Therapie hui, Prävention pfui

Die Grunddaten sind gar nicht so schlecht, wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit für die EU-Staaten und sieben weitere Staaten in Sachen Österreich feststellt: Rang 8 bei der Lebenserwartung mit 81,1 Jahren. Top: Spanien (82,5 Jahre), EU-28-Durchschnitt: 79,2 Jahre (Deutschland: 81,0, Schweiz: 82,8).
Das hätten die Ökonomie-Sparmeister gern: Rumänien gibt nur 5,6% seines BIP für Gesundheit aus (letzter EU-Rang). Österreich liegt mit 11,1% nach den Niederlanden (11,8%), Frankreich (11,6%), Deutschland (11,3%) in der EU an vierter Stelle (Schweiz: 11,4%). Rund die Hälfte der OECD-Staaten hat die Gesundheitsausgaben in den vergangenen Jahren heruntergefahren. In Österreich wurde beim Ausgabenwachstum fast eine Stagnation erreicht.
Und für welchen Sektor gibt Österreich das meiste Geld aus? Erraten, für die Spitäler: Mit einem Anteil der Gesundheitsausgaben von 36% ist Österreich in der Spitzengruppe mit Griechenland (47%) und Frankreich (38%), Rumänien, Österreich und Polen sind gleichauf. EU-23: 31% (Deutschland: 29%, ebenso die Schweiz (Spanien: 26%). Mit 28% der Gesundheitsausgaben für den extramuralen Bereich ist den Patienten und niedergelassenen Ärzten in Österreich ein schlechter Dienst geleistet. In Schweden sind es 42%, in Portugal gar 45% (Schweiz: 34%).
Warum in Österreich 336 Diabetiker pro 100.000 Einwohner und Jahr wegen Diabetes ins Spital müssen, wissen nur die österreichischen Gesundheits- und Spitalspolitiker (Italien: 54, UK: 72, Ungarn an der Spitze vor Österreich: 405).

 

 

Spitalsausgaben springen wieder an

Und die Krankenhäuser fressen auch gleich wieder mehr Geld nach der Krise: Sanken die Ausgaben in der EU für die Spitäler 2009/2010 noch um 1,3%, stiegen sie 2011/2012 gleich wieder putzmunter um 1,5%. Im ambulanten Sektor waren es 2009/2010 noch plus 0,7%, 2011/2012 minus 0,3%.
Vieles sieht danach aus, als wäre Österreichs Gesundheitswesen „außen hui, innen pfui“ – Spitzenleistungen der Medizin, doch mangelnde Prävention und Vorsorge.
Deplorabel: der Impfstatus der Babys. Im Alter von einem Jahr sind in Belgien, Zypern, Tschechien, Finnland, Frankreich, Polen etc. 99% der Kinder gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis geimpft (EU-28: 96%). Österreich liegt in der EU an letzter Stelle mit 83% (Türkei: 97%). Das gleiche spielt sich bei den Masern ab (letzter EU-Platz: 76%, Durchschnitt: 94%, Spitze Länder wie Griechenland mit 99%). Und bei Hepatitis B (Babys im ersten Lebensjahr: 83%) liegt Österreich auch weit unter dem EU-21-Schnitt (94%).
Wenn in Österreich 6,2% der Menschen zwischen 20 und 79 Jahren (EU-28: 6,0%) an Diabetes leiden, spricht das nicht für eine perfekte Vorsorge. Beim täglichen Rauchen liegt die Alpenrepublik mit 23,2% über dem EU-28-Schnitt (22,8%) und weit von Schweden an der Spitze entfernt (13,1%, Dänemark und Finnland: 17%).
Während Österreich bei der Krebsmortalität mit überwiegend niedrigen Werten gut abschneidet, sind die Orthopäden und Unfallchirurgen offenbar Spitze: Pro 100.000 Einwohner werden in Österreich 272 künstliche Hüftgelenke eingesetzt (Rang 2 nach Deutschland mit 287; EU-27-Schnitt: 157). Beim künstlichen Kniegelenkersatz liegt Österreich mit 217/100.000 eindeutig an der Spitze (knapp vor Finnland und Deutschland). Der EU-24-Schnitt liegt bei 113/100.000 Einwohner.
Kein Wunder, dass die Spitalsaufnahmen in Österreich in den vergangenen Jahren (bis 2012) noch stiegen: Mit 272 Krankenhaus-entlassungen pro 100.000 Einwohner ist Österreich Rekordhalter (vor Bulgarien und Deutschland mit 267 und 251). In den EU-28 sind es 173, in den Niederlanden beispielsweise 118 und in Spanien 99 (vorletzte Stelle vor Zypern mit 80).