einem Viertel der zusätzlichen Sterbefälle.
Die höchste Korrelation zwischen Arbeitslosenrate und Zahl der Suizide von 1999–2000 gab es innerhalb der Vereinigten Staaten in Texas. Keine Unterschiede konnten zwischen Norden, Westen, Süden oder Osten festgestellt werden. Auch der Vergleich zwischen demokratischen und republikanischen Staaten brachte keine statistisch relevante Differenz.