Mit dem Einzug von neuen Tools wie gezielten Fragebögen, Biomarkern und Antikörpertherapien beginnt eine personalisierte COPD-Medizin, von der Millionen Patient:innen weltweit profitieren können. Laut WHO-Report rangiert die COPD über die letzten Jahrzehnte unter den Top 3 der Todesursachen weltweit, Statistik Austria bildet für Österreich relativ ähnliche Zahlen ab. Bedenkt man, dass die häufigste Todesursache für COPD-Patient:innen nicht das Atemversagen, sondern der Herzinfarkt, also die insgesamt mit Abstand häufigste Todesursache ist, wirkt die COPD und ihre Verbreitung mit rund 800.000 betroffenen Österreicher:innen noch dramatischer.
Der Zusammenhang zwischen COPD (± Exazerbation) und dem kardiovaskulären Risiko erscheint zuletzt immer vordergründiger, auch wenn die exakten Mechanismen teilweise unklar bleiben. Der COPD-GOLD-Report aktualisierte rezent die Empfehlungen zu dieser herausfordernden Patientengruppe, die das größte Risiko trägt: die GOLD-Gruppe E, die ugs. sogenannten „Vielexazerbierer:innen“ – definiert als ≥ 2 ambulante bzw. ≥ 1 stationäre Exazerbationen jährlich. Das Mortalitäts- sowie das MACE-(„Major adverse cardiovascular events“-)Risiko ist in dieser Gruppe um ein Vielfaches höher als bei den „Nicht-exazerbierer:innen“. Folglich ergab sich hier als Reaktion auf mehrere großangelegte Studien die Empfehlung zur inhalativen Triple-Therapie (mit Monoinhalator) bei Vielexazerbierer:innen mit mindestens 100 Eosinophilen/µl.
Sehr spannend bleibt auch die Entwicklung bei den Antikörpertherapien: Dupilumab erhielt als erste zielgerichtete Therapie bei COPD eine EMA-Zulassung. Untersucht wurde Dupilumab als Add-on-Therapie bei „Vielexazerbierer:innen“ mit > 300 Eosinophilen/µl. Im Bereich Targeted Therapy bzw. Biologika bei COPD laufen derzeit (endlich wieder) mehrere Studien, von denen wir uns interessante Ergebnisse erhoffen.
Noch herausfordernder bleibt es bei GOLD-Gruppe B, also den hoch symptomatischen Patient:innen, die nicht exazerbieren – hier sind die therapeutischen Optionen weiterhin limitiert. Auch hier hat der GOLD-Report nachgeschärft: von LABA (langwirksame Beta-2-Agonisten) oder LAMA (langwirksame Muskarinantagonisten) ist man zu LAMA+LABA-Fixkombinationen übergegangen. Dieser Pragmatismus hat in der niedergelassenen Lungenheilkunde in Österreich bereits längerfristig Platz gefunden, wie die STEP-Studie zeigen konnte: Monotherapien werden kaum noch verordnet und stellen bei Therapieanpassungen nur selten eine Option dar.
Was weiter auffiel, ist der leider weit verbreitete Überpragmatismus beim großzügigen Einsatz von Triple-Therapien „upfront“. Symptome und Exazerbationen werden zwar abgefragt, standardisierte Erfassungen wie zum Beispiel der MEP-Fragebogen werden aber kaum verwendet. Auch die Bestimmung der Serum-Eosinophilen bei COPD-Diagnosestellung und Verlaufskontrolle spielt leider in der ambulanten Medizin eine sehr untergeordnete Rolle. Letzteres bleibt auch eine Kostenfrage bzw. wird durch die Abrechnungen erschwert. So wird oft übersehen, dass es bei einer Hinzunahme einer ICS-Therapie auch relevante Nebenwirkungen und Kontraindikationen geben kann (Abb.).
Werden die Patient:innen richtig selektioniert, ist die inhalative Triple-Therapie aber die derzeit einzige mortalitätsreduzierende pharmakologische Maßnahme. Hier scheinen auch die Langzeitdaten sehr vielversprechend.
Im fortgeschrittenen Stadium der COPD mit chronisch hyperkapnischer respiratorischer Insuffizienz liegt ebenfalls ein besonders hohes Mortalitätsrisiko vor. Unter Berücksichtigung von Basenüberschuss, Ernährungsstatus und Lungenüberblähung sowie anhand von vorangegangen hyperkapnischen Dekompensationen und prolongierter Beatmungsentwöhnung kann das individuelle Risiko evaluiert werden. Nach entsprechender Evaluierung ist die nichtinvasive Beatmungstherapie mit einem z. B. BiPAP-Gerät für daheim eine sehr interessante Möglichkeit. Die NIV- bzw. BiPAP-Verordnung für daheim hat zwar im letzten Jahrzehnt zugenommen, sie bleibt aber weiterhin unter ihren Möglichkeiten; nicht zuletzt aufgrund der limitierten und meist überlasteten Respiratory Care Units und pneumologischen Schlaflabore in Österreich.
Für die progressiv verlaufenden COPD-Erkrankungen bei internistisch nicht schwer vorerkrankten Patient:innen bleibt als Therapieoption weiters die Lungentransplantation. Hier haben wir in Österreich das Glück, mit dem AKH Wien ein europäisches Spitzenzentrum vorweisen zu können, mit dessen Kooperation sich herausragende Ergebnisse bzw. Kasuistiken erzielen lassen. Ein Schlüsselfaktor liegt in der rechtzeitigen Vorstellung der Patient:innen in einer Transplantambulanz; Voraussetzung dafür ist eine gründliche Evaluierung und Vorselektion von geeigneten Patient:innen.