Substitutionsmöglichkeiten bei Eisenmangel

Weltweit waren im Jahr 2021 etwa 1,9 Milliarden Menschen von einer Anämie betroffen. Die Häufigkeitsverteilung der Erkrankung beträgt gemittelt über alle Altersgruppen etwa 31,2% für Frauen und 17,5 % für Männer, bei prämenopausalen Frauen nach der Menarche sind sogar bis zu 40 % betroffen. Ätiologisch können bei einer hypochromen mikrozytären Anämie einerseits ein echter oder funktioneller Eisenmangel bei der Eisenmangelanämie bzw. einer Entzündungsanämie vorliegen oder anderseits eine Hämoglobinopathie, allen voran eine Thalassämie. In Mittel- und Nordeuropa ist ein Eisenmangel die häufigste Ursache dafür und ist für etwa 80 % der Fälle verantwortlich.

Abklärung

Der erste Abklärungsschritt bei mikrozytärer Anämie ist die Bestimmung der Eisenparameter im Blut, nämlich Serum-Ferritin, Serum-Eisen, Transferrin und Transferrinsättigung. Niedrige Eisenkonzentrationen, verminderte Ferritinwerte und eine verminderte Transferrinsättigung bei erhöhtem Transferrin (= totale Eisenbindungskapazität) sprechen für das Vorliegen eines Eisenmangels. In den letzten Jahren wurden die Ferritingrenzwerte für die Diagnose eines Eisenmangels von verschiedenen Fachgesellschaften angepasst. Während die WHO einen Grenzwert von 12–15 ng/ml empfiehlt, hat die Amerikanische Gesellschaft für Gastroenterologie in der letzten Aktualisierung einen Grenzwert von 45ng/ml als untere Grenze des Normalbereiches festgelegt (Abb.).

Interpretation des Eisenstatus

Erhöhte Ferritinwerte können ein Hinweis für eine Eisenüberladung sein. Bei Patient:innen mit Thalassämie kommt es aufgrund der ineffektiven Erythropoese zu einer vermehrten Aufnahme von Eisen, weshalb bei diesen Erkrankungen eine Eisenüberladung auch ohne Transfusionen auftreten kann. Grundsätzlich schließt aber ein erhöhtes Ferritin allein einen Eisenmangel nicht aus, vor allem wenn begleitend entzündliche Erkrankungen bestehen. Die Bestimmung des löslichen Transferrinrezeptors (sTFR) ermöglicht die Diagnose eines Eisenmangels auch im Rahmen akuter oder chronischer Entzündungen.

Ursachen des Eisenmangels

Die Ursachen für einen Eisenmangel können eine mangelnde Zufuhr oder verminderte Aufnahme sein. Auch ein vermehrter Eisenumsatz während des Wachstums im Rahmen einer erhöhten Erythropoese, bei Blutverlust oder in der Schwangerschaft kann einen Eisenmangel verursachen. Obwohl Meno- oder Metrorrhagien ebenfalls zu einem Eisenmangel führen können, sollte auch bei prämenopausalen Frauen als erster Abklärungsschritt eine Gastroskopie und Koloskopie zur Abklärung eines okkulten gastrointestinalen Blutverlustes durchgeführt werden. Auch bei positivem Hämoccult®-Test oder Meläna sollte eine Gastroskopie und Koloskopie erfolgen. Bei 62 % der Patient:innen, die zur Abklärung einer Eisenmangelanämie eine Endoskopie des oberen und unteren Gastrointestinaltraktes erhielten, konnte eine ursächliche Läsion identifiziert werden.

Laut der US-amerikanischen Leitlinie sollte bei postmenopausalen Frauen und bei Männern grundsätzlich eine bidirektionale Endoskopie erfolgen, sofern keine andere Erklärung für den Eisenmangel vorliegt. Auch die deutsche S2k-Leitlinie gibt die Empfehlung ab, dass bei Eisenmangelanämie das Vorliegen einer gastrointestinalen Blutung ausgeschlossen werden sollte. Anamnestisch können auch eine vegane bzw. vegetarische Ernährung als Risikofaktor für einen Eisenmangel erfasst werden.

Therapie des Eisenmangels

Neben der Abklärung der Ursache sollte bei der Diagnose eines Eisenmangels auch eine Therapie begonnen werden. Bei milden Mangelzuständen ohne klinische Symptomatik ist eine Therapie mit oralem Eisen möglich. Die Effektivität der enteralen Eisenabsorption ist von der Azidität des Magens und der normalen Resorptionskapazität im Duodenum abhängig. Bei normaler Darmfunktion können maximal 20 mg Eisen pro Tag aufgenommen werden, weshalb die minimale Therapiedauer je nach Schweregrad des Eisenmangels zwischen 25 und 100 Tagen beträgt. Häufige Ursachen für eine verminderte Magensäureproduktion sind die atrophe Gastritis, eine Therapie mit Protonenpumpenhemmern oder eine Infektion mit Helicobacter pylori. Eine verminderte Absorption von Eisen im Duodenum kommt typischerweise bei einer Zöliakie vor. Diese Erkrankungen können entweder anamnestisch oder mittels serologischer Untersuchungen abgeklärt werden. Daher empfehlen Fachgesellschaften neben der Bestimmung der Antitransglutaminase-Antikörper der Subklasse IgA auch die Bestimmung der Antiparietalzell-Antikörper (APCA), die Helicobacter-pylori-Serologie sowie eine Medikamentenanamnese. Die Aufnahme von oralem Eisen ist bei chronisch entzündlichen (Darm-)Erkrankungen vermindert, weshalb Fachgesellschaften bei chronischen Entzündungen immer eine intravenöse Eisensubstitution vorschlagen. Auch aufgrund des gastrointestinalen Nebenwirkungsprofils sind orale Eisenpräparate bei Darmerkrankungen problematisch und führen häufig zum vorzeitigen Abbruch der Therapie. Spezielle Eisenformulierungen wie Eisen(III)-Maltol oder sucrosomales Eisen zeigen hier eine bessere Verträglichkeit.