Es war ein Paukenschlag im Hinblick auf die Reform und Zusammenlegung der Sozialversicherungen: Übergangssozialminister Walter Pöltner hob bereits am ersten Tag seiner Amtszeit ein Veto seiner Vorgängerin Mag. Beate Hartinger-Klein (FPÖ) auf. Konkret ging es um den geplanten Transfer von 61 Millionen Euro aus dem Unterstützungsfonds in die allgemeine Rücklage der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (OÖ-GKK). Mit diesen 61 Millionen kann die OÖGKK die Rücklagen, über die sie künftig im Land verfügen kann, auf rund 310 Millionen Euro aufstocken. Das Sozialministerium hatte als Aufsichtsbehörde unter Hartinger-Klein dagegen ein Veto eingelegt.
Auch beim lange diskutierten Nichtraucherschutz gibt es Bewegung. Die Initiatoren des „Don’t Smoke“-Volksbegehrens – die Wiener Ärztekammer und die Krebshilfe – sehen nach den jüngsten politischen Entwicklungen eine neue Chance für den Nichtraucherschutz in Österreich und machen Druck, dass das Rauchverbot in der Gastronomie doch noch kommt. Die ÖVP blockte zuerst ab und wollte an Koalitionsbeschlüssen nicht rütteln, gab sich unter dem Druck auch aus den eigenen Reihen dann doch kompromissbereit. Immerhin hatte man zuerst in der Koalition mit der SPÖ das Rauchverbot in der Gastronomie beschlossen und dann auf Druck der FPÖ in der türkis-blauen Koalition wieder rückgängig gemacht. „Jeder Tag ohne Nichtraucherschutzgesetz ist eine Gefährdung der Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher“, hielten Ärztekammerpräsident Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres und Krebshilfe-Präsident Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda fest. Sie appellierten an sämtliche im Parlament vertretenen Parteien, das Thema Nichtraucherschutz noch vor der Neuwahl auf die Tagesordnung des Nationalrates zu setzen.
Szekeres macht sich auch dafür stark, die Finanzierung des Gesundheitswesens zu sichern. Wie berichtet wollten ÖVP und FPÖ im Zuge der Steuerreform ja die Sozialversicherungsbeiträge für Geringverdiener um 900 Millionen Euro senken. Das so den Krankenkassen entgehende Geld sollte aus Steuermitteln wieder zugeschossen werden. „Es darf in keinem Fall passieren, dass dem Gesundheitswesen Geld entzogen wird“, forderte der Ärztekammer-Präsident. „Wenn die Rede davon ist, dass die Krankenkassenbeiträge gesenkt oder gestrichen werden, so klingt das vielleicht gut. In Wahrheit aber entzieht man den Sozialversicherungen Geld und hungert sie sukzessive aus. Das treibt Menschen zu Wahlärzten und teuren, privaten Zusatzversicherungen, die sich nur die wenigsten leisten können.“
Gleichzeitig müssten auch die Bundesländer bei der Umsetzung der Sozialversicherungsreform stärker eingebunden werden, betont er. Etwa wenn es um die Besetzung von Kassenstellen gehe. Umgekehrt wünscht sich Szekeres aber eine Angleichung der Leistungskataloge. Nachsatz: Da müßten aber auch die Honorare für die Leistungen abgepasst werden. Insgesamt sei diese Reform sogar wichtiger als die Zusammenlegung der Krankenkassen. Ob und wann die Harmonisierung kommt, ist allerdings offen, weil ja auch der Verfassungsgerichtshof die zahlreichen Klagen gegen die Reform behandeln muss. Das dürfte noch im Herbst zu erwarten sein. Dann müssen sich Mehrheiten im Parlament finden, die die Reform reparieren. Passiert das nicht, droht Stillstand im Gesundheitswesen. Denn die neue aus den Länderkassen fusionierte Gesundheitskasse muss neue Ärzteverträge, Honorare, Leistungskataloge und vieles mehr festsetzen, damit mit ihrem Start am 1. 1. 2020 alles rund läuft.
Bewegung könnte indes in ein weiteres Reformprojekt kommen, das von vielen Ärzten gefordert wird: den Facharzt für Allgemeinmedizin. „Wir sind innerhalb der Ärztekammer auf dem Weg, die Schaffung eines Facharztes für Allgemeinmedizin zu befürworten. Eine Mehrheit ist hier dafür“, sagt Szekeres im Ärzte-Krone-Interview. Ähnlich argumentiert auch der oberösterreichische Ärztekammer-Präsident Dr. Peter Niedermoser. „Wir haben derzeit in Oberösterreich 158 angehende Ärzte in Ausbildung zum Allgemeinmediziner. Wir müssen alles tun, um sie zu motivieren, damit sie den Beruf auch ergreifen“, sagt Ärztekammer-Präsident Dr. Peter Niedermoser. Dazu müsse das Image der Allgemeinmedizin verbessert und ein positiver Stimmungswandel in die Ärzteschaft hineingebracht werden, gibt Niedermoser die Stoßrichtung vor. Das beginne bereits in der Ausbildung, wo es derzeit noch vorkomme, dass Fachärzte die Allgemeinmedizin schlecht reden. „Der Allgemeinmediziner ist aber nicht der Letzte in der Reihe der Hierarchie, sondern der Erste. Und zwar deshalb, weil er auch der Erste in der Versorgung des Patienten ist“, sagt Niedermoser, der deshalb ebenfalls den Wunsch junger Ärzte nach einer Aufwertung der Allgemeinmedizin durch die Schaffung eines Facharztes für Allgemeinmedizin unterstreicht. Nachsatz: „Das stand ja als Ziel schon im Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ.“