INITIATIVE STOP SCHMERZ! Ungleicher Zugang zu Opioid-Schmerzmitteln

„Regierungen in vielen Teilen der Welt verurteilen Hunderte Millionen Schmerzpatienten zu Schmerzen, weil sie ihnen keinen ausreichend Zugang zu wirksamen Schmerzmedikamenten ermöglichen“, kommentiert Univ.-Prof. Dr. Günther Bernatzky, Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG), aktuelle Studienergebnisse zu diesem Thema. Eine Untersuchung, die von der European Association of Palliative Care, der European Society for Medical Oncology und einer Reihe anderer Organisationen beauftragt und durchgeführt wurde, wertete Expertenberichte aus 76 Ländern und 19 indischen Bundesstaaten aus, die 83% der 5,7 Milliarden Menschen repräsentieren, die in Afrika, Asien, dem Mittleren Osten, Latein- und Zentralamerika sowie in der Karibik leben. Dabei zeigte sich, dass in nur sehr wenigen dieser Länder alle sieben Typen von Opioid-Schmerzmedikamenten verfügbar sind, die von der International Association of Hospiz and Palliative Care als unabdingbar für die Reduktion von Krebsschmerz angesehen werden. Dazu zählen Codein, schnell wirksame sowie retardiert orale Morphine, orales Oxycontin und transdermales Fentanyl.

 

Einschränkungen behindern Zugang

In vielen Ländern sind weniger als drei dieser sieben Medikationen zugänglich. Die Schmerzmedikamente werden von den Regierungen entweder nicht oder kaum bezahlt, und die Zugänglichkeit ist häufig stark eingeschränkt. Es gelten restriktive Regelungen, die das Recht von Krebspatienten auf die Verschreibung solcher Medikamente einschränken, die Rechte der Verschreiber limitieren, die Dauer der Verschreibungen einschränken, das Recht auf die Abgabe solcher Medikamente einschränken, und starke bürokratische Hindernisse für den Verschreibungs- und Vertriebsprozess darstellten, heißt es in der Studie. „In vielen, wenn nicht den meisten der analysierten Länder werden offenbar Schmerzpatienten durch regulatorische Hürden in vielfacher Art und Weise behindert“, so Bernatzky. „Das Ergebnis ist, dass Hunderte Millionen Schmerzpatienten keinen Zugang zu wesentlichen schmerzlindernden Medikamenten haben. Der zwischen den Ländern in den verschiedenen Teilen der Welt bestehende ungleiche Zugang zu Opioid-Schmerzmedikamenten hat gravierende Auswirkungen auf die Schmerzbehandlung, das Wohlbefinden, die Lebensqualität und die Prognose von Schmerzpatienten“, so Bernatzky.
„Die Aufrechterhaltung dieser Situation ist medizinisch und ethisch nicht vertretbar. Die internationalen Gesundheitsbehörden, aber auch die EU-Kommission ist deshalb aufzurufen, mit geeigneten Maßnahmen für einen gleichen Zugang zu wirksamen Schmerzmedikamenten zu sorgen. Schmerzpatienten haben ein Recht auf die Verfügbarkeit und die zügige Zulassung von Schmerzmitteln, und sie haben einen Anspruch darauf, dass diese Medikamente für sie leistbar sind. Es ist besonders zu begrüßen, dass die Europäische Schmerzgesellschaft EFIC unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Hans-Georg-Kress, AKH Wien, im Rahmen ihrer Aktivitäten gerade die politische Umsetzung der medizinisch erwiesenen Notwendigkeit der Erleichterung der Opioid-Verwendung realisiert,“ so Bernatzky.

 

Österreich bei Einsatz von Opioid-Schmerzmitteln führend

Der ungleiche Zugang zu wirksamen Opioid-Schmerzmedikamenten ist aber nicht nur ein weit verbreitetes Phänomen in den von der aktuellen Studie untersuchten Ländern, er kennzeichnet auch die Realität in Europa. Bernatzky: „In einer internationalen Vergleichsuntersuchung von 21 ost- und 20 westeuropäischen Ländern zeigten sich schockierende Unterschiede, in einer größeren Gruppe osteuropäischer Länder sind demnach Opioid-Schmerzmittel fast oder gar nicht in Verwendung.“
Der durchschnittliche Morphin-Gebrauch pro Kopf und Jahr lag in Europa bei 12,6 mg. Mit deutlichem Abstand führend war in dieser Untersuchung Österreich mit über 150 mg, gefolgt von Dänemark mit knapp 60 mg und Frankreich mit etwas über 40 mg.
„Solche Ergebnisse zeigen, dass die Bemühungen, Opioid-Schmerzmittel zu enttabuisieren und möglichst vielen Schmerzpatienten, die davon profitieren können, zugänglich zu machen, im Laufe der Jahre Früchte getragen haben. Die ÖSG hat sich in diesem Bereich sehr stark engagiert und echte Pionierarbeit geleistet“, so Bernatzky. „Der erfolgreiche Weg der Versorgung all jener mit hochwirksamen Opioid-Schmerzmitteln, die davon profitieren können, muss konsequent weitergegangen werden. Hier sind wir wohl trotz aller bisherigen Erfolge noch nicht am Ziel.“