Thoraxschmerzen genau abklären

Die Perikarditis ist keine seltene Erkrankung; trotz guter Prognose entwickelt rund ein Drittel aller Patient:innen mit Perikarditis Rezidive mit erheblicher Morbidität. Zu den Risikofaktoren für Rezidive zählen u. a. junges Alter, weibliches Geschlecht, echokardiografische Anzeichen für Perikardkonstriktion, Thrombozytopenie, Tachykardie und Fieber.

Autoinflammatorische Pathogenese

Ätiologisch sind drei Perikarditisgruppen zu unterscheiden, nämlich die infektiöse Perikarditis, eine sterile Entzündung und die medikamenteninduzierte Perikarditis, wobei der Entzündungsprozess, eine Antwort des Immunsystems im Perikard, zunächst bei allen drei Formen vergleichbar ist. In der westlichen Welt ist die idiopathische Perikarditis, bei der keine spezifische Ätiologie zu finden ist, am häufigsten. Das „post cardiac injury syndrome“ tritt infolge von Myokardinfarkt, offenen oder perkutanen Herzeingriffen sowie nach Traumata auf und ist ebenfalls häufig. Zu den raren Ursachen zählen metabolische, rheumatologische und maligne Erkrankungen, wobei die Perikarditis in diesen Fällen selten die Primärmanifestation darstellt. Tuberkulose bleibt eine wichtige Differenzialdiagnose. Pathogenetisch ist die Freisetzung von Interleukin-1b (IL-1b) und IL-18 im Perikard zentral.

Labor und Bildgebung

Eine akute Perikarditis ist entsprechend den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC)* zu diagnostizieren, wenn mindestens zwei der vier folgenden Kriterien vorliegen: typische respirations- und positionsabhängige Brustschmerzen (in der Literatur bei bis zu 90 % der Patient:innen), typische EKG-Veränderungen (bei etwa 50%), Perikarderguss (bei etwa 50 %) und Perikardreiben (sehr variabel in der Literatur). Erhöhte Entzündungsparameter sind die Regel, gehen aber nicht in die Kriterien ein. Ein Erkrankungsbeginn ohne klassische Brustschmerzen bei jungen Patient:innen (bei denen z. B. Dyspnoe im Vordergrund stehen kann) trägt dazu bei, dass die Perikarditis insgesamt unterdiagnostiziert ist.

Bei Rezidiven sind die objektiven Befunde oft weniger ausgeprägt, und nur etwa die Hälfte aller Patient:innen erfüllt die diagnostischen Kriterien der ESC. Dementsprechend kommt der Bildgebung, insbesondere der Magnetresonanztomografie (MRT), sowie der Labordiagnostik eine entscheidende Rolle zu. Wichtig ist es, bei Rezidiven sekundäre Ursachen auszuschließen.

Interpretation der Laborparameter: Ein geringfügiger Troponinanstieg hat keine prognostische Relevanz, sollte aber eine MRT-Untersuchung des Herzens nach sich ziehen.

Die MRT kann Auskunft über die Ausdehnung der Perikarditis und damit über die Prognose, die Hämodynamik sowie eine mögliche Myokardbeteiligung geben. Auch haben MRT-gesteuerte Behandlungsschemata gute Erfolge gezeigt.

Eine Echokardiografie sollte bei jeder Episode durchgeführt werden. Perikardergüsse sind bei Rezidiven etwas seltener als bei der akuten Form, Anzeichen für eine Konstriktion finden sich hingegen etwas häufiger. Sie sind zu Beginn Ausdruck der entzündlichen Infiltration bzw. eines Ödems und daher durch antiinflammatorische Behandlung reversibel, sollten aber echokardiografisch nachverfolgt werden. Wenig Evidenz liegt zum Gebrauch der Computertomografie vor, sie sollte daher nicht zum Ausschluss einer Perikarditis genutzt werden.

Behandlung

Die akute unkomplizierte primäre Perikarditis wird wie das erste Rezidiv mit einer Kombination aus nichtsteroidalen antiinflammatorischen Medikamenten (NSAID) oder Acetylsalicylsäure (ASS) und Colchizin (senkt die Rezidivrate) behandelt. Physische Restriktion wird empfohlen, Beta-Blocker können bei der Symptomkontrolle helfen. Glukokortikoide (GC) sollten in diesem Zusammenhang nur bei Kontraindikationen für NSAID/ASS und Colchizin verwendet werden.

Ab dem zweiten Rezidiv können den ESC-Leitlinien zufolge GC versucht und über Monate ausgeschlichen werden. Viele Patient:innen entwickeln aber auch unter Prednisolon-Dosen ab 15 mg pro Tag erneut Rezidive. Es ist zu beachten, dass GC dosisabhängig mit einer erhöhten Rezidivrate assoziiert sind.

Beim dritten Rezidiv oder bei Anzeichen einer umfassenden Entzündung (MRT/Labor) sowie bei Rezidiv unter GC-Reduktion, subakutem Verlauf und Anzeichen für Konstriktion in der Echokardiografie sollte eine Behandlung mit immunmodulierenden Medikamenten erwogen werden; sie sollte durch damit erfahrene Ärzt:innen erfolgen.

Die direkte Hemmung des IL-1-Effektes hat sich der Pathogenese entsprechend als hocheffektiv erwiesen. Am häufigsten wird hierzu Anakinra (IL-1b- und IL-1a-Antagonist) verwendet. Beschwerdefreiheit und Normalisierung des CRP werden damit oft nach wenigen Tagen erreicht, woraufhin zunächst Prednisolon ausgeschlichen und danach NSAID/ASS und Colchizin beendet werden. Nach 3–6 Monaten kann Anakinra sehr langsam ausgeschlichen werden. Canakinumab, das seltener appliziert werden muss und weniger Hauterscheinungen provoziert, jedoch möglicherweise einen weniger kompletten Effekt aufweist (IL-1b-Antagonist), ist ebenfalls in Europa erhältlich.

Azathioprin und Immunglobuline sind mögliche Behandlungsalternativen, jedoch mit wenig Evidenz. Die IL-6-Hemmung kann bei inkomplettem Ansprechen auf IL-1-Antagonisten sowie bei erhöhten CRP- und IL-6-Werten versucht werden. Evidenz findet sich jedoch ausschließlich bei sekundären Perikarditiden bei rheumatologischen Grunderkrankungen.

Eine Perikardektomie sollte nur bei irreversibler Konstriktion nach Ausschluss einer persistierenden Entzündung (Labor, MR, ggf. PET) an spezialisierten Zentren erwogen werden.