Durch die dynamische Technologieentwicklung werden digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) vielfach mit diagnostischen und therapeutischen Funktionen angeboten. Eine Gruppe von DiGA mit diagnostischen Algorithmen stellen die sogenannten „Symptom-Checker“ dar. Im Gegensatz zu anderen diagnostischen Werkzeugen, welche für die Verwendung durch Gesundheitspersonal bestimmt sind, wenden sich Symptom-Checker direkt an (potenzielle) Patient:innen. Über eine Eingabemaske werden von einem Chatbot Alter, Geschlecht und bestehende Symptome abgefragt. Am Ende der Befragung werden den Nutzer:innen mögliche Diagnosevorschläge präsentiert und/oder Empfehlungen für ein entsprechendes Handeln gegeben. Die Handlungsempfehlungen reichen je nach Dringlichkeit von Selbstversorgung über ärztliche Behandlung innerhalb von 24 Stunden bis hin zur Empfehlung, umgehend eine Notfallambulanz aufzusuchen. Ein häufiger Vergleich dieser Diagnostik-Apps sind telefonische Gesundheitsberatungen, wie etwa die Gesundheitsnummer „1450“ in Österreich. Das speziell geschulte diplomierte Krankenpflegepersonal der telefonischen Gesundheitsnummer bietet den Anrufer:innen, basierend auf der geschilderten Symptomatik, eine Handlungsempfehlung und Einstufung der Dringlichkeit.
Nun hat das Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) eine systematische Analyse der Evidenz von Symptom-Checkern durchgeführt. In den eingeschlossenen Studien stimmte die Einschätzung der Symptom-Checker mit der gesuchten Diagnose in 14 bis 84 % überein. Die Übereinstimmung mit den Handlungsempfehlungen lag zwischen 33 bis 100 %. Diese Ergebnisse sind jedoch mit Vorsicht zu interpretieren: häufig wurden die Studien anhand fiktiver Fallvignetten in Rollenspielszenarien durchgeführt. Im Vergleich zur Einschätzung von Gesundheitspersonal sind Symptom-Checker in ihren Handlungsempfehlungen tendenziell übervorsichtig: so wird die Dringlichkeit der Symptomatik häufig höhergestuft. Die Frage, ob durch diese Handlungsempfehlungen tatsächlich eine Zu- oder Abnahme von Arztbesuchen erfolgt, konnte aufgrund inkonsistenter Ergebnisse bislang noch nicht geklärt werden.
Was die „Sicherheit“ der Symptom-Checker betrifft, wurden bisher keine möglichen Schäden bei Verwendung der Apps identifiziert. Es bestehen jedoch Bedenken in Bezug auf eine mögliche Fehl- oder Über-diagnostik. Dadurch könnten unnötige Folgeuntersuchungen verursacht werden. Außerdem dürften Listen an möglichen Diagnosen zumindest bei manchen Nutzer:innen zu Verunsicherungen führen. Aus Sicht der Patient:innen wird den Symptom-Checkern einerseits eine einfache Bedienbarkeit zugesprochen. Andererseits wird die Beschreibung der Symptomatik aufgrund der fehlenden verbalen Kommunikation als unzureichend bezeichnet.
Aufgrund der beschriebenen Studienlage sind weitere Studien unter realen Bedingungen wünschenswert. Außerdem gibt es weitere wesentliche Aspekte der DiGA, die zu berücksichtigen sind: neben dem Datenschutz und der Transparenz der verwendeten Algorithmen sind hier die Qualität und Aktualität der verwendeten medizinischen Information zu nennen. Im Falle der Symptom-Checker wurde festgestellt, dass die verwendeten Quellen nicht immer evidenz- und leitlinienbasiert sind. Weitere Überlegungen betreffen noch nicht gänzlich geklärte organisatorische Aspekte (digitale Gesundheitskompetenz, Konnektivität) sowie den möglichen Einfluss der Verwendung von Symptom-Checkern auf die Ärzt:innen-Patient:innen-Beziehung.